Der HSV-Investor spricht heute vor den Mitgliedern über das Projekt Anstoß³, neue Stars und seine Abmachung mit Bernd Hoffmann.

Hamburg. Kein Thema rund um den HSV wurde in den vergangenen Wochen so kontrovers diskutiert wie das finanzielle Engagement Klaus-Michael Kühnes als Investor. Im Rahmen des Projekts Anstoß³ will er den HSV mit bis zu 15 Millionen Euro unterstützen. Vor der heutigen außerordentlichen Mitgliederversammlung (18.30 Uhr im Stadion), auf der offene Fragen über das Investorenmodell diskutiert werden sollen, bat das Abendblatt den Hamburger Milliardär, der auf der Sitzung aller Voraussicht nach nicht anwesend sein wird, zum Gespräch.

Herr Kühne, sind Sie HSV-Mitglied?

Nein. Ich bin schon von Kindesbeinen an Fan, war aber nie Mitglied. Ich habe schon mit Uwe Seeler am Rothenbaum mitgezittert, hänge sehr am HSV...

...so sehr, dass Sie 15 Millionen Euro in Ihren Verein investieren wollen. Mussten Sie zu der außergewöhnlichen Geschäftsidee Anstoß³ überredet werden?

Nicht wirklich. Die Idee ist vor knapp zweieinhalb Jahren geboren, als es darum ging, Rafael van der Vaart in Hamburg zu halten.

Was überwiegt bei dem Projekt: Ihr ausgeprägter Sinn für ein gutes Geschäft oder Ihre Leidenschaft für den HSV?

Ganz eindeutig meine Leidenschaft. Ich gehe überhaupt nicht davon aus, dass ich mein investiertes Geld noch einmal im vollen Umfang wiederbekomme. Wenn ich tatsächlich etwas Geld zurückbekommen sollte, dann ist das lediglich ein schöner Nebeneffekt.

Viele Fans fragen sich, warum Sie trotz Ihres großen HSV-Herzens beim Anstoß³-Vertrag auf die Übertragung von jeweils einem Drittel der Transferrechte an Dennis Aogo, Marcell Jansen und Paolo Guerrero bestanden haben.

Ich habe nicht darauf bestanden, der Vertrag wurde mir so vorgeschlagen. Ich hatte mir die drei Spieler auch gar nicht ausgesucht. Und ich hoffe auch, dass Aogo, Jansen und Guerrero bleiben. Ich will ja gar nicht, dass sie verkauft werden. Herr Hoffmann hat mir ja schon vor Guerreros Vertragsverlängerung deutlich gemacht, dass der Stürmer ganz wichtig für den HSV ist.

Dieses Investorenmodell ist einmalig in der Bundesliga. Können Sie die Bedenken einiger Kritiker nachvollziehen?

Ich verstehe, dass unser Projekt von vielen Fans zunächst einmal kritisch beäugt wird. Aber ich bin überzeugt von diesem Modell. Trotz aller Kritik steht für mich fest, dass Herr Hoffmann gute konzeptionelle Arbeit geleistet hat.

Ex-HSV-Präsident Wolfgang Klein sieht das anders. Er kritisiert, dass das Projekt Anstoß³ nichts anders als ein Kredit sei.

Keine Bank der Welt würde einen derartigen Kredit gewähren. Herr Klein war zu seiner Zeit ein guter Präsident, aber auch er weiß, dass Kredite zurückgezahlt werden müssen. Für mich ist mein investiertes Geld aber kein Kredit, sondern Risiko-Kapital, das auch ganz schnell wieder verloren sein kann. Sollte das Modell aber funktionieren, könnte ich mir auch vorstellen, noch mal zu reinvestieren.

Stört es Sie gar nicht, dass Sie sich finanziell engagieren und gleichzeitig Kritik einstecken müssen?

Ich kann und muss mit Kritik umgehen. Ich verstehe auch die Unsicherheit der Fans, die sicherlich nicht immer das ganze Projekt durchschauen. Viele haben ja Angst, dass ich ein Mitspracherecht einfordere.

Sie wollen also kein Mitspracherecht?

Überhaupt nicht. Ich habe weder Zeit noch Lust dazu, einen Fußballverein mitzuregieren. Niemand braucht sich sorgen, dass ich mitreden will.

