Trotz der 0:10-Pleite in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen Fürth konnte der Eimsbütteler TV erhobenen Hauptes den Platz verlassen.

Hamburg. Die letzte Szene gehörte dem ETV. Jan Novotny dribbelte in der Nachspielzeit frenetisch angefeuert von der Haupttribüne die rechte Außenbahn hinunter und flankte in die Mitte, wo Ahmed Osmanov den Ball per Hackentrick nur Zentimeter neben den zweiten Pfosten beförderte. Es war die einzige echte Chance der hoffnungslos unterlegenen Eimsbütteler, den erhofften Ehrentreffer brachte sie nicht. Es war aber auch Beleg dafür, dass sich die Mannschaft von Trainer Harald Wenzing zu keiner Zeit aufgegeben hat. Der Applaus der 2086 Zuschauer im Stadion Hoheluft war ebenso ehrlich wie berechtigt.

Bereits vor dem Spiel waren sich alle einig, dass diese Mannschaft nichts dafür kann, was sich in den Wochen zuvor ereignet hatte. Präsidium, Aufsichtsrat, Ex-Mannschaft, Vereinsabteilungen, Abgesetzte und Ausgetretene einte der Wunsch, den Streit um das zurückgetretene Oddset-Pokalsieger-Team des Eimsbütteler TV nicht auf dem Rücken der neuen Mannschaft, die mehrheitlich aus A-Jugendlichen besteht, auszutragen. "Wir wünschen den Jungs von Herzen viel Glück für die Partie gegen Fürth. Sie werden viel Lehrgeld bezahlen müssen", sagte der ehemalige Abteilungsvorsitzende Bilal Afrane. "Wir trauen dem Team zu, eine gute Partie abzuliefern", erklärte hingegen ETV-Präsident Frank Fechner.

Am Ende hatten beide Recht. Einerseits kassierte der ETV ein vom Ergebnis her happiges 0:10. Andererseits verabschiedete das Publikum die jungen Helden nach Spielende mit der Welle und donnerndem Beifall. Es war der verdiente Lohn für eine beherzte Vorstellung des neuen ETV-Teams.

17 Minuten lang konnte der größte Außenseiter der Hamburger Pokalgeschichte ein 0:0 halten, bevor Mergin Mavraj Fürth nach einer Ecke in Führung brachte. "Wir haben auch in dieser Zeit nicht an eine Sensation gedacht", gab Mittelfeldspieler Matthias Rosmanith nach Spielende zu. "Die waren so schnell, spielten einen Doppelpass nach dem anderen, und wenn ich einen foulen wollte, fiel der einfach nicht um."

Saikou Ceesay, als hängende Spitze der stärkste Spieler der Eimsbütteler, sah das genauso. "Das sind Profis und wir ein sehr junges Team", sagte der Gambier, der nach zehn Minuten den ersten Schuss der Gastgeber aufs Fürther Gehäuse abfeuerte. Zwar machten die Kleeblätter nach ihrem Führungstreffer schnell alles klar und lagen nach 25 Minuten 3:0 vorne, doch dieses Ergebnis brachte der ETV mit aufopferungsvollem Kampf in die Pause.

ETV-Aufsichtsratschef Stefan Knauß ahnte bereits, was danach kommen würde. "Die Jungs machen das klasse, aber es wird eine Kraftfrage werden." So kam es, und der ehemalige Spieler des FC St. Pauli und des HSV, Christian Rahn, machte das zweistellige Ergebnis zwei Minuten Schluss perfekt.

Andre Friebe, Spieler aus der einstigen ETV-Mannschaft, war zu diesem Zeitpunkt schon längst nicht mehr da. Als Einziger seiner alten Mannschaft war er ins Stadion gekommen. "Ich konnte es nicht mehr mit ansehen. Das Ergebnis gefällt mir. Diese Klatsche hat der Verein sich verdient", sagte er.

Mit dieser wütenden Bewertung warf Friebe auch noch mal ein Schlaglicht auf das, was diesem Spiel vorausgegangen war. Fünfeinhalb Wochen hielt der Streit um den Massenaustritt des alten Teams im Zuge des Streits um die Verteilung der Pokalprämie nicht nur ganz Hamburg in Atem, sondern sorgte bundesweit für emotionale Diskussionen. Nicht nur die Vokabeln "Erpressung" und "Lügner" hatten Hochkonjunktur. Ex-Trainer Dennis Mitteregger und sein Team stritten sich mit ETV-Präsident Fechner und den Führungsgremien des Vereins um Geld, Trikots und Trainingsausrüstung für die Mannschaft, das Kunstrasenprojekt, um die Bewertung der vergangenen vier erfolgreichen Spielzeiten und, immer wieder, um die Begriffe "Wertschätzung" und "Anerkennung". Mit harten Bandagen wurde ein Streit um den Kern dessen ausgefochten, was Amateurfußballs ausmachen soll.

Fechner sieht sich nun bestätigt. "2086 Fans sind gekommen und haben die Mannschaft lautstark angefeuert. Das werte ich als Bestätigung unseres Kurses", sagte Fechner. Ein letzter Versöhnungsversuch war gescheitert. Spieler Matthias Rosmanith hatte vorgeschlagen, der alten Mannschaft "als Geste 20 Freikarten zu schenken. Das kam aber nicht so gut an. Die Reaktion war sehr emotional", erklärte er nach dem Spiel.

ETV: Struckmann - Hanstein, Hitscher, Novotny, Kovacevic - Wenzing (82. Steinwärder), Rosmanith - Bartold, Yücel (39.Osmanov) - Ceesay (72. Umurhan) - Kilic.

Greuther Fürth: Grün - Nehrig, Kleine, Mavraj, Schmidtgal (46. Rahn) - Klaus (60. Pektürk), Fürstner, Tyrala, Prib - Sararer, Occean (60. Nöthe).

Tore: 0:1 Mavraj (17.), 0:2 Sararer (19.), 0:3 Sararer (25.), 0:4 Tyrala (54.), 0:5 Nehrig (66., Foulelfmeter), 0:6 Tyrala (70.), 0:7 Sararer (76.), 0:8 Nöthe (80.), 0:9 Sararer (85.), 0:10 Rahn (88.).

SR: Metzen (Mechernich). Z: 2086.