Der Wechsel von Paolo Guerrero zu Corinthians São Paulo bringt dem HSV fünf Millionen Euro Ablöse und erspart ihm acht Millionen Euro Gehalt

Finkenberg. Schon vor Tagen hatte Sportchef Frank Arnesen angekündigt, dass Bewegung in den Transfermarkt komme. Am Mittwochmorgen lüftete der Sportchef des HSV dann das Geheimnis, als er verkündete, dass Paolo Guerrero auf dem Weg nach Brasilien sei und sein Wechsel zu Corinthians São Paulo bevorstehe. "Beide Klubs haben sich auf den Wechsel geeinigt", sagte Arnesen. Nur noch ein negativer Befund beim heutigen Medizincheck könnte noch verhindern, dass der Stürmer einen Dreijahresvertrag beim brasilianischen Meister von 2011, der sich in diesem Jahr auch den Südamerika-Pokal Copa Libertadores sicherte, unterschreibt. Mit seiner neuen Mannschaft darf Guerrero im Januar 2013 an der Klubweltmeisterschaft in Japan teilnehmen. "Für Paolo ist es eine große Sache, bei diesem Verein zu spielen", sagte Arnesen.

Der HSV kassiert als Ablöse fünf Millionen Euro - allerdings nur "brutto". Schließlich ist Investor Klaus-Michael Kühne mit einem Drittel an den Transfererlösen beteiligt. Ob Kühne aufgrund der eher bescheidenen Liquiditätslage auf die Auszahlung seines Anteils in Höhe von 1,67 Millionen Euro verzichtet und einem neuen Vertrag zustimmen wird, ist eine der offenen und zugleich spannenden Fragen nach dem Guerrero-Deal. Die Bereitschaft, dem finanziell schmalbrüstigen HSV auch künftig zu helfen, hatte der Investor allerdings erst kürzlich öffentlich gemacht, insofern dürften die Chancen gut stehen.

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Fest steht allerdings, dass sich die Verantwortlichen gehörigen Gehaltsspielraum verschaffen. Schließlich belastete der peruanische Nationalstürmer das Budget der Hamburger mit vier Millionen Euro pro Saison. Da Guerrero noch bis Juni 2014 in Hamburg unter Vertrag stand, spart der Verein somit immerhin acht Millionen Euro. Mit dem Abgang des 28-Jährigen verlässt nach Mladen Petric und David Jarolim ein weiterer erfahrener Spieler den HSV, der zuvor schon einen der jüngsten Kader aller Bundesliga-Vereine beschäftigte.

Doch das Geld war offensichtlich nicht der Hauptgrund, warum man Guerrero abgibt, das lässt sich zwischen den Zeilen von Thorsten Finks Kommentar heraushören: "Paolo passt mit seinem südamerikanischen Temperament gut nach Brasilien", sagte der HSV-Trainer.

Die sportliche Führung traute dem Angreifer ganz offensichtlich keine skandalfreie Zukunft zu. Während seiner sechsjährigen Zeit sorgte der privat eher zurückhaltende und schüchterne Peruaner immer wieder für negative Schlagzeilen. Zum Beispiel seine Flugangstaffäre im Januar 2010, der Trinkflaschenwurf im April 2010 nach dem 0:0 gegen Hannover oder das brutale Frustfoul gegen Stuttgarts Torwart Sven Ulreich, das ihm vergangene Saison acht Spiele Sperre einbrachte, gerade in einer Phase, in der es für den HSV um die Existenz ging.

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Wie der HSV die plötzlich freiwerdenden Mittel nutzen wird, ist offen. An einen weiteren Stürmer, um den Abgang von Guerrero und Mladen Petric zu kompensieren, denkt Thorsten Fink vorerst nicht. "Wir sind vorne gut besetzt, mit Artjoms Rudnevs haben wir einen guten Mann dazubekommen, Marcus Berg hat am Ende der vergangenen Saison gezeigt, was er kann. Und ich bin sicher, dass sich auch Heung Min Son noch weiterentwickelt." Zuletzt hatte Fink den Südkoreaner allerdings eher auf der Außenbahn gesehen.

Noch immer hat die Suche nach Verstärkungen im Mittelfeld absolute Priorität. Nach den jüngsten Gerüchten vom Transfermarkt soll der HSV verstärktes Interesse am früheren Wolfsburger Zvjezdan Misimovic, 30, haben. Der Bosnier steht inzwischen bei Dynamo Moskau unter Vertrag. Die Russen wiederum haben angeblich ein Auge auf HSV-Verteidiger Slobodan Rajkovic geworfen, fordern aber bei einem Tauschgeschäft noch einen Millionenaufschlag. Außerdem gibt es Meldungen, wonach Gökhan Töre bei Rubin Kasan im Fokus steht. Gesichert ist, dass der Deutsch-Türke trotz aller gegenteiligen Aussagen durchaus zum Verkauf steht.

Selbstverständlich wurde auch das Thema Rafael van der Vaart mit dem Abgang Guerreros neu befeuert. "Natürlich passt er in das Anforderungsprofil, jeder würde sich freuen, wenn er käme, auch der Trainer", hatte Fink gesagt, bevor der Transfer des Peruaners vermeldet wurde."Aber es bringt nichts, sich über Spieler zu unterhalten, wenn das Geld nicht da ist. Es geht nicht um Kleingeld, sondern eine Menge Geld." Und: "Der Spieler muss ja auch wollen, der Verein muss ihn abgeben wollen." Außerdem sind auch beim HSV die internen Diskussionen über den Niederländer noch nicht abgeschlossen.

Dank der Guerrero-Millionen hat der HSV nun etwas mehr Möglichkeiten, obwohl die eingenommene Summe für einen spektakulären Wechsel längst nicht reicht. Van der Vaart etwa trägt bei Tottenham ein Preisschild von mindestens zehn Millionen Euro. Der Rest ist Verhandlungssache.