Am Dienstag findet die außerordentliche Mitgliederversammlung statt, auf der offene Fragen über Anstoß³ beantwortet werden sollen. Was würden Sie den Fans in einer Begrüßungsrede sagen?

Ich würde den Mitgliedern gerne einen Vorschlag machen: Ich stelle noch mal einen größeren Betrag zur Verfügung, aber nur, wenn alle Mitglieder zusammen den gleichen Betrag aufbringen.

Normalerweise sollte ein Bundesligaverein genügend Geld für neue Spieler selbst aufbringen können.

Das stimmt natürlich, wobei es immer eine Gratwanderung zwischen Anspruch und Wirklichkeit gibt. Aber ich habe ehrlich gesagt keinen Überblick über die Bilanzen des HSV.

Sind Sie überhaupt eingeweiht, was mit Ihrem Geld gemacht werden soll?

Die Abmachung ist, dass mein gesamtes Investment in neue Spieler und Vertragsverlängerungen fließt. Und ich gehe auch davon aus, dass diese Vereinbarung eingehalten wird.

Einer der Hauptkritikpunkte am Vertragswerk ist, dass die 2,5 Millionen Euro für die Aogo-Rechte im abgelaufenen Geschäftsjahr verbucht und somit nicht für neue Spieler ausgegeben werden sollten.

Hier hat der HSV wohl Vorsorge treffen wollen, dass auf jeden Fall für das abgelaufene Jahr ein Gewinn ausgewiesen wird. In der Wirtschaft ein durchaus üblicher Vorgang. Ganz ehrlich: Ich habe darüber gar nicht so nachgedacht.

Noch einmal nachgefragt: Wurden Sie darüber informiert, was mit Ihren nicht zweckmäßig gebundenen 7,5 Millionen Euro gemacht wird?

Ich kann mich nur wiederholen: Die Abmachung ist, dass mein Geld in Transfers und Vertragsverlängerungen gesteckt wird - das ganze Geld. 22,5 Millionen Euro will der HSV für Neuzugänge ausgeben, davon übernehme ich zunächst ein Drittel, rechnet man die 7,5 Millionen für die Anteile von Jansen, Aogo und Guerrero hinzu, wären es sogar zwei Drittel. Das halte ich für ein gesundes Mischverhältnis.

Im Vertrag heißt es, dass Ihr finanzielles Engagement gekürzt werden würde, wenn kein Mittelfeldspieler von internationalem Format gekauft wird. Was ist für Sie ein Mittelfeldspieler von internationalem Format?

Man hat mir immer wieder versichert, dass ein wichtiger Neuzugang ein Mittelfeldspieler sein muss. Mir wurde eine Liste mit Spielern vorgelegt, von denen es heißt, dass sie den HSV entscheidend voranbringen könnten.

Wer könnte das sein?

Wie bereits erwähnt hatte ja alles mit Rafael van der Vaart begonnen. Den wollte ich auch unbedingt schon in der vergangenen Saison zum HSV holen, aber leider war Trainer Bruno Labbadia immer dagegen. Da van der Vaart nun leider nicht mehr auf dem Markt ist, muss es schon ein vergleichbar starker Spieler sein. Ibrahim Afellay wäre so ein Spielertyp. Auch die Verpflichtung Michael Ballacks wurde diskutiert, aber daran habe ich nie so wirklich geglaubt.

Sie haben eine Liste mit elf Spielern abgesegnet, deren Verpflichtung Sie finanziell unterstützen würden. Nach welchen Kriterien wurden die Spieler ausgesucht?

Zunächst habe ich mich mit Urs Siegenthaler unterhalten, der diese Liste zusammengestellt hat. Ich vertraue seiner Expertise. Für mich kann es nur einen geben, der das Sagen im Bereich Spielerverpflichtungen, Scouting und Nachwuchs hat. Über Bastian Reinhardt kann ich nicht viel sagen, weil ich ihn nicht kenne. Aber der wahre Sportdirektor beim HSV ist Siegenthaler.

Würden Sie es befürworten, wenn andere Hamburger Ihrem Beispiel folgen?

Natürlich. Eigentlich ist es mir auch gar nicht recht, dass ich als Einzelperson an dieser Sache beteiligt bin.

Wissen Sie von aktuellen Gesprächen?

Aktuell gibt es meines Wissens nach keine Gespräche. Es gab eine Gruppe von Interessenten, von denen nur ich übrig geblieben bin. Nun bin ich gespannt, was aus unserem Projekt wird.