Auch beim 2:1 gegen Kaiserslautern wachte der HSV erst kurz vor Schluss auf - Kacar und Choupo-Moting sicherten den späten Sieg

Hamburg. So richtig begreifen konnte Armin Veh offenbar nicht, was er da kurz nach dem Schlusspfiff auf den Monitoren in den Katakomben der Imtech-Arena zu sehen bekam. Immer wieder schüttelte der HSV-Trainer etwas ungläubig den Kopf, als er sich vor der obligatorischen Pressekonferenz die Zeit nahm, sich die vorangegangenen 90 Minuten noch mal im Zeitraffer im Fernsehen anzuschauen. Mit 2:1 hatte seine Mannschaft gegen den 1. FC Kaiserslautern gerade gewonnen, doch rational nachvollziehen konnte Veh das nicht. "Das Spiel hätte auch anders ausgehen können", gab der 49-Jährige wenig später mit einem charmanten Lächeln zu, "aber diese dreckigen Siege sind eben die wichtigsten."

In den ersten 45 Minuten konnte der HSV in diesem Jahr nur ein Tor erzielen

Dabei war Veh knapp zwei Stunden zuvor das Lachen noch gründlich vergangen, als seine Mannschaft nach handgestoppten 139 Sekunden in Rückstand geraten war. Erst hatte Rechtsverteidiger Tomas Rincon Gegenspieler Ivo Ilicevic zum ersten und nicht zum letzten Mal in diesen 90 Minuten laufen lassen, dann holte ihn Innenverteidiger Heiko Westermann so elegant wie ein Elefant im Porzellanladen kurz vor dem eigenen Strafraum von den Beinen. Den fälligen Freistoß schoss Srdjan Lakic so gefühlvoll über die Mauer ins linke obere Eck, dass auch der reaktionslose Torhüter Frank Rost den Flug des Balls in seiner Schönheit nicht stören wollte. Wie schon so oft in dieser Saison hatte der HSV auch gegen den unbequemen Aufsteiger aus der Pfalz die komplette Anfangsphase mal wieder verschlafen und wurde selbst durch die lautstarken "Aufwachen! Aufwachen!"-Rufe von der Tribüne nicht geweckt.

In dieser Saison hat der HSV erst einen einzigen Treffer in der ersten Halbzeit (gegen den VfL Wolfsburg), elf Tore dagegen im zweiten Durchgang. "Man hat deutlich gemerkt, dass wir nach vier sieglosen Spielen in Folge in der Anfangsphase nicht das große Selbstvertrauen hatten", versuchte Sportchef Bastian Reinhardt zu erklären, warum seine Mannschaft zum wiederholten Male erst spät - aber immerhin nicht zu spät - ins Spiel fand.

"Gegen Bremen und Wolfsburg haben wir gut gespielt, aber verloren. Gegen Kaiserlautern haben wir jetzt schlecht gespielt, aber gewonnen", brachte der erleichterte Veh das kuriose Geschehen der 90 Minuten auf den Punkt. Auch die späten Treffer durch den eingewechselten Gojko Kacar (69.) und den ansonsten indisponierten Maxim Choupo-Moting (84.) konnten die Defizite nicht überdecken, die der HSV sowohl im Spiel nach vorne als auch in der löchrigen Defensive aufwies. Zwei Aluminiumtreffer von Ivo Ilicevic und Martin Amedick in der ersten Hälfte sowie zwei Großchancen durch Ilicevic und Clemens Walch in der zweiten Halbzeit dienten als Beleg hierfür.

Bestätigt durfte sich Veh fühlen, der zuletzt immer betont hatte, dass die Diskussionen über die vermeintlich falsche Taktik redundant seien. Tatsächlich machte es überhaupt keinen Unterschied, dass seine Mannschaft gegen Kaiserslautern erstmals in dieser Saison mit einer 4-4-2-Formation auflief. Denn ähnlich wie in den Wochen zuvor mit einer 4-2-3-1-Taktik konnten auch am Sonnabend die beiden zentralen Mittelfeldspieler vor der Abwehr - zunächst David Jarolim und Robert Tesche, später Kacar und Tesche - dem Spiel keine nötigen Impulse geben. Und Zé Roberto, der das könnte, wurde nach den Ausfällen von Dennis Aogo und Marcell Jansen als Linksverteidiger gebraucht. "Es wäre gut, wenn wir Zé klonen könnten", schlug Veh eine kreative, aber eher unwahrscheinliche Lösung vor. Somit dürfte sein Team auch beim Spitzenspiel in Mainz am übernächsten Wochenende vergeblich auf einen echten Spielmacher hoffen.

Immerhin können sich die Hamburger nun zwei Wochen lang gezielt auf das Topspiel gegen den Tabellenführer vorbereiten. Bevor damit am morgigen Dienstag begonnen wird, steht heute nur eine Dienstanweisung auf dem Programm: Ausschlafen.