Weil die Anhänger der “Rothosen“ regelmäßig mit Pyrotechnik Stimmung auf den Rängen machen, droht der DFB jetzt mit Sanktionen.

Hamburg. Beim HSV brennt's. Nein, ausnahmsweise nicht auf dem Platz, sondern immer häufiger auf den Tribünen, wenn die Profis auswärts antreten müssen. Zuletzt sorgten die Hamburger Fans in Hannover für dicke Luft, als sie Pyrotechnik zündeten, die blaue Rauchwolken produzierte. Weil dies - bis auf die Partie in Dortmund - bei jeder Begegnung passierte, ist man beim HSV längst alarmiert: "Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir nicht eine Auswärtssperre kassieren", sagt Vorstand Oliver Scheel, was der Fanbeauftragte Mike Lorenz bestätigt: "Es ist nur eine Frage der Zeit. Diesen Hinweis haben wir bereits vom Deutschen Fußball-Bund erhalten."

Eine sogenannte "Blocksperre" - die Spieler müssten also auf die lautstarke Unterstützung ihrer Anhänger verzichten - gab es in der Geschichte des HSV noch nie, was auch daran liegt, dass der Klub in den vergangenen Jahren bis auf wenige Ausnahmen - wie den jüngsten Übergriff am Bahnhof Altona auf St. Paulianer - kaum noch Probleme mit organisierter Gewalt hatte. Dass die Hooliganszene eingedämmt wurde, ist ein Verdienst der Fanorganisation Supporters Club und ihrer szenekundigen Fanbeauftragten. Doch nun hat sich der HSV beim DFB unter die Top drei der Bundesligavereine hochgearbeitet, deren Fans wegen häufigen Einsatzes von Pyrotechnik unter Beobachtung stehen. Die Aufmerksamkeit erhöhte sich durch die Ereignisse rund um die Derbys bei St. Pauli, wo 400 HSV-Fans den Gästeblock stürmten, und in Bremen, wo eine Massenpanik für etliche Verletzte sorgte.

Der HSV ist in intensiven Gesprächen mit den Fanklubs und Ultra-Gruppierungen, um die Probleme mit der Pyrotechnik in den Griff zu bekommen, was sich jedoch als schwierig gestaltet. "Es gibt immer wieder Einzeldarsteller und Abweichler, zu denen wir nicht so leicht einen Zugang bekommen wie zu großen und engagierten Fangruppen", sagt Scheel. Die gängige Praxis, einen überführten Fan mit einem Stadionverbot zu belegen und diesen für Strafen - zuletzt musste der Klub für sechs "Vergehen" 10 000 Euro an den DFB überweisen - haftbar zu machen, löst aber laut Scheel nicht das Problem: "Das ist ein Irrglaube."

Ultra-Gruppierungen wie die "Chosen Few", die beim HSV für die richtige Stimmung sorgen, stören sich schon lange daran, dass sie in Deutschland als Chaoten dargestellt werden, wenn sie zündeln, die Öffentlichkeit aber Pyrotechnik im Ausland, zum Beispiel in Kroatien oder in der Türkei, als Ausdruck der Begeisterung darstellt.

Deshalb starten deutsche Ultras dieses Wochenende eine Kampagne mit dem Ziel, Pyrotechnik als Stilmittel zu legalisieren. "Wir wollen die Voraussetzungen für das kontrollierte Abbrennen von Pyrotechnik schaffen", fordert Martin Schwaak, Sprecher der Chosen Few. Seine Gruppe setzt sich dafür ein, dass auf der anderen Seite weder Böller noch andere Knallkörper oder Raketen in der Kurve benutzt werden und auch das Werfen von Pyrotechnik unterbleibt. Laut Supporters-Chef Ralf Bednarek hat DFB-Sicherheitsbeauftragter Helmut Spahn bei einem Treffen angedeutet, dass er sich ein solches Pilotprojekt in Hamburg durchaus vorstellen könnte. "Aber bis zur Umsetzung sind wohl noch tausend Gespräche notwendig", sagt Bednarek.

Dass die Fans auch in Zukunft nicht generell auf ihr Feuerwerk verzichten wollen, wird indes in der Erklärung der Ultras deutlich: "Wir lieben die Pyrotechnik, so wie wir unsere Zaunfahnen, Choreografien, Gesänge lieben. Wir werden sie uns nicht nehmen lassen. Bengalische Feuer und die bunten Farben des Rauches sind feste Bestandteile der Fankultur (...), um Feierstimmung zu schaffen."