Nach 19 Profijahren will HSV-Torwart Frank Rost am Saisonende mit dem Erreichen der “Europa League“ seine Karriere als Spieler beenden.

Hamburg. Noch sechsmal 90 Minuten HSV. Am Montag veröffentlichte der Klub das Aus von Frank Rost als Torhüter nach Ablauf der Saison. Jetzt spricht er das erste Mal. Wie wird er reagieren? Verbittert, sauer?

Nichts von allem. Dem einst so verbissenen und wortgewaltigen Rost ist die neue Gelassenheit anzumerken. Der 37-Jährige hat sich mit dem Karriereende nicht nur abgefunden, ihm scheint die Entscheidung sogar geholfen zu haben. Der "Kraftakt", wie der Leistungsträger diese Saison jetzt schon einstuft, bekommt sein versöhnliches Ende, glaubt Rost. "Europa League erreichen und Ende", sagt Rost im Interview mit "Matz ab" ( www.abendblatt.de ), das würde ihm den Abschied vom HSV versüßen. Und dafür sollen gegen Borussia Dortmund (Sa., 15.30 Uhr) drei Punkte her. "Wir sorgen dafür, dass der Kampf um die Meisterschaft noch einmal spannend wird", prophezeit Rost und lächelt siegessicher.

Rost ist zufrieden mit sich und seiner nunmehr 19 Jahre langen Profikarriere, die aller Wahrscheinlichkeit nach am 14. Mai mit dem Schlusspfiff gegen Borussia Mönchengladbach in der Imtech-Arena ihr Ende finden soll. Zumindest als Spieler. Rost: "Fakt ist: Es reizt mich, nicht nur etwas zu verhindern, nämlich Tore, sondern selbst etwas zu gestalten." Möglich, dass den BWL-Studenten der Weg vom Platz ins Management führen wird. Zuletzt wurden ihm gute Verbindungen zu Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz nachgesagt. Ein Posten beim HSV scheint derzeit undenkbar. Zumindest noch, denn Rost selbst schließt seine Rückkehr nicht aus. "Wir haben uns entschlossen, dass Hamburg unser Lebensmittelpunkt bleibt", erklärt der verheiratete Vater einer Tochter, "auch wenn das bedeutet, beruflich zu pendeln."

Bis Mitte Mai beschränkt sich das Pendeln vorerst noch auf die knapp zehn Minuten Autofahrt von Nienstedten bis zur HSV-Arena, zum nach Werder Bremen (1992 bis 2002) und Schalke 04 (2002 bis 2007) gerade mal dritten Bundesligaklub in Rosts Karriere, worauf er stolz ist. "Als ich in den Profifußball kam, war es eine andere Zeit. Es gab kein Bosman-Urteil, die Verweildauer eines Spielers bei einem Verein lag im Durchschnitt bei fünf, sechs Jahren. Das hat sich in den fast 20 Jahren, in denen ich dabei bin, drastisch geändert. Es gibt Kollegen, die haben in ihrer Vita mehr Vereine als Spieljahre. Was in der Bundesliga zuletzt so alles passiert ist, das ist mir fremd geworden."

Ähnlich wie der Umgang beim HSV. 2007 nach Hamburg gekommen, hatte Rost Großes vor. Ziele, die durch interne Streitigkeiten torpediert worden seien. Das beste Beispiel dafür hat Rost selbst erlebt, als ihm im Sommer 2010 plötzlich mit Jaroslav Drobny eine potenziell neue Nummer eins vorgesetzt wurde. Rost erinnert sich: "Es gab nach Ablauf der vergangenen Saison die sogenannten Charaktergespräche mit jedem Profi, die ich bis heute nicht verstehe. Ich habe zehn Minuten dort gesessen und bin gefragt worden, was ich vorhabe. Meine Antwort war, dass ich noch eine gute Saison spielen möchte. Darauf versicherte mir der damalige Vorstand, das genauso zu sehen. Dann wurde Drobny verpflichtet, und ich war ziemlich überrascht, denn dadurch konnte ich ja gar nicht mehr ankündigen, dass es mein letztes Jahr in der Bundesliga sein würde. Dann hätten sie mich sofort auf die Bank gesetzt. Also hieß es für mich, die Klappe zu halten, den Konkurrenzkampf anzunehmen."

Beides gelang Frank Rost. Bis ihm nach dem 0:6 in München der Kragen platzte, er schonungslos Klubboss Bernd Hoffmann für dessen Führung kritisierte. Bei "Matz ab" legte er nach: "Es gefällt mir generell nicht, wenn sich ein Klubchef nach Siegen wie Cäsar feiern lässt und sich in der Sonne dreht, aber abwendet, wenn der Erfolg ausbleibt." Heute ist Hoffmann weg. Was bleibt, ist die Hoffnung. Auf die Europa League, aber vor allem auf mehr Ruhe im Verein.

Was Rost dem HSV in der Zukunft wünscht? "Ruhe - und den Mut, Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen", sagt der Torwart - und kann sich einen Seitenhieb in Richtung Hoffmann nicht verkneifen: "Es wird im Fußball so viel aus der Wirtschaft projiziert. Es werden Headhunter engagiert und Kandidaten für einen wichtigen Posten in einem Assessment-Center ermittelt. Ernst Happel war der erfolgreichste Trainer, den es beim HSV jemals gab. Stellen Sie sich Ernst Happel im Assessment-Center vor! Es geht nicht nur um Zahlen, um Fakten. Du brauchst Leute, die Herzblut haben."