Der FC Bayern wird in dieser Saison keinen nationalen Titel gewinnen. Nach Pokalpleite wird Partie in Hannover auch für den Trainer zum Schlüsselspiel

München. Ihre Laune war sichtlich verdorben. Mal mit versteinerten, mal mit wutverzerrten Gesichtern verfolgten Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge das Geschehen auf dem Rasen. Nur fünf Tage nach dem 1:3 gegen Borussia Dortmund kassierte der Rekordmeister beim 0:1 im Pokal-Halbfinale gegen den FC Schalke 04 die nächste bittere Niederlage im eigenen Wohnzimmer.

Sicher, die Anatomie der Niederlage war diesmal eine andere. Während der BVB den Hausherren mit effektivem Pressing und eifrigem Laufspiel in der Defensive beikam, hatten die Bayern gegen Dortmunds Reviernachbarn mehrere gute Chancen. Allein: Sie vergaben sie mehr oder weniger kläglich. Und jede Niederlage für sich, vor allem aber ihre unmittelbare Folge, lässt Trainer van Gaal nun unangenehmen Zeiten entgegenblicken.

"Zwar versicherte gestern Sportdirektor Christian Nerlinger in einer eigens einberufenen Presserunde, dass er "jetzt keine Trainerdiskussion führen werde". Wie lädiert sein Nervenkostüm ist, zeigte allerdings seine Reaktion auf die nicht ganz so weit hergeholte Frage, was eine Niederlage gegen den Tabellendritten Hannover 96 im morgigen Topspiel bedeuten würde. "Was soll dann passieren? Sollen wir die Spieler rausschmeißen? Den Trainer? Den Sportdirektor? Den Medienchef? Ich kann mich nicht als Bayern München damit beschäftigen, was passiert, wenn wir in Hannover verlieren", blaffte Nerlinger. Die Nerven beim entthronten Dauerchampion flattern gewaltig.

Der Partie gegen die überraschend starken Niedersachsen kommt nun mehr denn je eine Schlüsselbedeutung zu. Drei Punkte Rückstand hat die Elf von van Gaal. "Die Partie in Hannover ist vielleicht das wichtigste Spiel der ganzen Saison", sagte Kapitän Philipp Lahm zerknirscht. "Da geht es um alles, nämlich um Platz zwei. Diese Saison ist schwer zu retten. Wenn der FC Bayern weder Meister noch Pokalsieger wird, dann ist es keine gute Saison." Bei einer Niederlage droht gar das Verpassen des dritten Ranges, der zur Qualifikation für die Champions League berechtigt.

Das wäre für die Münchener, die im kommenden Jahr der Gastgeber des Endspiels sind, der Super-GAU. Auf die letzte dann verbleibende Möglichkeit, sich als Gewinner der Champions League für die nächste Spielzeit in der Königsklasse zu qualifizieren, will man sich nicht verlassen. Die Aufgabe, das 1:0 aus dem Hinspiel gegen Inter Mailand in knapp zwei Wochen zu verteidigen, wird von allen Beteiligten schon als schwierig genug erachtet.

Dagegen scheint Schalke-Trainer Felix Magath auf dem besten Wege, eine zu Beginn völlig missratene Saison doch noch einem glücklichen Ende zuzuführen. Im Pokalfinale am 21. Mai wartet der MSV Duisburg, der Sieger hat die Qualifikation für die Europa League sicher. Für Keeper Manuel Neuer war der Finaleinzug gar "ein Traum", wenngleich die Begleitumstände für ihn eher einem Albtraum glichen.

Bereits vor dem Spiel hatten die Fans in der Südkurve Plakate mit der Aufschrift "Koan Neuer", also "Kein Neuer", hochgehalten, während der gesamten Spielzeit begleiteten sie die Aktionen des vermeintlichen Wunschkandidaten für das Bayern-Tor mit Pfiffen. Ihre Sympathien gehören ganz offensichtlich Eigengewächs Thomas Kraft, der gestern eine solide Partie bot, in Sachen vereitelter Tormöglichkeiten jedoch klar im Schatten seines Gegenübers stand. Neuer selbst kommentierte die Geschehnisse in der Münchner Arena gelassen: "Wenn ich auf dem Platz stehe, schaue ich auf den Ball und nicht auf irgendwelche Plakate."

Dennoch bleibt abzuwarten, inwiefern die Pfiffe und Plakate Neuers Entscheidung über einen Vereinswechsel beeinflussen. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge jedenfalls verurteilte das Verhalten der Fans: "Ich möchte mich im Namen des FC Bayern bei ihm entschuldigen. Der Junge hat überhaupt nichts gemacht. Nicht ein einziges negatives Wort jemals über Bayern München gesagt."