Vor dem Champions-League-Spiel gegen Schachtjor Donezk äußern sich Spieler des FC Bayern München auch über die Situation in der Ukraine.

Lwiw. Der FC Bayern München fliegt mit gemischten Gefühlen zur Achtelfinalaufgabe der Champions League in die Ukraine. Am Dienstag (20.45 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) trifft der Rekordmeister auf Schachtjor Donezk, dessen Heimat in einem Kriegsgebiet liegt. Deshalb findet das Spiel auch im Ausweich-Spielort Lwiw statt. Es sei eine „komische Situation“, so Trainer Pep Guardiola. Weltmeister Thomas Müller sagte im „kicker“: „Es ist seltsam, dass man Champions League spielt und dazu in eine andere Stadt ausweichen muss. Diese Situation ist irgendwie surreal. Man weiß, dass dort dieser schreckliche Krieg ist, realisiert es aber nicht so, weil man eine so schlimme Situation nicht kennt - Gott sei Dank nicht kennt. Es ist ein ganz komisches Gefühl.“

„Man fährt da nicht hin und schaltet alles aus“, erklärte auch Arjen Robben trotz der aktuellen Feuerpause. „Das ist schon im Kopf. Wir sind zwar Fußballspieler, aber zuallererst Menschen.“ Und Fußball ist nicht gerade das, was die Leute in der krisengeplagten Ukraine gerade zum Leben benötigen, auch nicht im mehr als 1000 Kilometer von Donezk entfernten Lwiw im ruhigen Westteil des Landes.

„Die Uefa hat entschieden, dass wir da spielen, wo wir jetzt spielen. Das haben wir zu akzeptieren“, erklärte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge. Immerhin mache die Waffenruhe den heiklen Ausflug ein Stück entspannter: „Wir sind alle zufrieden, dass dieser Waffenstillstand ausgehandelt worden ist.“ Guardiola zeigte sich in erster Linie „besorgt über die Situation der Leute, die in der Ukraine leben“. Für sie hofft er auf eine rasche Besserung der Umstände.

Spieler sollen Job erfüllen

Der FC Bayern beschränkt seinen Ukraine-Trip zeitlich auf das nötigste. Das Abschlusstraining wurde am Montag noch in München absolviert; auch der zuletzt angeschlagene Xabi Alonso war dabei. Nach dem Spiel geht es mit dem Charterflieger direkt zurück, geplante Landung in München um 2.15 Uhr in der Nacht zum Mittwoch. Für Kapitän Bastian Schweinsteiger und seine Teamkollegen geht es trotz der ungewöhnlichen Bedingungen in erster Linie darum, einen Job zu erfüllen. „Die Situation dort ist anders, aber wir haben ein Spiel zu spielen. Darauf muss die Konzentration liegen“, sagte Nationalspieler Holger Badstuber.

Auch Rummenigge rückte die sportlichen Ziele in den Blickpunkt. „Wir wollen dort ein Ergebnis erzielen, das uns die Tür aufmacht, dass wir das Viertelfinale erreichen“, sagte der Bayern-Boss und ergänzte: „Die Champions League geht mit dem Achtelfinale, dem K.o.-System richtig los.“

Das 8:0 gegen den Hamburger SV gibt Rückenwind. Aber Übermut hat es bei Münchens Ballermännern nicht ausgelöst. „Das wird ein ganz anderes Spiel“, warnte Robert Lewandowski. „Wir sind bei den letzten 16 Mannschaften in Europa, das sagt schon genug“, meinte auch Robben, Bayerns derzeit wertvollster Akteur. „Die sind sehr gefährlich“, sagte der Niederländer über die mit 13 Brasilianern gespickte Mannschaft des ukrainischen Oligarchen Rinat Achmetow.

Pep kennt Schachtjor bestens

Die schnellen Brasilianer um Stürmer Luiz Adriano, mit neun Treffern führender Königsklassen-Torschütze, seien „sehr gefährlich bei Kontern“, sagte Robben und mahnte: „Wir müssen unsere Leistung bringen, sonst wird es nichts.“ Bayern-Coach Guardiola kennt Schachtjor bestens, fünfmal hat er mit dem FC Barcelona gegen den Serienmeister der Ukraine gespielt. „Sie spielen seit Jahren mit der gleichen Idee, mit einer überragenden Innenverteidigung und überragenden brasilianischen Offensivspielern“, sagte Guardiola.

Die sportliche Form und mentale Verfassung des Gegners sind dennoch nicht einzuschätzen. Erst Ende des Monats wird in der Ukraine die Meisterschaft fortgesetzt. In der Winterpause tourte das Team durch Brasilien und Spanien, der Feinschliff erfolgte in Kiew. „Natürlich ist Bayern Favorit, aber im Fußball ist alles möglich“, sagte Trainer Mircea Lucescu vor dem Heimspiel, das für den Serienmeister der Ukraine in Wahrheit keines ist.

Die Bayern wollen schon auswärts möglichst viel klarmachen. „Es wäre gut, wenn wir gewinnen“, äußerte Lewandowski. Guardiola hat durch die rechtzeitigen Comebacks von Franck Ribéry, Badstuber und Rafinha wieder mehr Auswahl in Abwehr und Angriff. Auch Xabi Alonso und Weltmeister Jérome Boateng, die bei der Torgala gegen den HSV angeschlagen bzw. gesperrt gefehlt hatten, stehen wieder zur Verfügung. Xabi Alonso könnte ausgerechnet in einem Land im Ausnahmezustand sein 100. Champions-League-Spiel bestreiten.

Humanitäre Hilfe

Der FC Bayern will auch humanitäre Hilfe leisten. Der FC Bayern Hilfe e.V. unter Vorsitz von Karl Hopfner, Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters, übernimmt mit einer Spende die Kosten für Krankenhaus und Medikamente, um 30 Kindern Operationen zu ermöglichen. 30 weitere werden folgen.

„Wir werden am Dienstagvormittag die Klinik besuchen und eine Spende übergeben“, erklärte Hopfner, ohne Angaben zur Höhe der Summe zu machen. Der FC Bayern werde aber die kompletten Kosten für den Krankenhaus-Aufenthalt und die Operationen der Kinder übernehmen. Bei der zweiten Hilfsaktion werden auch medizinische Geräte für die Klinik besorgt.

Dafür flog in den letzten Tagen extra ein Arzt aus Frankfurt/Main nach Lwiw, um die Eingriffe vorzunehmen.

Lahm beginnt Lauftraining

Philipp Lahm hat die nächste Phase für das angestrebte Comeback im kommenden Monat eingeläutet. Der Kapitän des deutschen Meisters hat knapp 14 Wochen nach dem Bruch des Sprunggelenkes im linken Fuß mit dem Lauftraining begonnen. Lahm absolvierte am Montag parallel zu seinen Teamkollegen erste Laufrunden. Der 31-Jährige möchte möglichst Mitte März wieder in den Spielbetrieb eingreifen.