Während der Toptorjäger der Champions League die Schalker Fans verzaubert, scheint das Experiment mit Ruud van Nistelrooy in Hamburg gescheitert.

Gelsenkirchen/Hamburg. Wer hätte diese Szene je für möglich gehalten? Berauscht vom 2:1-Erfolg über Inter Mailand und seinem 73. Tor in der Champions League enterte Raúl wie ein Jungspund die Tribüne, griff sich ein Megafon und feierte zusammen mit dem Schalker Anhang auf dem sogenannten Capo-Stand minutenlang den wundersamen Einzug der Gelsenkirchener in das Halbfinale gegen Manchester United und ließ sich zu einem der seltenen Deutsch-Versuche hinreißen. "Ich hoffe, die Fans haben mich verstanden", scherzte der Spanier, der längst über eine Verlängerung seines Vertrages über 2012 hinaus nachdenkt.

Dass der Ur-Madrilene, dieser hochrangige Vertreter des europäischen Fußballadels, zum Ende seiner Karriere in einem anderen Land so schnell zu einer Kultfigur avancieren könnte, hätte wohl niemand geglaubt, als der Torjäger zu Beginn der Saison bei Schalke präsentiert wurde. Doch Raúl überzeugte nicht nur mit seinem offenen Auftreten und dem Verzicht auf jegliche Starallüren, sondern auch mit Leistung und seiner Fitness. Mit fünf Toren und drei Vorlagen glänzte der Stürmer im Europapokal. Auch die Quote in der Bundesliga (12 Tore, 3 Vorlagen) kann sich sehen lassen. Nur zwei Spiele ist der 33-Jährige nun noch von einem möglichen Traumfinale im Wembley-Stadion gegen Real entfernt. Deren Fans bejubelten seinen Treffer lautstark während der Partie Madrids im Stadion der Tottenham Hotspur.

Hier in Hamburg wird ein Fußballer den Triumph Raúls mit Freude, aber auch Schmerz registriert haben. Nur zu gerne hätte Ruud van Nistelrooy seinen Freund im Endspiel getroffen. Es wäre die Krönung zweier großer Spielerkarrieren gewesen. Doch der HSV lehnte im Winter die inklusive Ablöse und gespartem Gehalt, Ablöse und Freundschaftsspiel fünf Millionen Euro wertvolle Offerte Madrids ab, den Torjäger aus dem bis Ende dieser Saison laufenden Kontrakt rauszukaufen.

Anders als für Raúl entwickelt sich für van Nistelrooy, der in der Champions League mit 62 Toren auf Rang vier der Torjägerliste liegt, das Abenteuer Bundesliga zu einer eher frustrierenden Episode seiner Laufbahn. Seine Quote in der Bundesliga (7 Tore, 1 Assist) ist für seine hohen Ansprüche zu gering, und auch der HSV dürfte sich rückblickend fragen, ob er den falschen Topstar aus Madrid verpflichtet hat. Alt aussehen lässt Raúl seinen Kumpel Ruud derzeit in jedem Fall.