Kompliment für den letzten Dino im 50. Bundesliga-Jahr. Aber spielerische Überflieger sucht der Fan derzeit vergebens

50 Jahre Bundesliga, 50 Jahre HSV in der Bundesliga. Der Hamburger Sport-Verein ist der letzte Dino der deutschen Elite-Liga. Eine großartige Geschichte, eine tolle und einmalige Leistung. Kompliment, HSV!

Höhen und Tiefen haben die drei größten Hamburger Buchstaben in diese Jahren durchlebt, und viele große Namen haben das Trikot mit der einzigartigen Raute auf der Brust getragen. Wer waren die größten Hamburger Fußballer seit 1963? Uwe Seeler ist der Größte, keine Frage. Und dann? Kevin Keegan ganz sicher. Manfred Kaltz, Willi Schulz, Horst Hrubesch, Gert "Charly" Dörfel, Ditmar Jakobs, Felix Magath, Horst Schnoor, Uli Stein und Thomas Doll sind wohl die Stars des alten Jahrtausends. Und seit dem Jahr 2000? Da fallen mir nur Rafael van der Vaart, Sergej Barbarez und David Jarolim ein. Dann hört es aber auch schon auf. Einen richtigen "Überflieger", den sucht der geneigte HSV-Fan in der jüngeren Geschichte des Vereins vergeblich. Purer Zufall?

Fest steht: Der HSV hat um die Jahrtausendwende tatsächlich die Kurve bekommen und bessere, namhaftere und auch viel teurere Profis eingekauft. Klangvolle Namen wie Daniel van Buyten, Khalid Boulahrouz, Tomas Ujfalusi, Bernardo Romeo, Emile Mpenza, Naohiro Takahara, Timothée Atouba, Nigel de Jong, Joris Mathijsen, Jerome Boateng, Marcell Jansen, Mladen Petric, Vincent Kompany, Juan Pablo Sorín, Ze Roberto, Frank Rost, Ivica Olic und nicht zuletzt Rafael van der Vaart waren dabei. Nur: Wo sind sie geblieben?

Viele dieser Spieler haben sich in Hamburg wieder "aufpäppeln" lassen, betrachteten die Hansestadt und ihren HSV nur als Durchgangsstation - und zwar schon bei der Vertragsunterschrift. Nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, das ist schon lange kein Ansinnen des heutigen Fußball-Profis mehr. Was nicht nur auf den HSV zutrifft, aber eben auch.

In den Tagen vor der 50. Bundesliga-Saison habe ich mit vielen besorgten Hamburgern gesprochen, auch mit etlichen verdienstvollen HSV-Mitgliedern, die einst an der Spitze des Klubs standen oder die den sportlichen Ruhm des Vereins mitbegründeten. Sie alle sorgen sich nicht nur über diese Entwicklung, sondern sie beobachten auch mit Skepsis, dass der HSV in den vergangenen Jahren stetig "abgespeckt" und stark an fußballerischer Substanz eingebüßt hat. Die ganz großen Namen des europäischen Fußballs sind aus Hamburg verschwunden - oder sie machen einen großen Bogen um Elbe und Volkspark. Weil der HSV sparen muss, und weil Ebbe in der Vereinskasse herrscht.

"Ich denke voller Wehmut noch an den Sommer 2011 zurück, an den damaligen Kader des HSV", hat mir nun der ehemalige Aufsichtsrats-Vorsitzende Udo Bandow anvertraut. Auch er sorgt sich. Zu Bandows Zeiten wurden gute HSV-Mannschaften systematisch zusammengestellt, er hat mit dafür gesorgt, dass Könner wie Rost, Guy Demel, Mathijsen, Eljero Elia, Collin Benjamin, Heiko Westermann, Dennis Aogo, Piotr Trochowski, Petric, Ze Roberto, Jarolim, Jansen, Paolo Guerrero und Ruud van Nistelrooy nicht nur den Weg zum HSV fanden, sondern auch noch bis Mitte 2011 beim HSV unter Vertrag standen.

Fast alle aber sind heute, ein Jahr später, nicht mehr da. Udo Bandow, eine der Wirtschaftsgrößen dieser Stadt, hat zwar durchaus Verständnis dafür, dass sich der Klub von einigen Spielern aus Altersgründen und aufgrund finanzieller Engpässe hatte trennen müssen, aber warum gleich so viele? "Van Nistelrooy, Ze Roberto, Elia und Benjamin hätten genügt", sagt Udo Bandow - und ich stimme ihm zu. Ohne diese vier Spieler wäre für die übrig gebliebene HSV-Truppe, davon sind wir überzeugt, heute auch ohne Verstärkungen der Kampf um den Klassenerhalt kein Thema gewesen.

Aber nun muss der seit einem Jahr "runderneuerte" HSV erneut bangen. Es sei denn, der Bundesliga-Dino nutzt die Zeit bis zum Schluss der Transferperiode am 31. August, um doch noch eine Verstärkung an Land zu ziehen. Und wenn dazu noch Mäzen Klaus-Michael Kühne seinen Plan, Rafael van der Vaart nach Hamburg zurückzuholen, umsetzen könnte, dann hätte der angeschlagene HSV vor seiner Jubiläumssaison gleich wieder eine viel bessere Perspektive. Nur ein Traum?

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab