Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff haben für die deutschen Fußball-Nationalmannschaft einen EM-Knigge erstellt. Jerome Boateng handelte sich bereits einen Rüffel ein, da er gegen gewisse Regeln verstoßen hat.

Danzig. Der Schuss ging für Jerome Boateng nach hinten los, der Rüffel des Bundestrainers erfolgte prompt: Kaum hatten Joachim Löw und Oliver Bierhoff die deutschen Fußball-Nationalspieler mit dem EM-Knigge vertraut gemacht, sorgte Abwehrspieler Boateng für helle Aufregung. Paparazzi-Fotos von dem Münchner Verteidiger, auf denen er in der Nacht vor dem Abflug der DFB-Auswahl in ihr EM-Quartier nach Danzig mit einem Fotomodell und Freunden an der Bar eines Berliner Hotel abgelichtet ist, sind bei Löw auf Missfallen gestoßen.

„Es hat mir nicht gefallen, was am Wochenende war, auch wenn es seine freie Zeit war“, rüffelte der Chefcoach am Donnerstag Boateng öffentlich für dessen klaren Verstoß gegen den Verhaltenskodex vor dem ersten Gruppenspiel des DFB-Teams am Samstag in Lwiw gegen Portugal (20.45 Uhr/ARD). Zuvor hatten bereits die drei DFB-Vizepräsidenten Rolf Hocke, Hans-Dieter Drewitz und Hermann Korfmacher Boateng und auch Bastian Schweinsteiger für ihr jüngstes Auftreten in der Öffentlichkeit gerügt.

Schweinsteiger nahm Löw aber von seiner Kritik aus, da dessen Trip nach Capri mit ihm abgesprochen war. Das Verhalten von Boateng kann er aber offenbar nicht billigen: „Ich habe mit ihm und der Mannschaft darüber gesprochen. Selbstverständlich hat er eine Bringschuld.“

Auf seiner Facebook-Seite hat sich Boateng bislang nicht zu dieser Angelegenheit geäußert, möglicherweise aus Angst, etwas Falsches zu posten. Denn Löw und Bierhoff haben auch für den Umgang mit den sozialen Netzwerken klare Regeln aufgestellt.

„Es darf in Facebook und bei Twitter nichts geschrieben werden über Verletzungen, Taktik, einfach über Dinge, die nur die Mannschaft angehen“, sagte Bierhoff. Vor allem Andre Schürrle hörte genau zu, als der Verhaltenskatalog erklärt wurde. Der Leverkusener hatte im vergangenen November seine Abreise aus dem DFB-Quartier vor dem Niederlande-Spiel ausgezwitschert.

„Kann heute Abend leider nicht spielen, wegen eines grippalen Infektes :(( Sehr, sehr schade, hatte mich schon richtig gefreut :( Liebe Grüße“, twitterte Schürrle. Die sportliche Leitung der Nationalelf hätte den Ausfall lieber so lange wie möglich geheim gehalten.

Löw sieht grundsätzlich den Umgang seiner Spieler mit dem Internet gelassen. „Das ist eine andere Generation. Für sie ist es vollkommen normal, dass sie Bilder rausschicken, dass sie Dinge in die Öffentlichkeit geben, was sie empfinden oder was sie so tun“, sagte der 52-Jährige.

Bierhoff räumte im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) ein, dass es nicht leicht sei, einen gesunden Mittelweg zu finden, zumal der Verband selbst Nachrichten aus dem DFB-Lager mittels Facebook und Twitter verbreitet: „Wenn sich ein Spieler auf der Terrasse fotografiert und das Bild dann auf seine Facebook-Seite stellt, ist das okay. Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Intimität verlieren und den Mannschaftsgeist verraten.“ Auch negative Kommentare über gegnerische Mannschaften, Spieler und Schiedsrichter sind verboten, ebenso wie Kolumnen oder Tagebücher, die wirtschaftlich vermarktet werden.

Löw und Bierhoff haben auch den Umgang mit Alkohol, Zigaretten oder die Besuchszeiten für Spielerfrauen klar geregelt. Der Bundestrainer hat Bier und Wein in Maßen ausdrücklich genehmigt. Deshalb lässt Löw auch die Minibars in den Hotelzimmern nicht räumen.

Der Bundestrainer hat grundsätzlich auch nichts gegen eine gelegentliche Zigarette, obwohl er selbst seit einem Jahr keinen Glimmstängel mehr angesteckt hat: „Ich würde es keinem verbieten, außer beim Essen oder in einer Sitzung.“ Bis auf eine Ausnahme besteht der 23-köpfige deutsche Kader aber ohnehin aus Nichtrauchern.

Und wie sieht es mit dem dritten großen Laster aus? Auch das ist geregelt. Am Tag nach den Spielen dürfen die Spielerfrauen und Freundinnen ins Teamhotel Dwor Oliwski.

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