St. Paulis Trainer Stanislawski äußerte sich vor dem Derby angriffslustig: „Nicht der Kontoauszug zählt, sondern der Masterplan im Kopf.“

Hamburg. Der FC St. Pauli wird im Stadtderby am Mittwoch (18.45 Uhr/ im Liveticker auf abendblatt.de) gegen den HSV Mittelfeldspieler Matthias Lehmann einsetzen können. Den 27-Jährigen erwartet keine nachträgliche Sperre durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Lehmann hatte am vergangenen Sonnabend nach einer Berührung mit dem Kopf seines Gegenspielers Igor de Camargo eine Verletzung vorgetäuscht und damit eine Rote Karte des Mönchengladbachers provoziert.

Dem DFB-Sportgericht reichte die schauspielerische Einlage allerdings nicht für eine nachträgliche Sperre des Hamburgers aus, dessen Verhalten lediglich als Unsportlichkeit bewertet wurde. «Das DFB-Sportgericht sah in der Szene, auch belegt durch die TV-Bilder, kein schweres sportliches Vergehen», erklärte DFB-Sprecher Michael Morsch.

Damit wird das gewünschte defensive Mittelfeld des FC St. Pauli gegen den Stadtrivalen verfügbar sein, da auch Fabian Boll nach seiner Prellung wieder zur Verfügung steht. „Fabian hat keine Verletzung, für die man ein Derby sausen lässt“, sagte Trainer Holger Stanislawski. Verzichten muss St. Pauli neben den Langzeitverletzen Fabian Morena und Florian Lechner weiterhin auf Bastian Oczipka (Knöchelprobleme), Denis Naki (Grippe) und Carsten Rothenbach (Patellasehne).

Der letzte Schlagabtausch vor dem Anpfiff erfolgt am heutigen Dienstag. Der Kuschelkurs der gemeinsamen Pressekonferenzen ist vorbei. St. Pauli-Trainer Holger Stanislawski machte den Anfang und stand am frühen Nachmittag für letzte Fragen zur Verfügung. Der Coach war gut aufgelegt und legte vor: „Es zählt nicht der Kontoauszug, sondern was man als Masterplan im Kopf hat", erwiderte Stanislawski auf die Annahme, sein Team sei dem HSV individuell unterlegen. Das angeblich angespannte Verhältnis zu HSV-Trainer Armin Veh bestritt der Fußballlehrer jedoch. „Es ist absolut gut, es sei denn, wir reden über Rasenverlegung.“

Am späten Nachmittag folgt die separate Konferenz des HSV, auf der HSV-Trainer Armin Veh zu letzten Derbyfragen Stellung nimmt.

Das Tipp-Kick-Orakel

HSV-Urgestein Dieter Matz und St. Pauli-Reporter Lutz Wöckener spielen das Derby vor - auf dem Tipp-Kick-Feld! Sensationelle Torwartparaden werden das Spiel prägen - aber sehen Sie selbst...

Das Baby-Orakel

Seit dem ersten Derby-Termin am 06. Februar wurden in der Asklepios Klinik Barmbek 53 Kinder geboren – 39 Eltern entschieden sich für einen HSV-Body als Begrüßungsgeschenk, nur 14 für den FC St. Pauli. Ein Omen für den Spielausgang?

Im Dezember hatte die Klinik begonnen, Babybodies der beiden Hamburger Erstliga-Vereine an die frisch gewordene Eltern zu verschenken. „Die große Freude und Begeisterung der Eltern haben uns bewogen, die Aktion über den Advent hinaus fortzusetzen – mindestens bis zum Ende der Saison“, erklärt Prof. Dr. Bernhard-Joachim Hackelöer, Chefarzt der Geburtshilfe der Asklepios Klinik Barmbek.

Pünktlich zum ursprünglichen Derby-Termin konnten die Eltern dann wieder eines von vier Modellen für ihren Nachwuchs aussuchen. Als dann die Spielabsage kam, waren die Mitarbeiter der Wöchnerinnen-Station überzeugt: Die Verteilungsquote bis zum Nachholtermin wird ein überzeugender Hinweis für den Spielausgang! Und so wurde eifrig verschenkt, gelistet und gezählt – mit einem deutlichen Ausgang von 39:14 für den HSV. Als begeistertes Mitglied des FC St. Pauli ist der Chefarzt allerdings überzeugt: „Auch ein Orakel kann sich irren.“ Und unabhängig vom Spielausgang freut er sich, mit den Babybodies als Willkommensgeschenk die Weichen für das eine oder andere Fanleben gestellt zu haben.

(SID/abendblatt.de)

Im Derby geht es um Platz eins...

Das Derby 2011. Erwartet mit kaum steigerungsfähiger Vorfreude, abgesagt wegen kaum steigerungsfähiger Regenmassen und damit letztlich begleitet von kaum steigerungsfähigen Diskussionen und Schuldzuweisungen bezüglich des frisch verlegten Rasens in der Imtech-Arena. Nun also der zweite Versuch, übermorgen, 18.45 Uhr im Volkspark (Sky und Liveticker auf abendblatt.de). Und zumindest bezüglich der Rahmenbedingungen kann der Aufschub durchaus als positiv gewertet werden.

