Ein-Spiel-Trainer Frank Arnesen verbreitet vor dem HSV-Spiel in Freiburg gute Laune. Guerrero oder Son in der Startelf? Rincons Einsatz ungewiss.

Hamburg. Nach außen hin geben sich die Verantwortlichen des HSV noch gelassen. "Ich bin davon überzeugt, dass der Kader die Klasse besitzt, um nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben", sagte Klubchef Carl Jarchow in den vergangenen Wochen mehrfach. Doch auch er weiß, was die Stunde geschlagen hat, sollte der HSV am Sonntag beim SC Freiburg (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de ) verlieren. Ein Blick auf die Tabelle verdeutlicht die Brisanz dieser Begegnung: Der Konkurrent im Abstiegskampf hätte dann sechs Punkte Vorsprung auf die Hamburger. Sollten auch der FSV Mainz 05 (zu Hause gegen den FC Augsburg) und der VfL Wolfsburg (zu Hause gegen den 1. FC Nürnberg) ihrer Favoritenrolle gerecht werden, stünde der HSV mit dem Rücken zur Wand und müsste sechs Zähler auf einen Nichtabstiegsplatz gutmachen.

Übergangstrainer Frank Arnesen steht somit unter immensem Druck, um seinen Nachfolger Thorsten Fink nicht mit einer gewaltigen Hypothek zu belasten. Besondere Anspannung ist dem Dänen jedoch nicht anzusehen. Gewohnt optimistisch verbrachte er die vergangene Woche, sprach von "guter Laune" im Team und hob die Trainingsleistungen seit dem Schalke-Spiel ausdrücklich hervor. So sollen seine Spieler fortan ihre eigenen Stärken in den Mittelpunkt der Vorbereitung stellen und sich nicht allzu sehr mit dem Tabellenplatz oder dem Gegner beschäftigen. Denn in einem sind sich fast alle einig: "Wir müssen uns vor dem SC Freiburg nicht verstecken, denn wir haben die besseren Fußballer auf dem Platz", sagte Kapitän Heiko Westermann - und diesem Statement schlossen sich andere HSV-Profis an.

+++ Dennis Aogo: Wir haben keine Angst vor Cissé +++

Das mag auch so richtig sein - mit einer Einschränkung: Freiburgs Ausnahme-Stürmer Papiss Demba Cissé. Der Senegalese erzielte nach 22 Toren in der letzten Saison in dieser Spielzeit erneut sechs Treffer und ist über 90 Minuten kaum komplett auszuschalten. Zudem wird der ehemalige deutsche Nationalspieler Andreas Hinkel beim Sportclub zu seinem Debüt kommen. Die 29-jährige Neuverpflichtung ersetzt auf der rechten Abwehrseite Mensur Mujdza, der nach einem Mittelfußbruch längere Zeit ausfällt. Auch Freiburg würde bei einer Niederlage unter Umständen auf einen Abstiegsplatz geraten - doch sind die Ansprüche im Breisgau ganz anders als in Hamburg. "In Freiburg haben alle eine sehr realistische Einschätzung unserer Möglichkeiten, und das ist neben dem Zusammenhalt eine unserer größten Stärken, welche dann auch dem Trainer entgegenkommen, auch wenn der Druck hier genauso existiert", erklärte Trainer Marcus Sorg dem Abendblatt.

Welche elf Fußballer beim HSV versuchen werden, den Klub aus dem Tabellenkeller zu schießen, dürfte erst nach dem Abschlusstraining am Sonnabend endgültig feststehen. Ein Fragezeichen steht hinter dem Startelfeinsatz von Tomas Rincon, dessen Flugzeug aus Südamerika nach seinem Länderspieleinsatz für Venezuela in der Nacht zum Mittwoch Verspätung hatte. Er landete erst am Freitagnachmittag in Hamburg und kann somit nur noch die letzte Trainingseinheit mitmachen. Für ihn stände David Jarolim parat. Pünktlich in Hamburg angekommen - trotz Flugangst - ist dagegen Paolo Guerrero, der in der Bundesligapause für Peru wieder zwei Toren erzielte, beim HSV jedoch enttäuschte. Für ihn könnte der Südkoreaner Heung Min Son nachrücken. Auch für den 18er-Kader muss Arnesen einige harte Entscheidungen treffen. So droht unter anderem Per Skjelbred, Gojko Kacar oder sogar Marcell Jansen, der vor der Saison extra individuell an seiner Fitness gearbeitet hatte, ein Platz auf der Tribüne.

+++ Info: Fink lässt Familie daheim +++

Eher nicht für eine Startelf-Nominierung wird es bei Neuzugang Ivo Ilicevic reichen, der nach seiner Adduktoren-Verletzung laut eigener Aussage "noch nicht bei 100 Prozent, aber bereit" sei. Nach vierwöchiger Rotsperre könnte er erstmals für den HSV in der Bundesliga zum Einsatz kommen. Gestern musste der Ex-Kaiserslauterner kurz schmunzeln, als ihm gewahr wurde, dass er einen Rekord aufgestellt hat, den ihm so schnell wohl niemand wieder nehmen wird: Er bekommt am Montag mit Fink bereits seinen vierten HSV-Trainer - und das, obwohl er bisher ausschließlich ein Testspiel für diesen Klub absolvieren konnte.

Der künftige Coach hat seinen Eindruck von der aktuellen HSV-Mannschaft schon gewonnen - und auch er scheint die aktuelle Situation noch nicht als bedrohlich zu empfinden: "Wir sind viel stärker als viele Klubs in der Bundesliga. Live im Stadion wird Fink die Partie im Breisgau am Sonntag nicht verfolgen. Das würde die Aufmerksamkeit nur unnötig auf ihn ziehen, begründete er seine Entscheidung. Der 43-Jährige schaut die Begegnung noch in Basel im Fernsehen und fliegt am Sonntagabend nach Hamburg. Am Montag wird er dann offiziell vorgestellt. Zunächst wohl nur Fink, doch dem neuen Hoffnungsträger wurde zugesagt, einen Assistenten aus seinem Baseler Trainerstab mitbringen zu dürfen. Welche Rolle dann Rodolfo Cardoso einnehmen wird, ist noch unklar. Ob der Argentinier in die U 23 des HSV zurückkehren wird, mit Fink zusammenarbeitet oder sich ganz auf seinen Fußballlehrerschein konzentrieren soll, wird sich in den nächsten Tagen entscheiden.

Das Interview mit Freiburgs Trainer Marcus Sorg: www.abendblatt.de/sorg