Trainer Bruno Labbadias neue Defensivtaktik ging nicht auf - Mladen Petric und Piotr Trochowski trafen beim 2:3, Guy Demel flog vom Platz.

Eindhoven. Knapp sechs lange Minuten musste Bruno Labbadia zittern, dann hatte Schiedsrichter Michael Leslie Dean ein Einsehen mit dem HSV-Trainer. Nach fast 96 packenden Minuten pfiff der Engländer einen denkwürdigen Europacup-Abend ab, über den wohl nicht nur in Hamburg noch lange gesprochen werden dürfte. Zwar verlor der HSV verdient mit 2:3 gegen den PSV Eindhoven, durfte sich nach dem 1:0 im Hinspiel aber trotzdem über das Erreichen des Achtelfinals gegen den RSC Anderlecht freuen. Neben den knapp 2000 lautstark feiernden HSV-Fans erhoben sich auch die restlichen 30 000 Zuschauer von ihren Plätzen und spendeten den abgekämpften Gladiatoren auf beiden Seiten den verdienten Applaus. Fünf Tore, zwei Platzverweise und ein Elfmeter - viel mehr Fußball geht nicht.

Dabei sah es noch vor der Partie alles andere als nach einem Fußballfest aus. Kurz vor dem Anpfiff hatte Bruno Labbadia seine Profis nachdrücklich an ihre defensiven Pflichten erinnert. "Wir müssen zunächst einmal hinten sicher stehen", hatte der ansonsten eher offensiv denkende HSV-Trainer betont und seine Worte mit einer ungewohnt defensiven 4-3-2-1-Taktik untermauert. Allerdings hielt das neue HSV-Bollwerk gerade mal handgestoppte 79 Sekunden, ehe Eindhovens Toivonen Hamburgs erste Abwehrunsicherheit eiskalt bestrafte. Somit waren Labbadias taktische Überlegungen nach nicht einmal zwei Minuten Geschichte.

Entsetzt verfolgten die HSV-Fans, wie ihr Klub in nur wenigen Minuten auch die letzte realistische Titelmöglichkeit in dieser Saison zu verspielen drohte. Während die Mannschaft von PSV-Coach Fred Rutten zu spielerischer Höchstform auflief, lief im Hamburger Spiel wenig bis gar nichts zusammen. Immer wieder schrie Labbadia seinen Profis vom Spielfeldrand taktische Anweisungen zu, die im stimmungsvollen Philips Stadion aber nur selten einen Empfänger fanden. Ganz im Gegenteil: Alleine Frank Rost verhinderte bis kurz vor Pause einen höheren Rückstand. Als allerdings Eindhovens Dzsudzsak kurz vor der Pause aus 30 Metern per Freistoß traf, war auch Rost machtlos - Petric hatte den Gewaltschuss unhaltbar abgefälscht. Der Traum vom Heimfinale am 12. Mai schien geplatzt.

Was den elf Hamburgern in 45 Minuten nicht gelingen wollte, schaffte Petric in der zweiten Halbzeit nach nicht einmal 45 Sekunden. Nach einer sehenswerten Vorarbeit Piotr Trochowskis vollendete der Kroate den ersten echten HSV-Angriff zum 1:2. Plötzlich war der HSV wieder in der nächsten Runde. Und das Fußballfest sollte jetzt erst so richtig beginnen. Zunächst schickte Mr. Dean den überragenden Dzsudzsak vom Platz (57.). Der Vorteil hielt allerdings nur bis zur 74. Minute, in der Guy Demel seinem vorherigen Gegenspieler mit Ampelkarte folgte. Labbadia reagierte, wechselte Mladen Petric aus und brachte Jerome Boateng. Eigentlich für die Defensive, doch Boateng "rebellierte" und wurde nur eine Minute später im PSV-Sechzehner gefoult. Piotr Trochowski verwandelte den Strafstoß ebenso sicher, wie sich die HSV-Anhänger und Spieler nach dem 2:2 im Achtelfinale wähnten. Bis Koevermans per Kopf zum 3:2 (90.) erneut Hochspannung erzeugte. Noch einmal mussten alle Hamburger zittern, dann wurden sie vom Schlusspfiff erlöst und durften die schönste Niederlage des Jahres feiern.

PSV: Isaksson - Manolev (25. Ooijer), Pieters, Rodriguez (ab 80. Koevermans), Salcido - Engelaar - Lazovic, Bakkal (ab 72. Labyad), Afellay, Dzsudzsak - Toivonen.

HSV: Rost - Demel, Rozehnal, Mathijsen, Aogo - Tesche (ab 46. Pitroipa), Zé Roberto, Jarolim - Trochowski (ab 89. Berg), Elia - Petric (ab 77. Boateng).

Tore: 1:0 Toivonen (2.), 2:0 Dzsudzsak (43.), 2:1 Petric (46.), 2:2 Trochowski (79./Foulelfmeter), 3:2 Koevermans (90.). Schiedsrichter: Dean (England). Zuschauer: 32 000. Gelb: Toivonen, Engelaar, Dzsudzsak, Salcido, Ooijer, Koevermans - Tesche, Rincon, Mathijsen, Demel. Rot: Dzsudzsak (57./Tätlichkeit). Gelb-Rot: Demel (74./wiederholtes Foulspiel)