Ricardo Moniz, der neue Cheftrainer beim HSV, packt im Training spezielle Kleinigkeiten an. Auch die Blutgrätsche setzt er schon mal ein.

Hamburg. Er wirkt ein wenig gehetzt. Selbst die Markierungshütchen und Leibchen verteilt er in seiner zweiten Einheit als Cheftrainer im Laufschritt. Ricardo Moniz zählt nicht zu den Menschen, die lange zusehen, geschweige denn geduldig abwarten. Er macht es lieber selbst. Und zwar schnell - wie im gestrigen Training. "Ich bin mit harter Arbeit aufgewachsen", hatte der ehemalige Techniktrainer des HSV bei seinem Amtsantritt im Juli 2008 gesagt. "Die leiste ich - und die verlange ich auch. Wer nicht mitzieht, dem sage ich das." Natürlich ebenfalls sofort.

Moniz, der seit Montag den beurlaubten Bruno Labbadia als Cheftrainer beim HSV ersetzt, hat gerade einmal 17 Tage, eine ganze Saison zu retten. Schon deshalb mag der 45-jährige frühere Profi keine Zeit verlieren.

Ricardo Moniz kommt an. Und er vermittelt Aufbruchstimmung. Er weiß, dass er zu wenig Zeit hat, alle Missstände abzustellen. Aber er hat mit der Mannschaft einen gemeinsamen Nenner gefunden: Er beschränkt sich auf sein Fachgebiet, das Fußballerische. "Niemand ist so fußballverrückt wie Ricardo", sagt Mladen Petric, der schon einmal vor zehn Jahren als 18-Jähriger bei den Grasshoppers Zürich mit dem Niederländer zusammenarbeitete. "Er liebt Fußball, er lebt den Fußball - er ist Fußball", lobt Dennis Aogo, "er ist so ehrlich, dass es schon mal dem einen oder anderen weht tat. Aber inzwischen weiß jeder, dass seine Härte einen weiterbringt. Wenn man ihm zuhört."

Im Trainingsspiel setzt er auch schon mal die Blutgrätsche ein

Und dazu scheint die Mannschaft tatsächlich bereit. Denn Moniz ist anders. Statt sich wie Labbadia bis ins Detail um alle Themen rund um die Mannschaft zu sorgen, beschränkt sich der Trainer mit der kurzen Amtszeit auf die letzten drei oder möglicherweise auch vier Spiele - sollte das Europa-League-Finale tatsächlich erreicht werden. "Er krempelt nicht alles um", sagt Petric, "aber er packt spezielle Kleinigkeiten an." Vor allem im Training. Als einmal Außenstürmer Jonathan Pitroipa mit Tempo auf einen Gegenspieler zulief, feuerte ihn Moniz ungewohnt martialisch ("Kill him") an. Einfache Ballverluste wurden sofort mit einer Spielunterbrechung samt kurzer Rüge bestraft. Und nichts davon dauerte länger als ein paar Sekunden.

Im einen oder anderen Trainingsspiel, in dem er als Spieler aushalf, setzte er auch gern mal die Blutgrätsche ein. Eine Abstrafung, die ankommt. "Es tut schon mal richtig weh, seine Kritik ist immer extrem direkt - aber sehr gut", sagt Aogo, und Petric ergänzt: "Ricardo Moniz weiß schon ganz genau, wann was nötig ist. Das wissen wir Spieler inzwischen alle. Wir haben mitgekommen, wie der abgeht auf dem Platz. Und wir alle wissen: wenn er einen umhaut, dann war es auch nötig."

Deshalb war den nötigen Einzelgesprächen vor dem Halbfinal-Rückspiel in Fulham (Donnerstag, 21.05 Uhr, auf abendblatt.de im Live-Ticker) eine Antrittsrede vorausgegangen, die kurz, aber prägnant war. Anders als bei Labbadia, der ähnliche Inhalte in oft langatmige Reden einstrickte. "Und das kam in der Mannschaft an", freut sich Petric, "ich glaube, solche Wechsel bewirken in jeder Mannschaft etwas."

Weil sie wenigstens kurzfristig die angespannte Stimmung auflockern. Über die Sprüche darf jetzt im Training auch mal gelacht werden. Vor allem aber setzt Moniz, der nach der Saison zu Red Bull wechseln wird, auf Aggressivität. Im Training ließ er seine erste Elf (Rost - Demel, Boateng, Mathijsen, Aogo - Jarolim, Zé Roberto - Tesche, Pitroipa - Petric und van Nistelrooy oder Guerrero) gegen die B-Elf spielen, die die Spielart Fulhams imitieren sollte. Und als David Rozehnal wiederholt zu härterem Zweikampfverhalten und langen Pässen aufgefordert wurde, dies jedoch nicht umsetzte, kam, was kommen musste: Ein Sprint Moniz' bis einen Meter vor dessen Füße und danach die lautstarke Ansage: "Mach das jetzt. Wir haben hier keine Zeit mehr."