Gojko Kacar will den Konkurrenzkampf im Mittelfeld beim HSV verstärken. Im Testspiel bekam er den Vorzug vor David Jarolim.

Dubai City. Wenn sich Gojko Kacar erst mal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann lässt sich der Serbe das nur schwer wieder ausreden. So musste in den vergangenen Tagen sogar Konsul Jörg Herrera im Trainingslager in Dubai bemüht werden, um einen durchaus ungewöhnlichen Herzenswunsch des HSV-Profis zu erfüllen: Der gläubige Serbe bat den deutschen Chefdiplomaten, für ihn eine russisch-orthodoxe Kirche im muslimischen Dubai zu finden - eine Aufgabe, die vergleichbar mit der Suche nach fruchtbarem Boden in der Wüste zu sein schien. "Ganz so schwierig ist es in dieser Region des Mittleren Ostens Gott sei Dank nicht", beschwichtigt Herrera, der aber alle Hebel in Bewegung setzen musste, um schließlich ein kleines Gotteshaus im 20 fAutominuten entfernten Nachbar-emirat Schardscha zu finden.

Dem Fest zur Geburt Jesu, das man in Kacars Glaubensgemeinschaft am heutigen 6. Januar um Mitternacht feiert, steht also nichts mehr im Weg. "Ich war in den vergangenen Jahren an diesem Tag immer im Ausland und schon sehr traurig, dass ich diesen Feiertag wieder nicht zelebrieren kann", erklärt Kacar, der nun sogar die Erlaubnis von Cheftrainer Armin Veh hat, nach dem eigentlichen Zapfenstreich in Schardscha das russisch-orthodoxe Neujahrsfest zu feiern.

Wenn Kacar über den für ihn so bedeutenden Feiertag spricht, glänzen seine Augen. Der Fußballprofi redet ruhig, aber bestimmt. Er will, dass alle Gesprächspartner verstehen, wie wichtig ihm das alles ist. "In meiner Heimat isst man am 6. Januar Fisch und Gemüse, macht sich besondere Geschenke und geht spätabends in die Kirche, um zu beten", sagt Kacar, der für seine Familie, Gesundheit und wohl auch für eine bessere Rückrunde beten will.

Den Glauben an sich selbst hat Kacar nach seiner eher unbefriedigenden Hinrunde aber noch lange nicht verloren. "Ich bin hoch motiviert, nun endlich durchzustarten", sagt der 23-Jährige, der am Dienstag im Testspiel gegen Al-Wasl sein Comeback nach seiner quälend langen Verletzungspause feierte. Knapp zwei Monate fiel der Mittelfeldmann wegen eines Bänderrisses im Sprunggelenk aus. Aber anders als noch vor ein paar Monaten lächelt Kacar, während er über seinen Beruf spricht: "Für mich war das ein schweres erstes Halbjahr beim HSV, ich kann nur hoffen, dass es jetzt endlich besser wird." Darauf setzt auch Trainer Veh, der Kacar im Testspiel den Vortritt vor David Jarolim ließ. "Ich erwarte mir viel von Gojko, keiner im Mittelfeld ist so kopfballstark wie er", lobt Veh, der Kacar aber auch in die Pflicht nimmt: "Er war leider bislang noch nie fit. Warum das so ist, frage ich mich selbst."

Der Ex-Berliner, der im vergangenen Sommer für 5,3 Millionen Euro von Hertha verpflichtet wurde, will das Trainingslager in Dubai nutzen, um endlich mit dem Vorurteil des ewig Unfitten aufzuräumen. "Es ist ein schönes Gefühl, überhaupt wieder auf dem Platz zu stehen. Natürlich muss ich hart an mir arbeiten, damit ich zukünftig mehr spielen darf", sagt Kacar, der in den Trainingseinheiten motiviert wie lange nicht mehr wirkt.

Bestätigt der WM-Teilnehmer die Trainingseindrücke auch nach der Rückkehr in Hamburg, hätte Veh erstmals in dieser Saison auf der im HSV-System so wichtigen Doppel-Sechs vor der Abwehr die Qual der Wahl. "Es wäre wichtig für die Mannschaft, dass man sich auch im Training endlich mal einem echten Konkurrenzkampf stellt", sagt Veh. Neben Kacar hoffen auch Zé Roberto, David Jarolim und der derzeit noch grippegeschwächte Piotr Trochowski auf einen Stammplatz im zentralen Mittelfeld, Außenseiterchancen haben Tomas Rincon und Robert Tesche. "Gojko ist defensivstark, kann aber auch Tore schießen", lobt Veh, der Kacar fast als Neuzugang rechnet: "Man darf nicht vergessen, dass er noch jung ist und im Sommer zu einem neuen Klub wechselte. Jetzt erwarte ich mir einiges von ihm."

Kacar, der in der Hinrunde nur zwei Spiele über 90 Minuten absolvierte, hegt keinen Zweifel, dass er die hohen Erwartungen erfüllen wird. "Genau wie die Mannschaft will auch ich in der Rückrunde viel mehr erreichen", sagt er. Und dank Konsul Herrera darf Kacar wohl von morgen an auch mit göttlichem Beistand auf seiner sportlichen Mission hoffen.