Miroslav Klose trifft in der 52. Minute zum 1:0 in Belgien. Der HSV-Spieler Marcell Jansen zog sich eine Sehnenzerrung im Knie zu.

Brüssel. Als der norwegische Schiedsrichter Terje Hauge um 22.34 Uhr das letzte Mal seine Pfeife zückte, ballte Bundestrainer Joachim Löw die Faust und lachte befreit. Zum Start in die EM-Qualifikation setzte sich die deutsche Nationalmannschaft in Belgien verdient mit 1:0 durch und kann am Dienstag in Köln gegen Aserbaidschan für einen perfekten Start sorgen. "In der ersten Halbzeit hatten wir noch Probleme beim Umschalten", analysierte der Torschütze Miroslav Klose, "aber nach einer WM ist es immer schwierig. Wir hatten noch keine richtige Vorbereitung, das Laufpensum fehlt es noch. Aber wir haben das in der zweiten Halbzeit sehr gut runtergespielt, das Selbstvertrauen ist bei uns groß."

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Für die Belgier hingegen war der knappe deutsche Sieg nur eine von vielen Enttäuschungen. die unsere leidgeprüften Nachbarn zuletzt ertragen mussten. So haben es die französischsprachigen Sozialisten und die separatistische Minderheit aus Flandern auch drei Monate nach den Neuwahlen nicht geschafft, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Der christdemokratische Regierungschef Yves Leterme hatte sogar behauptet, dass seine Landsleute im Prinzip nur drei Dinge gemeinsam hätten: den König, ziemlich viele Biersorten und die Fußball-Nationalelf. Und Letztere blieb nun auch im 15. Versuch in Folge ohne Sieg gegen Deutschland, das man zuletzt am 29. September 1954 bezwingen konnte.

Dabei hatten die meisten der 47 000 Zuschauern im Stade Roi-Baudouin, darunter 9000 Anhänger aus Deutschland, lange Zeit genügend Grund dazu, auf eine historische Überraschung zu hoffen. Die DFB-Elf, in der Bayerns Holger Badstuber in der Innenverteidigung den Vorzug gegenüber Hamburgs Heiko Westermann erhalten hatte, war zwar von Anfang an dominierend, konnte sich aber im ersten Durchgang selten klare Torchancen erspielen. Und wenn doch, stellte Mesut Özil sein Chancentod-Image unter Beweis.

Nur selten hatten die WM-Überflieger Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira im defensiven Mittelfeld Probleme, konnten gleichzeitig aber kaum Akzente nach vorne setzen. Und auch die in Südafrika so überzeugenden Offensivkräfte Miroslav Klose, Neu-Madrilene Mesut Özil, Thomas Müller und Lukas Podolski wurden von den tapfer kämpfenden Belgiern schmerzhaft daran erinnert, dass die WM nun endgültig vorbei ist. ARD-Experte Mehmet Scholl präsentierte sich bei Spiel eins nach Günter Netzer wesentlich spritziger als die DFB-Elf. Löw lag richtig mit seiner Vermutung, dass womöglich Anspannung und Aggressivität zu diesem Zeitpunkt der Saison noch fehlen könnten.

Aus Hamburger Sicht war der insgesamt wenig glanzvolle, aber am Ende souveräne deutsche Betriebsausflug des DFB nach Belgien besonders ärgerlich. So musste Marcell Jansen nach dem ersten Ausgang verletzungsbedingt in der Kabine bleiben. Die erste Diagnose: Sehnenzerrung in der Kniekehle. Für den Linksverteidiger kam Vereinskollege Heiko Westermann ins Spiel - und mit ihm zu Beginn Schwung im bis dahin etwas statischen Spiel der deutschen Mannschaft. Nur sechs Minuten nach Wiederanpfiff nutzte Klose einen dicken Lapsus seines Klubkollegen Daniel van Buyten und schob überlegt an Gladbachs Torhüter Logan Bailly zum bis dato insgesamt verdienten 1:0 ein.

In der Folge bemühten sich die Belgier zwar redlich um den Ausgleich, ohne aber im Angriff mit den nötigen Mitteln ausgestattet zu sein. Löws Team verwaltete im Stile eines WM-Dritten geschickt das Ergebnis, biss sich regelrecht in die Partie, steigerte sich.

Die enttäuschten Anhänger der "Roten Teufel" konnten sich immerhin damit trösten, dass am Freitag das belgische Bierwochenende in Brüssel startete. Wenn schon der König und König Fußball nicht für Trost sorgen, dann hilft eben nur noch der königliche Gerstensaft. Und bei 250 unterschiedlichen Sorten, die es im Land des Bierweltmeisters gibt, sollte auch das 0:1 gegen den dreimaligen Fußballweltmeister schnell vergessen sein. Ein Extralob gab es am Ende von Bastian Schweinsteiger: "Die Belgier werden sicher eine gute Rolle in der EM-Qualifikation spielen."

Statistik:

Belgien: 1 Bailly - 2 Alderweireld, 3 van Buyten, 4 Kompany, 5 Vermaelen - 10 Fellaini, 6 Simons (ab 84. Vossen), 8 Vertonghen - 7 Hazard (ab 73. Defour), 9 Lukaku (ab 73. Benteke), 11 Dembélé. Trainer: Leekens

Deutschland: 1 Neuer - 16 Lahm, 17 Mertesacker, 14 Badstuber, 2 Jansen (ab 46. Westermann) - 7 Schweinsteiger, 6 Khedira - 13 Müller, 8 Özil (ab 89. Cacau), 10 Podolski (ab 70. Kroos) - 11 Klose. - Trainer: Löw

Schiedsrichter: Terje Hauge (Norwegen)

Tore: 0:1 Klose (52.)

Zuschauer in Brüssel: 47.000 (ausverkauft)

Im vorletzten Spiel der EM-Qualifikation trennte sich die deutsche U-21 von Tschechien 1:1. Das Tor für Deutschland erzielte der Mainzer Jan Kirchhoff.