HSV-Boss Bernd Hoffmann eifert dem PSV Eindhoven schon lange nach. Mit Urs Siegenthaler soll dieser Weg nun fortgeführt werden.

Eindhoven. Es ist nicht einfach, Bernd Hoffmann zu beeindrucken, aber Frank Arnesen hat es zweifellos geschafft. Der dänische Fußballfachmann hatte dem Hamburger Vorstandschef die Scouting- und Nachwuchsabteilungen des PSV Eindhoven detailliert vorgestellt und großes Lob geerntet. Als "Trüffelschwein im internationalen Scouting" bezeichnete Hoffmann die Sichtungsabteilung nach seinem Ortstermin.

Mehr als sechs Jahre ist dieser Kurzbesuch her. Und obwohl der damalige Gastgeber mittlerweile als Chefanalytiker und Sportdirektor zum FC Chelsea in die Premier League gewechselt ist, hat sich an Hoffmanns Begeisterung für Eindhovens Strukturen nur wenig geändert: "Der PSV schafft es immer noch ausgezeichnet, den internationalen Markt im Auge zu behalten und gleichzeitig die eigenen Talente zu fördern." Ein Zustand, den Hoffmann mit Hilfe von Urs Siegenthaler auch beim HSV schnellstmöglich erreichen will. Ab Sommer wird der derzeitige DFB-Chefscout in Hamburg seinen Job als neuer HSV-Sportchef antreten und soll das schaffen, was Eindhoven nach Hoffmanns Meinung seit Jahren praktiziert: erfolgreiches Scouting und nachhaltige Nachwuchsarbeit.

Tatsächlich gilt Eindhoven in Fachkreisen schon lange als vorbildlich. Besonders in Südamerika hat sich PSV bereits vor Jahren einen erstklassigen Ruf erworben. Spätere Superstars wie Ronaldo, Romario oder auch Schalkes Jefferson Farfan wurden vom ehemaligen Chefscout Piet de Visser (heute ebenfalls Chelsea) früh gesichtet und konnten in der niederländischen Eredivisie erste Gehversuche in Europa ohne den Druck einer Topliga machen.

Als aber Europas Spitzenvereine immer mehr Geld in ihr weltweites Scouting steckten, änderten Eindhovens Verantwortliche nach dem Einzug ins Halbfinale der Champions League 2005 ihre Vereinspolitik. Das eingenommene Geld wurde zu großen Teilen in das moderne Vereinsgelände außerhalb Eindhovens gesteckt, die Sichtung im unmittelbaren Umkreis Eindhovens bis hin zur belgischen Grenze intensiviert. Talentierte Nachwuchskräfte werden beispielsweise täglich mit dem Bus aus dem Nachbarland abgeholt und zum Training gebracht. Statt auf Jungprofis aus der Ferne will man zukünftig auf Talente aus der eigenen Region setzen. Ein Geschäftsmodell, das sich Hoffmann auch für den HSV wünscht: "Der südamerikanische Markt soll für uns in Zukunft nur noch zweite Priorität haben. Gut auskennen wollen wir uns in Skandinavien, den Beneluxstaaten und natürlich Deutschland".

Mit den Nationalspielern Otman Bakkal (24), der als Elfjähriger vom PSV entdeckt wurde, und Ibrahim Afellay (23), der mit 13 Jahren nach Eindhoven kam, werden heute Abend gleich zwei Leistungsträger gegen den HSV in der Startelf auflaufen, die in Eindhovens eigener Jugend ausgebildet wurden. Der gerade mal 16-jährige Zakaria Labyad, eins der aktuell größten Talente der Eredivisie, soll auf der Bank Platz nehmen. "Es bringt einfach Spaß, auf junge Leute aus den eigenen Reihen zu setzten", sagt Trainer Fred Rutten, der die neue Vereinsphilosophie schnell verinnerlicht hat. Eine Philosophie, die bald auch für den HSV gelten soll.