Wegen der Kriegswirren muss Schachtjor Donezk gegen München einmal mehr ins 1000 Kilometer weit entfernte Lwiw ziehen. Bayerns Arjen Robben geht die Situation „ans Herz“.

München/Lwiw. Die Reise ins Ungewisse traten auch die so abgezockten Profis des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München mit einem mulmigen Gefühl an. „Natürlich bekommt man das mit. Das geht jedem ans Herz“, sagte Offensivstar Arjen Robben vor dem Achtelfinale in der Champions League gegen den vom Krieg vertriebenen ukrainischen Serienmeister Schachtjor Donezk am Dienstagabend (20.45 Uhr): „Man fährt da nicht hin und blendet das alles aus.“

Am Montag um kurz vor 15 Uhr hob der Lufthansa-Sonderflug LH 2570 in Richtung West-Ukraine ab, keine 36 Stunden später, Mittwochnacht um 0.30 Uhr, sind die Münchner schon wieder auf dem Rückweg. Fakt ist: Die Bayern wollen sich nicht länger als nötig in Lwiw aufhalten, sogar auf das übliche Mitternachtsbankett verzichten sie dieses Mal.

Seit Monaten trägt Schachtjor, der Klub des milliardenschweren Oligarchen Rinat Achmetow, seine Heimspiele in Lwiw aus - 1000 Kilometer von der Heimat im Osten des Landes entfernt, weit weg von Raketen, Angst und Tod. Dass sich daran bald etwas ändert, scheint derzeit ausgeschlossen. „So lange die Situation in Donezk so ist, wird Schachtjor dort (in Lwiw, d. Red.) spielen“, teilte die Europäischen Fußball-Union (Uefa) auf Anfrage mit.

Und während sich Bayern-Coach Pep Guardiola „besorgt über die Situation in der Ukraine“ zeigte, sprach Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge von einem Spiel „unter speziellen Voraussetzungen“. Die Entscheidung der Uefa, das Spiel in der vom Krieg erschütterten Ukraine stattfinden zu lassen, wollte der 59-Jährige zwar nicht kritisieren, mit leichtem Zweifel in der Stimme sagte er aber: „Die Uefa hat entschieden, dass wir da spielen, wo wir jetzt spielen. Das haben wir zu akzeptieren.“

Mut machen den Münchnern aber die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine und die am vergangenen Donnerstag beim Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Präsidenten François Hollande (Frankreich), Petro Poroschenko (Ukraine) und Wladimir Putin (Russland) vereinbarte Waffenruhe. „Das macht die ganze Sache für uns natürlich ein Stück weit entspannter“, sagte Rummenigge.

Betroffenheit ob politischer Verhältnisse? Das klang beim FC Bayern zu Jahresbeginn noch ein wenig anders. Allzu unbedacht und unbedarft hatte sich der deutsche Rekordmeister ins Wintertrainingslager im umstrittenen Wüstenstaat Katar begeben und dafür ebenso Kritik einstecken müssen wie für den Abstecher nach Saudi-Arabien. Den Vorwürfen, die Münchener würden für ein werbewirksames Testspiel in dem Königreich etwa die Auspeitschung eines kritischen Bloggers ignorieren, entgegnete Rummenigge zunächst mit einem lapidaren Verweis auf die optimalen Trainingsbedingungen. Erst auf zunehmenden öffentlichen Druck räumten die Clubbosse schließlich ein, dass das Reiseziel doch nicht ganz so glücklich gewählt worden sei.

Götze und Lewandowski erinnern sich gerne

Trotz aller trauriger Umstände soll letztlich aber auch in der Ukraine der sportliche Aspekt in den Vordergrund gerückt werden. „Die Champions League geht jetzt mit dem Achtelfinale richtig los“, sagt Rummenigge gespannt. „Jeder, der mal Champions League gespielt hat, weiß, welcher besondere Wettbewerb das ist“, sagte auch Mario Götze voller Vorfreude nach der Ankunft in Lwiw.