+++Die aktuelle Tabelle der Fußball-Bundesliga+++

Anders als vor zehn Tagen gehen beide Mannschaften mit einem Sieg in die Partie. Die Brüste sind breit, der Glaube an das eigene Leistungsvermögen groß. "Das erste Ausrufezeichen haben wir in Wolfsburg gesetzt. Ich bin mir sicher, dass wir auch gegen St. Pauli gewinnen", sagt HSV-Kapitän Heiko Westermann, der als Ex-Schalker als derbyerfahren bezeichnet werden darf. "Nach dem Erfolg gegen Mönchengladbach fahren wir jetzt mit einer Extraportion Selbstvertrauen zum Auswärtsspiel nach Hamburg", beschreibt St. Paulis Angreifer Gerald Asamoah die Stimmungslage im gegnerischen Lager, "wir sind gut drauf". Mehr noch: Ein Gewinner vom Mittwoch würde in der Rückrundentabelle die Führung übernehmen. Zwei der aktuell formstärksten Teams der Liga kommen aus Hamburg. Wer hätte das gedacht?

Während St. Pauli zuletzt durch eindrucksvolle Heimsiege gegen den 1. FC Köln (3:0) und Borussia Mönchengladbach (3:1) für Aufsehen sorgte, gewann der HSV drei der vier Rückrundenspiele - ohne dass es jemandem so wirklich aufgefallen wäre. "Wir haben sogar vier der letzten fünf Spiele gewonnen. Nur gemerkt hat das niemand", sagt HSV-Trainer Armin Veh, der diese Serie gegen den ungeliebten Stadtnachbarn weiter ausbauen will.

Leicht wird das allerdings nicht. St. Pauli ist in diesem Jahr neben Borussia Dortmund die einzige noch ungeschlagene Bundesligamannschaft und stellte am Sonnabend zudem einen neuen Vereinsrekord auf. Nie zuvor war es dem Klub gelungen, in fünf aufeinanderfolgenden Bundesligaspielen jeweils mindestens zwei Treffer zu erzielen. "Die Torfabrik läuft, aber am Mittwoch würden wir uns auch mit einem 1:0 begnügen", so die Ansage von Mittelfeldspieler Matthias Lehmann, der seinen Teil zur neu entdeckten Lust am Toreschießen beisteuerte und in den vergangenen fünf Partien dreimal traf. Der HSV, das nächste Opfer der neuen braun-weißen Dominanz? "Wir sind optimistisch", sagt Trainer Holger Stanislawski, "warum auch nicht? Der HSV ist in der Bringschuld, nicht wir. Die haben den Druck, und dann wollen wir mal sehen, was da am Mittwoch herauskommt."

Fragt man im Lager des HSV nach, kann eigentlich nur ein weiterer Heimsieg gegen den Kiezklub nach 90 Minuten zu Buche stehen. Tatsächlich hat es die Mannschaft von Veh geschafft, die in der Hinrunde so schwächelnde Defensive endlich zu stabilisieren. Lediglich dem 1. FC Nürnberg gelang es in diesem Jahr, HSV-Torhüter Frank Rost zu bezwingen. "Auch gegen Wolfsburg standen wir wieder gut und haben nur eine einzige Torchance in 90 Minuten zugelassen. Das war der Schlüssel zum Erfolg", sagte Trainer Veh, der keine Probleme damit hätte, den vierten 1:0-Sieg in diesem Jahr einzufahren. Seine Mannschaft scheint zumindest wieder vor Selbstvertrauen zu strotzen. "Das kleine Derby gegen Wolfsburg haben wir schon mal gewonnen, jetzt wollen und müssen wir auch die beiden großen Derbys gegen St. Pauli und Bremen gewinnen", sagt David Jarolim. Mit drei möglichen Derby-Siegen innerhalb einer Woche hätte der HSV nicht nur die Chance, die in der Hinrunde so enttäuschten Fans binnen sieben Tagen wieder zu versöhnen. Gleichzeitig würde sogar die Möglichkeit bestehen, am Ende einer dann historischen Nordwoche auf dem seit Saisonbeginn angepeilten Europapokalplatz zu stehen. Nur die vorläufige Nummer eins im Norden wird wohl auch am Ende dieser Woche eine Mannschaft bleiben, mit der vor dieser Saison mit Sicherheit noch niemand gerechnet hatte: Hannover 96.

Richtig freuen kann sich darüber der frühere Hannoveraner Asamoah, der als langjähriger und bekennender Schalker am Sonnabend gegen Spitzenreiter Borussia Dortmund ebenfalls sein zweites gefühltes Derby in dieser Woche spielen wird. Und geht es nach dem Willen des 32-jährigen Angreifers, wird im Signal-Iduna-Park die beste Hinrundenmannschaft das aktuelle Top-Team der Rückserie empfangen: "Ich gehe für diese Woche von sechs Punkten für uns aus." Und das, da sind sich zumindest alle Anhänger des Kiezklubs einig, wäre dann wirklich nicht mehr steigerungsfähig.