Vorbereitungsstart in Marbella für das Team von Thorsten Fink. Für den dienstältesten Hamburger Profi wird es das finale HSV-Trainingslager.

Marbella. Per Skjelbred darf sich in den kommenden sieben Nächten auf etwas gefasst machen. Der Mittelfeldmann muss sich im Wintertrainingslager des HSV im traumhaft gelegenen Guadalpin Banus Hotel in Marbella mit David Jarolim ein Zimmer teilen. Ein Zimmerpartner, der an sich noch keinen Schrecken verbreiten mag, könnte man meinen. Wäre da nicht eine entscheidende Kleinigkeit, die dem Norweger vor dem Bezug der Zimmer am Mittag niemand verraten wollte: "Ich bin ein echter Schnarcher. In den letzten Trainingslagern hatte ich sogar ein Einzelzimmer", berichtet Jarolim mit einem Schmunzeln.

Schnarchen hin oder her, Jarolim hat sich vorgenommen, die acht Tage in Andalusien zu genießen. Für den Tschechen ist es das zwölfte HSV-Trainingslager - und mit großer Sicherheit sein letztes. "Im Fußball sollte man niemals nie sagen, aber derzeit sieht es wohl so aus", sagt Jarolim. In neun Jahren beim HSV hat der dienstälteste Hamburger neun Chef- und drei Interimstrainer erlebt, drei Sportchefs und mindestens viermal so viele Fast-Sportchefs, sowie Trainingslager in so ziemlich allen Teilen Europas und sogar darüber hinaus. "Mein schönstes Trainingslager war unser erster Trip nach Dubai. Ich bin zuvor noch nie in so einer Stadt gewesen, fand das alles sehr spannend", sagt Jarolim, bei dem fast so etwas wie Wehmut auf seiner wohl letzten HSV-Dienstreise aufkommt: "Wenn man so lange wie ich bei nur einem Verein gespielt hat, hat man die Raute im Herzen. Mir fällt es schwer, nur darüber nachzudenken, früher oder später für einen anderen Klub zu spielen."

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Dabei weiß Jarolim, dass er eher früher als später seine Sachen packen wird. Nicht, weil sie ihn beim HSV nicht mehr haben wollen. Sondern, weil er ganz einfach das machen möchte, was er vor dieser Saison in acht Jahren in Hamburg so viel wie kein anderer gemacht hat: Fußball spielen. Beim HSV war es seit der Saison 2003/2004 eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass die vielen Trainer, die kamen und gingen, zunächst nicht wirklich von Jarolims Qualitäten überzeugt waren, am Ende aber immer auf seine Dienste setzten - bis zu dieser Saison. Gerade mal vier Spiele von Anfang an ließen Trainer Thorsten Fink und Vorgänger Michael Oenning den 32-Jährigen ran. Zu wenig für Jarolims hohe Ansprüche an sich selbst. "Für mich war es in der Hinrunde sehr hart, nur auf der Bank zu sitzen und nicht auf dem Platz helfen zu dürfen", sagt der frühere Nationalspieler, "so eine Situation habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt, und ich will so etwas auch nie wieder erleben."

In einem Vieraugengespräch bot Sportchef Frank Arnesen dem verdienten Ex-Kapitän an, ihn bei einem entsprechenden Angebot ablösefrei im Winter ziehen zu lassen. "Wir werden ihm keine Steine in den Weg legen", sagt Arnesen, der aber noch nichts von einem konkreten Angebot gehört haben will. "Ich möchte auch nicht zu irgendeinem Klub wechseln. Es muss vor allem mit der Familie passen, und auch die Liga sollte reizvoll sein", sagt Jarolim, der Offerten aus Russland und zuletzt aus Saudi-Arabien ausschlug. Vater Karel wollte seinen Sohn zum Wüstenklub Al-Ahli lotsen, was dieser ablehnte. "Ich muss an meine Tochter und meine Frau denken. Sie sollen sich genauso wohlfühlen wie ich", sagt Jarolim, der beinahe täglich über neue Angebote mit Berater Gordon Stipic spricht. Wenn der richtige Klub anfragt, soll alles ganz schnell gehen.

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Bevor es so weit ist, will Jarolim sein letztes HSV-Trainingslager erst mal genießen. Für Abwechslung sollen ein paar Bücher und sein Laptop sorgen, mit dem er über Skype täglich mit seinen Liebsten telefonieren will. Und wie üblich hat der Fitnessjunkie die Feiertage genutzt, um an seiner Kondition zu arbeiten. "Ich brauche das, um mich gut zu fühlen", sagt Jarolim, der auf die Frage, welcher HSV-Trainer ihn in den zahlreichen Trainingslagern am meisten gefordert hätte, eine überraschende Antwort parat hat: Manfred Düring, der frühere Athletiktrainer, habe das härteste Training aller HSV-Trainer geleitet. Der lockere Aufgalopp gestern auf dem 15 Busminuten vom Hotel entfernten Rasenplatz war dagegen fast schon eine Entspannungseinheit. Gut und vor allem tief schlafen dürfte Jarolim, der vor dem Abflug nach Spanien um vier Uhr aufstehen musste, aber trotzdem.

Bilder vom HSV-Trainingslager in Marbella unter www.abendblatt.de/hsv-marbella