Trainer Pep Guardiola sieht seine Mannschaft nach dem 8:0 in der Bundesliga gegen den Hamburger SV gut vorbereitet für die erste große internationale Prüfung 2015. Der Spanier versicherte bei seiner Pressekonferenz am Montagabend am Spielort: „Wir sind bereit!“

Spanish head coach Pep Guardiola of Bayern Munich FC arrives at the team hotel in Lviv, Ukraine, 16 February 2015. FC Bayern faces Ukrainian champion FC Shakhtar Donetsk in their Uefa Champions League round of 16 first leg soccer match at the Arena Lviv on 17 February. Photo: Andreas Gebert/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Spanish head coach Pep Guardiola of Bayern Munich FC arrives at the team hotel in Lviv, Ukraine, 16 February 2015. FC Bayern faces Ukrainian champion FC Shakhtar Donetsk in their Uefa Champions League round of 16 first leg soccer match at the Arena Lviv on 17 February. Photo: Andreas Gebert/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ © dpa

Für den FC Bayern ist es das erste Europacup-Duell mit dem Serienmeister der Ukraine. Guardiola äußerte großen Respekt vor der mit Brasilianern gespickten Mannschaft von Schachtjor, die in Luiz Adriano auch den erfolgreichsten Torschützen der laufenden Königsklassen-Saison stellt. Der Brasilianer erzielte in der Gruppenphase neun Treffer. Damit stellte er den Rekord von Weltfußballer Cristiano Ronaldo von Champions-League-Sieger Real Madrid aus der Vorsaison ein.

Nach Möglichkeit möchten die Bayern schon in Lwiw die Weichen für den Einzug in die nächste K.o.-Runde stellen. „Wir wollen ein Ergebnis erzielen, das uns die Tür öffnet, dass wir das Viertelfinale erreichen“, erklärte Rummenigge. Das entscheidende Rückspiel findet am 11. März in München statt.

Gute Erinnerungen an den Gegner haben Mario Götze und Robert Lewandowski. Vor zwei Jahren setzte sich das Offensiv-Duo noch in Diensten von Borussia Dortmund ebenfalls im Achtelfinale gegen Schachtjor durch. Beim 2:2 in Donezk traf Lewandowski für den BVB, beim 3:0-Sieg im Rückspiel war Götze einmal erfolgreich. „Schachtjor ist eine Top-Mannschaft“, warnte Lewandowski vor der Neuauflage mit dem FC Bayern: „Wir müssen von der ersten bis zur 90. Minute aufpassen.“

Hier kann das Spiel verfolgt werden

Im Free-TV wird die Partie übrigens nicht übertragen. Wer das Spiel Schachtjor Donezk gegen den FC Bayern München live verfolgen möchte, kann dies über den Bezahlsender Sky tun.

Erste Bilder im frei öffentlich-rechtlichen Fernsehen zeigen dann ARD (0.15 Uhr) und ZDF (0.45 Uhr) in ihren Nachtjounalen. Wer nicht so lange warten möchte, kann sich alternativ auch Sport1 zuschalten. Der Spartensender versammelt ab 20.15 Uhr im „Fantalk“ wieder eine Expertenrunde um Moderator Thomas Helmer zum Spiel.

Ausführliche Nachberichte gibt es dann am Mittwoch ab 20.25 Uhr im ZDF im Rahmen der Live-Übertragung des Spiels Schalke 04 gegen Real Madrid.

Voraussichtliche Aufstellungen

Schachtjor Donezk: Pjatow – Srna, Kuscher, Rakyskij, Schewtschuk - Douglas Costa, Fernando, Fred, Taison – Alex Teixeira – Luiz Adriano

FC Bayern München: Neuer – Rafinha, Benatia, Boateng, Bernat - Schweinsteiger, Xabi Alonso, Alaba – Robben, Lewandowski, Müller

Schiedsrichter: Alberto Undiano Mallenco (Spanien)