Christoph Daum outete sich vor dem 2:1-Sieg der Hamburger gegen den FC Brügge als Fan seines Trainerkollegen und guten Freundes Thorsten Fink.

Marbella. Ein simpler Handschlag reichte natürlich nicht aus. Als sich Christoph Daum und Thorsten Fink am vergangenen Donnerstag erstmals in Marbella über den Weg liefen, umarmten sich die beiden Fußballlehrer so leidenschaftlich, dass deren Ehefrauen in der Heimat berechtigten Grund zur Eifersucht gehabt hätten. "Thorsten und ich sind seit Jahren eng befreundet", erklärt Daum, "wir waren sogar schon mehrfach gemeinsam im Urlaub auf Mallorca." Und weil Daum mit dem FC Brügge noch bis morgen auf der Anlage des Marbella Football Centers nur wenige Meter von Fink und dem HSV entfernt trainiert, war es nur logisch, dass die beiden ein echtes Freundschaftsspiel vereinbarten, das der HSV gestern Abend mit 2:1 (Tore: Petric (49., Sala (86.) gewann .

Viel wichtiger als das Ergebnis waren den beiden Trainern aber die Erkenntnisse, die sie aus dem Test gewinnen konnten. Was den HSV betrifft, hat sich Daum ohnehin längst eine ganz eigene Meinung gebildet. "Mittelfristig wird der HSV wieder europäisch spielen", sagt der 58-Jährige, "Thorsten hat der Mannschaft nach dem holprigen Start neues Leben eingehaucht. Er ist ein echter Glücksfall für den HSV."

Daum meint, was er sagt. Das war schon immer so. Mehrfach war er selbst in Hamburg als Trainer im Gespräch, zuletzt nach der Entlassung von Finks Vorgänger Michael Oenning. Vielleicht ist auch das der Grund, warum der gebürtige Zwickauer den HSV auch aus der Ferne ganz genau beobachtet. Und was Daum in den vergangenen Wochen gesehen hat, gefällt ihm. "Der HSV kann nicht mehr so aus dem Vollen schöpfen wie noch vor ein paar Jahren, aber die harte Konsolidierungsphase scheint nun vorbei zu sein", sagt er, "in absehbarer Zeit wird der HSV wieder ganz oben angreifen können."

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Es verwundert nur wenig, dass Daum neben Freund Fink, den er vor Jahren sogar mal als Assistenten in sein Trainerteam einbinden wollte, Sportchef Frank Arnesen als größtes Plus des HSV ausgemacht hat. Die beiden Fußballentscheider kennen sich bereits seit Mitte der Achtzigerjahre, als Trainerdebütant Daum den nur drei Jahre jüngeren Arnesen im Herbst seiner Karriere als Spieler zum 1. FC Köln locken wollte. "Es hat damals leider nicht geklappt, aber der Kontakt zwischen uns ist nie abgerissen", sagt Daum, der Arnesen in dessen Chelsea-Zeit auch mal eine Woche lang in London besucht hat.

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Nachdem sich der Däne aber im Oktober für Fink als Nachfolger Oennings entschied, war Daum nicht lange enttäuscht: "Thorsten dachte bereits als Spieler wie ein Trainer. Er wird seinen Weg machen." Nur einen Monat später unterschrieb er selbst einen neuen Vertrag, seinen 13. in seiner Trainerlaufbahn. Beim FC Brügge hat ihn weniger die fußballerische ("in der Bundesliga würden wir zwischen Platz zwölf und 15 spielen") als viel mehr die Lebensqualität überzeugt. Mit Ehefrau Angelica wohnt er nur einen Freistoß entfernt vom berühmten Glockenturm Belfried mitten in der Altstadt. "Brüssel ist wunderschön. Man fühlt sich wie in einer Puppenstube", sagt Daum, der besonders die kulinarischen Vorzüge von Belgiens Hauptstadt anpreist: "Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es eine so große Dichte von Sternerestaurants."

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Die Enttäuschung nach dem Abstieg Eintracht Frankfurts, den Daum als Feuerwehrmann im vergangenen Jahr nicht verhindern konnte, scheint der Mann mit dem markanten Schnurrbart und dem Mittelscheitel überwunden zu haben. Wie in seinen besten Jahren, als er mit Köln, Stuttgart und Bayer Leverkusen jeweils um die Meisterschaft spielte, redet Daum ohne Punkt und Komma. Wer dem Coach zuhört, der bekommt schnell die Gewissheit, dass Brügge nicht seine letzte Station ist. Gerne würde Daum noch mal eine Nationalmannschaft bei einer EM oder einer WM trainieren, sein Traum bleibt aber ein Engagement in der englischen Premier League. Im vergangenen Jahr hat er sogar versucht, auf der Insel ein paar Kontakte zu knüpfen, blieb in seinem Vorhaben aber erfolglos: "Als Trainer bekommt man in England nur sehr schwer einen Fuß in die Tür."

Für den FC Brügge will er aber zunächst einmal die Tür zur belgischen Meisterschaft öffnen. Helfen soll ihm dabei mit Vadis Odjidja-Ofoe ein Ex-Hamburger, der nach einem überragenden Jahr in der belgischen Jupiter League schon wieder auf dem Sprung zu einem Top-Klub stehen soll. "Belgien ist ein Abgeberland, damit muss man sich arrangieren", sagt Daum, für den das Gleiche gilt. Die nächste Trainerstation kommt bestimmt.