Vor dem Absprung? Von wegen! Der Norweger überzeugt beim 2:2 gegen Grosny und kündigt an, dass er noch lange nicht fertig ist mit Hamburg.

Finkenberg/Mittersill. Der letzte Arbeitstag vor der heutigen Abreise aus dem Zillertal beinhaltete für Per Ciljan Skjelbred einen Ausflug. Am Nachmittag fuhr der 25-Jährige mit seinen Kollegen ins 70 Kilometer entfernte Waldstadion von Mittersill zum Test gegen Terek Grosny. Vor 500 Zuschauern zeigten sich die Hamburger in der ersten Hälfte sehr spielfreudig und gingen nach Toren von Marcus Berg (13.) und Tolgay Arslan (23.) 2:0 in Führung; Skjelbred war im zentralen Mittelfeld an etlichen temporeichen Aktionen beteiligt. Das Ende allerdings war unbefriedigend: Erst konnten die Tschetschenen ausgleichen (44., 48.), dann musste die Partie nach 70 Minuten wegen eines Unwetters mit Regen, Blitz und Donner abgebrochen werden.

HSV gegen Grosny in Mittersill, das klingt nach einem eher unbedeutenden Vorbereitungsspiel sechs Wochen vor dem Bundesliga-Start. Doch für Skjelbred galt es, sich bei Trainer Thorsten Fink in den Vordergrund zu spielen. Denn der Name des Norwegers wurde zuletzt gehandelt, wenn es um die Liste der möglichen Abgänge ging, mit denen Transfererlöse generiert und Gehälter gespart werden sollen.

Als 13-Jähriger hatte Skjelbred in Norwegen einen Talente-Wettbewerb im Fernsehen und damit ein Probetraining beim FC Liverpool gewonnen. Jetzt, als Erwachsener, steckt er wieder in einem öffentlich ausgetragenen, aber gnadenloseren Ausscheidungskampf. Im Grunde kurios: Der HSV sucht einen Kreativspieler im zentralen Mittelfeld, und der Techniker erfüllt viele der geforderten Kriterien. Ob er tatsächlich den Anforderungen des HSV in der Liga genügt, weiß niemand genau - schließlich hatte Skjelbred nie die Chance, dies über mehrere Spiele zu zeigen. Erst zu Beginn der vergangenen Saison verpflichtet, stand er vor allem während des Katastrophenstarts auf dem Platz.

Im Winter witterte er seine neue Chance, dem Trainer gefiel, was er sah: "Nach der Vorbereitung war geplant, dass Per zum Einsatz kommt", erinnert sich Fink. Doch dann verletzte sich Skjelbred, und fortan war David Jarolims Routine gefragt. So kam der Neue in der Rückrunde nur auf zwei Spiele und 79 Einsatzminuten. Insgesamt waren es acht Ligaspiele, in denen er 355 Minuten auf dem Platz stand. Nach dem Saisonende und der Abschlussfahrt nach Mallorca blieb Skjelbred mit seiner Frau Christina sowie den Kindern Jonathan, 1, und der im Februar geborenen Elina Sofie noch vier Tage in Hamburg. "Wie Touristen machten wir Ausflüge, besuchten Museen, erkundeten die Stadtteile." Danach ging es nach Kreta - in ein Familienhotel mit vielen Deutschen. "So konnten wir die neue Sprache täglich üben." Mit hörbarem Erfolg: Das Gespräch kann Skjelbred problemlos auf Deutsch führen.

+++ Nachspiel: Der Geist von van der Vaart +++

Als er dann mit seiner Familie für vier Wochen in die Heimat nach Trondheim fuhr, kamen natürlich die Fragen: "Was ist da los in Hamburg, warum hast du so wenig gespielt?" Zur Erklärung verwies Skjelbred auf die deutsche Nationalelf bei der EM und entgegnete: "Das ist eine der drei stärksten Ligen in Europa, ich muss mich jede Woche mit diesem Niveau messen." Aber die Aufregung hielt sich in Grenzen: "Meine Leute sagten: Sei ganz locker, beruhige dich, du bist jetzt in Norwegen."

Dabei fühlte sich Skjelbred in seiner Einschätzung bestätigt, als er während des Urlaubs einmal mit den früheren Kollegen bei Rosenborg Trondheim kickte und feststellte, dass er ein viel höheres Tempo gehen konnte.

Vor Kurzem hatte Skjelbred einen Termin mit Sportchef Frank Arnesen. Über den Inhalt mag er nicht detailliert sprechen: "Ich kann hier nicht alles erzählen. Aber es war ein positives Gespräch." Doch natürlich ging es um die (derzeit nicht beste) Perspektive Skjelbreds, der bis 2015 unter Vertrag steht.

Seine Haltung ist aber eindeutig: "Ich will mit allem, was ich habe, kämpfen, Vollgas geben. Dann wird man schauen, was das Wichtigste für die Mannschaft ist und für mich. Für mich ging ein Kindheitstraum in Erfüllung, mit dem HSV, diesem großen Klub, in der Bundesliga zu spielen." Nein, er wolle nicht wegfahren nach so einer schlechten Saison und beweisen, dass das Team besser ist als der 15. Platz.

Wie er es empfinde, dass der Klub neue Spieler für seine Position sucht? "So ist das Leben, so ist Fußball. Es ist doch normal, dass ein Verein nach einer schwachen Saison versucht, gute Spieler zu kaufen. Ein zentraler Mittelfeldspieler ist eine ganz heiße Position. Aber ich bin vielseitig, kann auch weiter vorne spielen. Mal schauen, was der Trainer vorhat."

Fink hat beobachtet, dass Skjelbred "mit viel Eifer dabei ist", und will ihm wieder eine Chance geben. Doch selbst wenn sich der Norweger anfangs auf der Bank wiederfindet, wird er so schnell nicht aufgeben. Sein Sohn wird ab dem 1. August den Volkspark-Kindergarten besuchen, und sein Vater, ein Historiker, besucht ihn regelmäßig in Hamburg, um ihm neue Städtetouren zu zeigen, die er zuvor ausgearbeitet hat. "Du hast ja überhaupt noch keine Ahnung, was Hamburg alles zu bieten hat", sagte er Skjelbred stets. Eine Aussage, die ebenso auf ihn zutrifft.