Sportchef Frank Arnesen und Trainer Thorsten Fink sind sich nicht immer einig. Na und? Die Entscheidungen treffen sie trotzdem immer gemeinsam.

Hamburg. Gerade erst in der vergangenen Woche wieder standen Thorsten Fink und Frank Arnesen beim HSV-Training nebeneinander. Seite an Seite. Beide hatten die Arme auf dem Rücken verschränkt, schauten konzentriert auf das Treiben vor ihnen. Ab und an sagte Arnesen ein paar Worte, Fink antwortete, dann machte der Trainer eine Bemerkung, und der Sportchef nickte mit dem Kopf. Wirklich viel schien es nicht zu erzählen zu geben, aber das ist natürlich falsch. Die beiden Männer, die da Seite an Seite das Training verfolgten, waren ganz einfach konzentriert, fokussiert - und ganz vielleicht, aber das ist nur eine unbestätigte Vermutung, auch etwas konsterniert.

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Seit ziemlich genau zehn Monaten arbeiten Arnesen und Fink zusammen am "Projekt HSV". Der gebürtige Dortmunder mit den strohblonden Haaren war der absolute Wunschkandidat für die Nachfolge des geschassten Michael Oenning, das betont und betonte Arnesen immer wieder. Im Notfall, so beteuerte der Däne im Oktober, hätte er sich auch bis zur Winterpause als Interimstrainer auf die Bank gesetzt, um eine Verpflichtung Finks nicht zu gefährden.

Bekanntlich kam es anders. Nach einigen Tagen des Pokerns waren sich Arnesen, Fink, der HSV und auch der FC Basel einig. Eine Millionen Euro war Arnesen die Geldanlage aus der Schweiz wert. Eine Geldanlage mit großem Potenzial. "Thorsten Fink ist ein Trainer mit Hunger, er ist ein Gewinner mit einer klaren Philosophie vom Fußball, die auch meine ist", lobte der Sportchef seine Entdeckung fast überschwänglich. Das Warten, so die Botschaft des Skandinaviers, habe sich gelohnt.

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Zehn Monate später ist von der damaligen Euphorie nur wenig übrig. Gewartet wird immer noch. Auf Erfolg, auf attraktiven Fußball und vor allem auf eine echte Perspektive. Tatsächlich hat Fink auf den letzten Drücker den von vielen bereits befürchteten Abstieg in die Zweite Liga verhindern können, allerdings zum Preis der schlechtesten Saison der HSV-Geschichte.

Vor dem Start in die neue Spielzeit, die 50. seit der Gründung der Bundesliga, ist die Stimmung in Hamburg entsprechend gedämpft. Anders als in den Jahren zuvor träumt niemand mehr von europäischen Zielen, viel mehr beherrscht die Anhänger die Angst vor dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte. Arnesen weiß das, Fink weiß das, aber ernsthaft beschäftigen wollen sich die beiden damit nicht. "Mir ist die Stimmung hier in Hamburg viel zu negativ", hatte Fink erst kürzlich wieder lautstark angemahnt.

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Und wirklich sind die beiden HSV-Macher wild entschlossen, dem vorherrschenden Pessimismus entgegenzutreten. Fink hat entgegen der allgemeinen Skepsis eine mutige Zielsetzung zwischen Platz sechs und zehn ausgegeben, an der er sich jetzt messen lassen muss. Dabei muss man dem einstigen Erfolgscoach aus Basel hoch anrechnen, dass er nie nach Ausreden sucht, und dem Erfolg zuliebe oft auch gute Miene zum bösen Spiel macht.

Denn obwohl Fink öffentlich immer wieder betont, bestens mit Arnesen zusammenzuarbeiten, wurde das Verhältnis der beiden in den vergangenen Wochen ein ums andere Mal auf die Probe gestellt. So waren sich Sportchef und leitender Angestellter nicht immer einig über mögliche Transfers, Strategie und Ausrichtung. "Wir sind nicht immer einer Meinung, aber wir entscheiden die Dinge gemeinsam", sagte Fink.

Viel mehr als der Trainer steht vor dem Saisonstart beim HSV aber der Sportchef unter Beobachtung. So wird dem früheren Chelsea-Manager bereits vor dem Ende der Wechselfrist am 31. August eine zögerliche und auch falsche Transferpolitik nachgesagt. Noch immer sucht der HSV nach dem dringend benötigten Mittelfeldregisseur. Doch Arnesen, der zunehmend reservierter wirkt, lässt die Kritik an sich abprallen. Er sei von seinem Weg überzeugt, und dabei scheint er nicht der einzige zu sein. So gab es zuletzt mit Anschi Machatschkala und Manchester City sogar zwei vermögende Klubs, die durchaus Interesse an seinen Diensten zeigten. Das ehre ihn, beschäftige ihn aber nicht, sagte Arnesen, der nur an die gemeinsamen Ziele mit dem HSV denkt.

Die Zeit des Wartens ist vorbei.