Der HSV hatte angekündigt, notfalls auch mal hässlich gewinnen zu wollen. Beim 1:0-Sieg in Kaiserslautern hat die Fink-Elf Wort gehalten.

Kaiserslautern/Hamburg. Als Heiko Westermann, Dennis Aogo und Mladen Petric gestern Morgen den Kabinentrakt verließen, war das Dauergrinsen aus den Gesichtern des HSV-Trios noch immer nicht verschwunden. Fröhlich schrieben die Hamburger noch vor dem um 10 Uhr angesetzten Regenerationstraining erste Autogramme, ehe sie zum Rasenplatz hinter der Imtech-Arena trabten, wo sie von mehr als 100 Fans mit Beifall empfangen wurden. "Das war super, Jungs", rief ein Anhänger, Kurzhaarschnitt, zwei Ohrringe, HSV-Trainingsjacke, Aogo zu. Westermann wurde ein lautstarkes "Klasse, Heiko!" mit auf dem Weg gegeben. "Wir sind erst um 4 Uhr nachts aus Kaiserslautern zurückgekommen, aber wir wollten hier am Trainingsplatz noch mal Flagge zeigen", sagte Fan-Vorsänger Jojo Liebnau, der die übermüdeten, aber glücklichen Anhänger über Facebook zur morgendlichen Spontanfeier beordert hatte.

Knapp 17 Stunden zuvor, direkt nach dem so wichtigen 1:0-Sieg des HSV in Kaiserslautern, herrschte bei den Protagonisten noch die große Erleichterung statt ausgelassener Jubelstimmung vor. "Natürlich sind wir alle sehr erleichtert", sagte Westermann direkt nach dem Schlusspfiff, "es ist die Bestätigung, dass wir doch noch Fußball spielen können." Dass weder der HSV noch der 1. FC Kaiserslautern fußballerisch überzeugen konnte, war zumindest den Hamburgern egal. "Niemand konnte einen Leckerbissen erwarten. Es war kein schönes Spiel, aber ein wichtiges", sagte Aogo, dem man die Intensität der Partie direkt ansah. Die Wange des Linksverteidigers war blutunterlaufen und auf Tennisballgröße angeschwollen, was Aogo nur ein Lächeln abrang: "Es war ein Ellenbogenschlag in der ersten Halbzeit, aber das ist jetzt völlig egal."

+++ Endlich über den Berg? +++

Dass weder Aogo noch Dennis Diekmeier, der mit einem schmerzhaften Teilanriss von zwei Bändern im rechten Sprunggelenk zum Mannschaftsbus humpelte, über ihre Verletzungen lamentierten, lag in erster Linie an einem überlegten Gewaltschuss Marcell Jansens, der einen abgeblockten Versuch Ivo Ilicevics zum Tor des Tages verwerten konnte (28.). "Wir haben den Kampf angenommen. Wenn man bedenkt, dass wir das Messer am Hals hatten, dann war das zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung", sagte Jansen, der sich einen sofortigen Blick auf die Tabelle nach dem Schlusspfiff nicht verkneifen konnte.

+++ Spielerkritik: Ilicevic ging durch die Hölle, Jarolim sogar am Flughafen voran +++

Tatsächlich konnte der erste Sieg nach anderthalb Monaten lediglich für ein kurzes Durchschnaufen im Abstiegskampf sorgen, da direkte Konkurrenten ähnlich erfolgreich waren. Der FC Augsburg siegte gegen Köln, der SC Freiburg in Leverkusen und Mainz 05 in Bremen. "Unser Sieg wird uns Selbstvertrauen für unsere restlichen Spiele geben", sagt Trainer Thorsten Fink, "wir haben gezeigt, dass wir Abstiegskampf können." Unausgesprochen blieb, dass vor allem aber Kaiserslautern gezeigt hat, dass die roten Teufel eben keinen Abstiegskampf können.

+++ Kommentar: Nur die Fans verdienen Lob +++

Und plötzlich war er wieder da. Der anfangs so selbstbewusste Trainer, dem nach sechs sieglosen Spielen in Folge zuletzt sogar Ahnungslosigkeit vorgeworfen wurde, ließ es sich nicht nehmen, in der Stunde des Erfolgs zum verbalen Gegenschlag auszuholen. "Die Situation ist weiter prekär. Damit auch jeder kapiert, dass auch ich es kapiert habe", sagte Fink, "aber anscheinend haben wir in der vergangenen Woche alles richtig gemacht." Tatsächlich durfte der Coach seine Entscheidungen, weiter im Sturm auf Marcus Berg, in der Abwehr auf Michael Mancienne und im zentralen Mittelfeld auf Gojko Kacar gesetzt zu haben, genauso als spielentscheidend hervorheben wie die Maßnahme, den zuletzt formschwachen Jeffrey Bruma in Hamburg zu lassen.

Wirklich gefordert ist Fink in dieser Woche, wenn es gilt, die Ausfälle von Diekmeier, der drei Wochen fehlen wird, und dem gelbgesperrten Kacar, vergessen zu machen. "Wenn man lange nicht gewinnt, dann zweifelt man an sich selbst. Meine Mannschaft braucht aber nicht zu zweifeln, dafür haben wir zu viel Qualität", sagte der 44-Jährige, dessen Worte am Ostersonntag (17.30 Uhr) im Spiel gegen Leverkusen überprüft werden können - eine weitere Spontanfeier im Anschluss nicht ausgeschlossen.

Die Analyse von HSV-Experte Dieter Matz und Lotto King Karl im Video:

Die Statistik

Kaiserslautern: Sippel - Dick, Yahia (80. Abel), Rodnei, Bugera - Borysiuk - Sahan, Tiffert, De Wit (75. Sukuta-Pasu), Derstroff (65. Fortounis) - Wagner. - Trainer: Balakov

Hamburg: Drobny - Diekmeier (46. Sala), Mancienne, Westermann, Aogo - Kacar, Jarolim - Ilicevic (90.+2 Rajkovic), Jansen - Berg, Petric (80. Son). - Trainer: Fink

Schiedsrichter: Thorsten Kinhöfer (Herne)

Tor: 0:1 Jansen (29.)

Zuschauer: 44.745

Beste Spieler: De Wit - Drobny, Ilicevic

Gelbe Karten: Sahan (5), Bugera (4), Yahia, Fortounis (3) - Jarolim (6), Kacar (5)

Torschüsse: 18:13

Ecken: 10:5

Ballbesitz: 53:47 Prozent