Ein erbärmlicher HSV verliert mit 2:4 beim Drittligisten Karlsruher SC. Nach dem frühen Pokal-Aus fehlen dem Verein mehrere Hunderttausend Euro.

Karlsruhe. Nach 93 Minuten und sechs Sekunden war es am Sonntagnachmittag amtlich: Eine Woche vor dem Start der 50. Bundesligaspielzeit darf der HSV bereits als einer der größten Verlierer der Saison bezeichnet werden. Soeben hatten die Hamburger 2:4 gegen den Karlsruher SC verloren, sind somit in der ersten Runde des DFB-Pokals ausgeschieden und müssen nun mehr denn je vor dem Saisonstart am Sonnabend gegen den 1. FC Nürnberg bangen. "Mir fällt nichts mehr ein. Es ist enttäuschend und eines HSV nicht würdig", gab Heiko Westermann zu, Stürmer Marcus Berg machte sich gar Sorgen um die unmittelbare Zukunft: "Du kannst nicht vier Tore gegen einen Drittligisten kassieren, denn sonst verlierst du jedes Spiel."

Dabei war die Hamburger Welt im Karlsruher Wildparkstadion rund zwei Stunden zuvor noch ziemlich in Ordnung gewesen. Es war 13.56 Uhr, als die rund 2500 HSV-Fans sogar in frenetische Jubelstürme ausbrachen. Dies hatten sie allerdings weniger ihren "Helden" als viel mehr den aufmerksamen Mitarbeitern der freiwilligen Feuerwehr zu verdanken, die mit einer Wasserfontäne über den Fanblock für ein wenig Abkühlung am mit 36 Grad heißesten Tag des Jahres sorgten. Es war lange Zeit die ansehnlichste Szene im mit 16.138 Zuschauern längst nicht ausverkauften Wildparkstadion.

Fußballerisch tat sich zunächst wenig bis gar nichts. Die 22 Spieler, zu denen natürlich auch der künftige Hamburger Hakan Calhanoglu gehörte, hatten mehr mit der Hitze zu tun als mit dem Kreieren von Torchancen. Erst als Marcus Berg einen verunglückten Pass mit der Fußspitze auf Marcell Jansen verlängern konnte und dessen Hereingabe mit links nicht richtig traf, war es passiert - der HSV führte zu diesem Zeitpunkt völlig überraschend 1:0 (24.).

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Sehr zur Freude von Thorsten Fink. Der HSV-Coach, der die zuletzt stabile Abwehr als positive Erkenntnis der Vorbereitung herausgestellt hatte, fand an diesem Nachmittag ansonsten wenig Grund zur Freude. Denn seine Mannschaft wackelte defensiv. Insbesondere die rechte Seite, die Fink mit Lam für den Asthma-geschwächten Dennis Diekmeier besetzt hatte, avancierte zur Schwachstelle. Der Karlsruher Danny Blum umkurvte den indisponierten HSV-Youngster ein ums andere Mal. Seine Flanke war es auch, die das 1:1 durch Koen van der Biezen (31.) einleitete. Der verdiente Ausgleich, der sich kurz vor der Halbzeitpause sogar als für den HSV glücklich herausstellte, als Selcuk Alibaz im Strafraum von Maximilian Beister von den Beinen geholt wurde. Elfmeter! Dachten alle. Bis auf Schiedsrichter Bastian Dankert, der weiterspielen ließ. Anstatt verwarnt zu werden, nutzte Beister wenig später einen Lam-Pass zum 2:1 für den HSV. Die mehr als glückliche Pausenführung.

Fink: "Wir werden jetzt Feuer bekommen" +++

Doch an diesem Nachmittag, den der eine oder andere Karlsruher später sogar als "historisch" bezeichnen sollte, war das Hamburger Glück nach 45 Minuten aufgebraucht. Denn was im zweiten Durchgang folgte, war in Art und Weise das Traurigste, was den leidgeprüften HSV-Fans seit langer Zeit zugemutet wurde.

Zunächst zirkelte Alibaz einen Freistoß über die Mauer zum 2:2 ins Tor (58.). Anschließend staubte Martin Stoll einen Calhanoglu-Freistoß, bei dem HSV-Torhüter René Adler schlecht aussah, zum 3:2 ab (78.), ehe der eingewechselte Elia Soriano die halbe HSV-Abwehr umkurvte und zum verdienten 4:2-Endstand vollendete (86.).

Die Analyse bei Matz ab:

"Ein 2:3 in Karlsruhe ist nicht gut. Wenn man 2:3 verliert, ist man nicht die bessere Mannschaft gewesen", kommentierte Per Skjelbred das 2:4, das ein Loch von rund 750 000 Euro in die ohnehin nicht gefüllten HSV-Kassen reißt. Zur Erinnerung: Vor der Niederlage beim Drittligisten hatten die Hamburger bis zur dritten Runde des DFB-Pokals kalkuliert.

+++ Selbst bei der Dopingprobe wollte es bei Aogo einfach nicht laufen +++

Sechs Tage vor dem Bundesligastart kann die Konsequenz des Betriebsausflugs nach Karlsruhe trotz der fehlenden Pokaleinnahmen nur lauten, dass nun schneller denn je der geforderte Mittelfeldregisseur verpflichtet werden muss. "Nichts ist so teuer wie der Abstieg", hatte HSV-Urgestein Uwe Seeler bereits vor Tagen treffend erkannt. Zumindest etwas Gutes konnte man der 2:4-Niederlage am Ende des Tages dann doch noch abgewinnen: Der HSV, da wird niemand widersprechen, kann sich von nun an voll und ganz auf die Meisterschaft konzentrieren.

Statistik:

KSC: Orlishausen - Klingmann, Stoll, Gordon, Kempe - Calhanoglu (83. Krebs), Haar - Alibaz, Hennings (71. Varnhagen), Blum - van der Biezen (56. Soriano). HSV: Adler - Lam, Bruma, Mancienne, Aogo - Westermann, Skjelbred (85. Arslan) - Beister (75. Rudnevs), Son (85. Ilicevic), Jansen - Berg. Tore: 0:1 Berg (24.), 1:1 van der Biezen (31.), 1:2 Beister (45.+1), 2:2 Alibaz (58.), 3:2 Stoll (78.), 4:2 Soriano (86.). Gelb: Calhanoglu / Bruma. SR: Dankert (Rostock). Z.: 16 138.