München. Der Weltmeister scheint wie andere Altstars am Ende seiner Kräfte. Der FC Barcelona macht positiven Umgang mit verdienten Spielern vor.

Pep Guardiola schenkte seinen Bayern-Stars nach dem Ende aller Finalträume einen freien Feiertag. Bevor die Jubiläums-Meistersaison statt mit glamourösen Endspielen in Berlin mit farblosen Ligabegegnungen austrudelt, durften die gestoppten Münchner Triplejäger nach turbulenten Wochen am Donnerstag im Kreise der Familien durchschnaufen. Freiburg und Mainz sind im Jahr nach dem WM-Triumph im Verein die letzten Pflichtaufgaben für das hochdekorierte Ensemble um die sechs Weltmeister.

Überlegener Titel in der Bundesliga, Halbfinalist in Pokal und Champions League lautet die Bilanz für das Team von Guardiola, der nach dem Königsklassen-K.o. fast schon euphorisch sein „Projekt“ 2016 ausrief. „Wir werden es wieder versuchen in der Zukunft“, versicherte der durch das Halbfinal-Aus gegen seine alte Liebe FC Barcelona noch zusätzlich angestachelte Bayern-Trainer. Das 3:2 am Dienstag war nach dem 0:3 im Hinspiel zu wenig für ein Fußball-Wunder. Aber das dritte - und Stand jetzt letzte - Münchner Jahr soll den Starcoach nach mühsamer Sommerarbeit zum ersehnten großen Ziel bringen.

Pompöser Kader muss weiter aufgewertet werden

Für Erkenntnisse für die künftige Kaderplanung war es nach dem Aus gegen „die wahrscheinlich beste Mannschaft der Welt“, wie es Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge formulierte, „jetzt zu früh“. Aber es werden mehr als nur Schönheitsreparaturen am pompösen Kader notwendig sein. Auch wenn die Meisterschaft immer als „wichtigster und ehrlichster Titel“ gerühmt wird: Die Ansprüche sind - selbst in einem Post-WM-Jahr und einer Saison voller Verletzungspech - höher.

Franck Ribéry, Arjen Robben, David Alaba und Javi Martínez - vier lange verletzte Stars mühten sich am Donnerstag am sonst gähnend leeren Gelände an der Säbener Straße um ihre Genesung oder Fitness, dazu blickten die Münchner zwei Tage vor dem Spiel in Freiburg via Homepage auf die große Party am Pfingstwochenende hinaus. Sonnabend gibt es die Schale im Stadion, Sonntag wird auf dem Rathaus-Balkon vor Tausenden Fans gejubelt. „Jetzt will ich die Meisterschaft feiern, dann Urlaub machen, dann die neue Saison vorbereiten. Ich hoffe, dann können wir besser spielen“, erklärte auch Guardiola. Und 2016 will er zum dritten Mal die Champions-League-Trophäe holen.

Folgt Bayern bei Schweinsteiger einem Barça-Beispiel?

„Ganz in Ruhe, wenn die Emotionen raus sind, werden wir analysieren“, versicherte Sportvorstand Matthias Sammer schon. Ausgerechnet der über zwei Spiele betrachtet eine Klasse stärkere FC Barcelona könnte eine Blaupause sein. Als vor zwei Jahren die Ära des früheren Guardiola-Ensembles nach den Triumphen 2009 und 2011 durch die Bayern-Demütigung beim 0:4 und 0:3 beendet schien, zogen die Verantwortlichen in Katalonien siegbringende Schlüsse. Für gigantische Summen gönnte sich Barça die Weltstars Luis Suárez und Neymar - sie bilden den heutigen Wundersturm mit Lionel Messi. Dazu wurde der Generationswechsel eingeleitet, bei dem eine Ära wie die von Club-Ikone Xavi würdevoll dem Ende entgegengeführt wird.

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Die Bayern-Bosse um Rummenigge stehen vor unangenehmen Fragen. Über 150 Millionen Euro wie Barcelona vor einem Jahr werden sie auch bei diesjährigen Königsklassen-Einnahmen von über 60 Millionen kaum in die Hand nehmen - auch wenn viel Geld bereit steht. Der schon jetzt üppige und kostspielige Kader kann aber ohne Abgänge nicht einfach so aufgemotzt werden. Mit verdienten Stars wie Bastian Schweinsteiger (30) soll feinfühlig umgegangen werden. Und ein aufgep(p)ter Kader nach den Vorstellungen des stets sehr fordernden Trainers macht eigentlich nur bei einer vorzeitigen Vertragsverlängerung Sinn. Bis 2016 läuft der Kontrakt. Nach der Saison wollen die Chefs ausloten, ob Guardiola ebenso wie sie an einer Verlängerung interessiert ist.

"Nie nach einer Trainer-Wunschliste eingekauft"

„Der FC Bayern hat nie nach einer Trainer-Wunschliste eingekauft“, betonte Sammer am ZDF-Mikro. „Ein Trainer muss gehört werden, aber wir werden natürlich auch für den FC Bayern agieren müssen.“ Der FC Bayern sei sowieso immer größer als die einzelne Person. Ein kniffliger System-Check wartet auf die Münchner. Dass etwa Weltmeister Schweinsteiger noch einmal an eine Weltklasse-Vorstellung wie im WM-Finale herankommt, ist schwer vorstellbar. Auch Fitness und Tempo beim 33-jährigen Xabi Alonso lassen zweifeln. Ein großes Rätsel gibt 37-Millionen-Mann Mario Götze auf, der wieder nur eine leicht zu opfernde Bauernfigur auf dem Schachbrett Guardiolas war.

Platt wie eine Flunder: Die biologische Profifußballeruhr tickt bei Bastian Schweinsteiger nicht erst seit dem Rückspiel gegen Barça
Platt wie eine Flunder: Die biologische Profifußballeruhr tickt bei Bastian Schweinsteiger nicht erst seit dem Rückspiel gegen Barça © Witters

Vier Titel (Meisterschaft, Pokal, Club-Weltmeister und europäischer Supercup) gab es unter Guardiola in dessen erstem Amtsjahr. Diesmal war es „nur“ der überlegene Erfolg beim Meisterschafts-Hattrick. Aber Guardiola war „stolz“, als er sein Team zur nächtlichen Ansprache in der Kabine versammelte. „Eine große Mannschaft muss so fallen wie heute“, schwärmte der Spanier. „Für solche Tage bin ich Trainer.“