Der ehemalige Schalke-Trainer gilt als einer der Kandidaten auf die Jol-Nachfolge. Er hatte sich bereits früher als HSV-Fan geoutet.

Hamburg. Gehört hatte er gerade davon. Und er war sehr überrascht. "Ich mag die Art von Martin Jol, niemand konnte seinen plötzlichen Wechsel zu Ajax Amsterdam erwarten", kommentierte Mirko Slomka gestern Mittag den Abschied seines Trainer-Kollegen aus Hamburg, "ich finde das sehr schade."

Und das, obwohl der Weggang des Niederländers dem noch immer auf der Suche befindlichen ehemaligen Trainer von Schalke 04 das Traumblatt in die Hand gespielt hat. Schließlich ist seine Einstellung zu Hamburg bekannt. Am 31. Januar hatte sich Slomka in einem Abendblatt-Interview als HSV-Fan geoutet und neben dem Auftreten von Martin Jol besonders die Hamburger Strukturen überschwänglich gelobt. Slomka: "Daran hat sich bis heute nichts geändert. Es gab jedoch bislang keinen Kontakt, aber ich würde mich natürlich freuen, wenn der HSV anruft. Nur liegt das leider nicht in meiner Hand."

Es wäre allerdings fast logisch. Schließlich liegt der in Hannover lebende Fußballlehrer als Verfechter neuer Trainingsmethoden auf einer Wellenlänge mit der auf Innovationen ausgelegten Philosophie von Sportchef Dietmar Beiersdorfer. "Der HSV ist strukturell bestens aufgestellt. Ein großer Verein mit absolutem internationalen Niveau", lobt Slomka.

Das ist auch das Ergebnis der Sitzungen vom Montag. Bis in die Nacht tagte der Vorstand mit dem Aufsichtsrat und beriet über den finanziellen Rahmen für die kommende Saison. 16 Millionen Euro stehen für Verstärkungen zur Verfügung - die Summe könnte sich nur erhöhen, sollte sich der Klub von Spielern wie Alex Silva, Paolo Guerrero oder Piotr Trochowski trennen.

Konkrete Namen von Neuzugängen wie Jols Wunschspieler Eljero Elia (Twente Enschede, Abendblatt berichtete) wurden nicht diskutiert - und auch als der Vorstand gegen 22.45 Uhr die Aufsichtsräte darüber informierte, dass Jol mit Ajax verhandeln würde, wurde nicht offiziell über mögliche Nachfolge-Kandidaten gesprochen. Der Name Slomka fiel eher unter der Hand.

"Der neue Trainer darf dann aber kein Weihnachtsmann werden", flachste Aufsichtsratschef Horst Becker. Eine Anspielung darauf, dass sich der HSV nach der feststehenden Trennung von Huub Stevens im vergangenen Jahr monatelang quälte, bis Martin Jol präsentiert werden konnte. "Dieses Mal wird es zügiger gehen, schließlich muss die Mannschaft zusammengestellt werden", kündigte Becker an. Für den 3. Juli ist das erste Training der neuen Saison angesetzt, innerhalb der kommenden zwei Wochen soll der neue Mann gefunden sein.

Zum Kreis der möglichen Kandidaten zählt aber auch Bruno Labbadia. Neben Jürgen Klopp (Dortmund) und Fred Rutten (erst Schalke, ab Juli PSV Eindhoven) gehörte der aktuelle Leverkusener Coach schon bei der damaligen Trainersuche zum Favoritenkreis. Der frühere HSV-Stürmer steht zwar bei Bayer noch bis 2010 unter Vertrag, doch nach einer ansprechenden Hinrunde stürzte Leverkusen in der Rückrunde ab. Sollte nun auch noch das Pokalfinale gegen Werder Bremen am Sonnabend verloren gehen, müsste sich Labbadia, der mit seiner Mannschaft in der kommenden Saison nicht international vertreten wäre, möglicherweise doch noch nach einem neuen Arbeitgeber umsehen. Da hilft es vielleicht, dass der frühere HSV-Profi noch oft Kontakte nach Hamburg hat. Gerade erst Ende vergangener Woche gastierte der 43-jährige frühere Nationalspieler im Mühlenkamp im "TH2" - genau bei Dietmar Beiersdorfer um die Ecke. Nur ein purer Zufall?

2008 vor Martin Jol gehandelt wurde auch der Namen Co Adriaanse. Und jetzt kursieren Trainer wie Slaven Bilic, Bernd Schuster, Michael Skibbe und Marco van Basten. Dass die Hamburger nach Jol erneut einen Trainer aus den Niederlanden engagieren, gilt jedoch als höchst unwahrscheinlich.

Spekuliert wurde gestern im Sog des Trainer-Abgangs auch über ein mögliches Ende von Dietmar Beiersdorfer als HSV-Sportchef . Ein Gerücht von "Spiegel Online", das Aufsichtsratschef Becker jedoch vehement dementierte: "Da will nur jemand Unfrieden stiften. Dietmar steht absolut nicht zur Disposition."

Auch der bereits als Beiersdorfers Nachfolger gehandelte Aufsichtsrat Sergej Barbarez reagierte mehr als überrascht: "Der Abgang des Trainers war für mich schon sehr überraschend, aber dass jetzt in dieser Situation plötzlich jemand mich als Nachfolger für Dietmar Beiersdorfer ins Gespräch bringt, ist für mich noch deutlich überraschender."