Mentalcoach Olaf Kortmann empfiehlt dem Peruaner Training für den Kopf. DFB-Sportgericht bestätigt Sperre für Guerrero über acht Spiele.

Hamburg. Am Dienstagnachmittag durfte Paolo Guerrero endlich wieder das machen, was er am liebsten macht: einfach nur Fußball spielen. Der Peruaner schien die zweistündige Einheit bei strahlendem Sonnenschein auf dem Trainingsplatz hinter der Imtech-Arena so richtig zu genießen. Hier musste er nicht noch mal sein rüdes Foul gegen Stuttgarts Sven Ulreich kommentieren, nicht sein Innerstes nach Außen kehren und schon gar keine mehr oder weniger ernst gemeinten Entschuldigungen aussprechen. Der sensible Südamerikaner durfte das machen, was er laut DFB-Sportgericht, das dem Antrag des Kontrollausschusses gefolgt war, in den kommenden sieben Wochen in Ligaspielen bleiben lassen muss: Fußball spielen.

Nur gegen den Ball zu treten, wird für den umstrittenen Stürmerstar langfristig aber nicht genügen. Das glaubt zumindest Mentalcoach Olaf Kortmann, der sich im vergangenen Jahr als Kandidat für den HSV-Aufsichtsrat beworben hatte. "Paolo Guerrero zeigt unter Stress sehr extreme Verhaltensweisen, die zudem auch andere schädigen. Er braucht professionelle Unterstützung", sagt Kortmann, der erfolgreich in Hamburg als Unternehmensberater, Mentaltrainer und Trainercoach arbeitet. "Guerrero hat offenbar keine Selbstregulationskompetenz. Die braucht man aber als Athlet, um Erfolg zu haben. Ein Profi muss immer verhindern, anderen Schaden zuzufügen, Paolo Guerrero kann das nicht von sich behaupten", sagt Kortmann, der ein mentales Coaching empfiehlt: "Man kann Verhaltenstechniken erlernen, in dem man Situationen kreiert, in denen man sich normalerweise ungerecht behandelt fühlt."

Wichtigste Voraussetzung für den Erfolg eines derartigen Trainings ist laut Kortmann der eigene Wille des Spielers. "Paolo muss lernen, sich zu fokussieren, er braucht ein Stimmungsmanagement, muss seine Gefühle regulieren. Vor allem muss er aber akzeptieren, sich helfen zu lassen."

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HSV-Trainer Thorsten Fink, der bestätigte, dass der Verein trotz Unverständnis über das DFB-Urteil keinen Einspruch gegen die Acht-Spiele-Sperre einlegen wird, will seinen Schützling dabei unterstützen: "Natürlich werde ich nun viel mit ihm reden. Wir alle müssen ihm jetzt auch helfen." Ähnlich wie Sportchef Frank Arnesen kritisierte Fink das seiner Meinung nach unangemessene Strafmaß: "Ich habe das Gefühl, dass man an Guerrero ein Exempel statuieren will. Vielleicht liegt es auch daran, dass Paolo nicht so lieb aussieht wie der eine oder andere Fußballer."

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Dass Guerrero grundsätzlich bereit ist, sich auch psychologisch helfen zu lassen, hat der 27-Jährige bereits in der Vergangenheit bewiesen. Nachdem sich der im Privatleben eher introvertierte Fußballer im September 2009 das Kreuzband gerissen hatte, ließ er sich wegen Depressionen behandeln. Er habe Hilfe gebraucht, um sein eigenes Gleichgewicht wiederzufinden, erklärte Guerrero später.

Zumindest juristisch scheint der HSV-Profi auf keine externe Hilfe angewiesen zu sein. Nach seinem Flaschenwurf im September 2010 wurde er zwar vom Amtsgericht Altona wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldbuße in Höhe von 100 000 Euro und zu einer Bewährungsfrist von zwei Jahren verurteilt. Allerdings dürfte die damalige Bewährungsstrafe auf das aktuelle Verfahren wegen des Fouls gegen Ulreich keine Auswirkung haben, da sich diesmal nur die Sportgerichtsbarkeit mit dem Fall beschäftigt.