Der FC Bayern München redet sich nach dem Verpassen der deutschen Meisterschaft für die beiden Spiele gegen Real Madrid stark.

München. Heute Nachmittag fährt ein Bus durch München, der eine halbe Milliarde Euro an Bord hat. Nicht in bar, sondern in Fußballspielern. Die Mannschaft von Real Madrid hat einen der höchsten Marktwerte der Welt, und der Bus bringt sie gegen 18 Uhr vom Flughafen zu ihrem Hotel, dem Westin Grand in Bogenhausen.

Der Fußballzirkus ist in der Stadt, und er gibt eine ganz besondere Vorstellung: Im Halbfinale der Champions League tritt er am Dienstag (20.45 Uhr, Sat.1) beim FC Bayern München an. Hauptattraktion ist Ballartist Cristiano Ronaldo, Direktor des Starensembles José Mourinho, der extravaganteste Trainer der Branche. "Es geht um alles oder nichts", sagt Bayern-Mittelfeldchef Bastian Schweinsteiger.

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Die Meisterschaft haben er und seine Kollegen verspielt. Nach dem zwölften Spieltag hatten sie als Erster fünf Punkte Vorsprung auf Borussia Dortmund, jetzt haben sie als Zweiter acht Zähler Rückstand auf Tabellenführer Dortmund. Die Vision vom Tripel gibt es nicht mehr. Sie haben das DFB-Pokalfinale (12. Mai gegen Dortmund) erreicht und es unter die besten vier Mannschaften Europas geschafft. Das ist ein Erfolg, aber kein Titel. Die Spiele gegen Real sind nun die Chance, aus der Saison eine besondere zu machen.

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Real ist in der spanischen Liga mit vier Punkten Vorsprung auf den FC Barcelona Tabellenführer und hat in 33 Spielen unglaubliche 107 Tore geschossen. Am Wochenende siegten die "Königlichen" 3:1 über Gijon. Gonzalo Higuain (37.), Cristiano Ronaldo (74.), der seinen 41. Saisontreffer erzielte sowie Karim Benzema (82.) trafen, Mesut Özil und Sami Khedira spielten durch.

Die sportliche Einordnung des Sieges über Gijon übernahm einmal mehr Aitor Karanka. "Wir werden Dienstag auf eine starke Mannschaft treffen. Es war wichtig, dass wir uns Selbstbewusstsein geholt haben", sagte der 38 Jahre alte Co-Trainer, der den seit geraumer Zeit schweigenden José Mourinho vor der Presse vertritt. Am Wochenende trifft Madrid dann auf den FC Barcelona. Für die Katalanen erzielte Lionel Messi beim 2:1 bei Levante ebenfalls seinen 41. Ligatreffer.

Die Bayern hingegen kamen über ein 0:0 gegen den 1. FSV Mainz 05 nicht hinaus. Nach dem 0:1 in Dortmund war es die zweite Enttäuschung binnen vier Tagen. Angst habe dennoch keiner vor Cristiano Ronaldo und Co. Nur Respekt. "Wer Angst hat, ist im Fußball fehl am Platz", sagt Kapitän Philipp Lahm.

Die Bayern wollten ihr Selbstvertrauen gegen Mainz mit Toren stärken - das Vorhaben misslang. Es war die fünfte englische Woche in Folge, das geht an die Substanz. Zudem hatten sich die Münchner schon vor der Partie am Sonnabendabend damit abgefunden, dass Dortmund nach dem Derbysieg über Schalke nicht mehr abzufangen ist. Heynckes schonte die Leistungsträger Philipp Lahm, Franck Ribéry, Toni Kroos und Mario Gomez. Beim Rekordmeister zählt jetzt nur noch Real. "Es ist nachzuvollziehen, dass gegen Mainz etwas der Esprit gefehlt hat. Gegen Real wollen wir jetzt wieder an die Topleistungen anknüpfen, die wir in der Champions League schon gezeigt haben", sagt Sportchef Christian Nerlinger.

Die Bayern reden sich stark. Und nehmen sich die Statistik zur Hilfe: Real hat noch kein Spiel gegen sie in München gewonnen. In ihrem Stadion hat Heynckes' Mannschaft zwölf der vergangenen 14 Spiele gewonnen. Und Nerlinger hat noch eine Bilanz, die Hoffnung macht: "In den vergangenen Halbfinals haben wir uns immer für das Endspiel qualifiziert." Vor zwei Jahren gewannen die Bayern gegen Olympique Lyon und unterlagen im Finale Inter Mailand. Und wie hieß der Halbfinalgegner 2001, als sie gegen den FC Valencia die Champions League gewannen? Richtig: Real Madrid. Im Hinspiel siegten die Münchner in Madrid 1:0, im zweiten Spiel zu Hause 2:1.

Die Spanier haben aufgrund der Historie ungeheuren Respekt vor den Bayern, sagte der ehemalige Real-Trainer Bernd Schuster der "Welt am Sonntag". Schweinsteiger betont: "Gegen Real wird die Mentalität entscheiden. Ich hoffe, dass wir die Mentalität ausstrahlen, für die der FC Bayern steht. Da musst du nicht 100 Prozent bringen, sondern über die Grenze hinausgehen." Gegen Dortmund und Mainz haben die Profis das nicht getan.

Mannschaft und Verantwortliche erinnern sich lieber an die guten Leistungen in der Vorrunde der Champion League. Gegen Manchester City (2:0) und den SSC Neapel (3:2) spielten die Bayern hervorragend. Diese Form müssen sie nun wieder erreichen, fordert Karl-Heinz Rummenigge. Der Klubchef vergleicht die kommenden Tage und Wochen mit den letzten 20 Metern eines 100-Meter-Laufs, auf denen der Sieg vergeben werde. "Ich habe volles Vertrauen, dass unsere Mannschaft einen erstklassigen Endspurt hinlegen wird." Der Verein wolle jetzt Fußballgeschichte schreiben und als Erster das Finale im eigenen Stadion erreichen. "El sueno sigue vivo. Der Traum lebt weiter", so Rummenigge.

Besonders intensiv träumt Uli Hoeneß von der Finalteilnahme. Sein Lebenswerk FC Bayern ist einzigartig, der Titelgewinn würde es noch größer machen. Nach dem Spiel gegen Mainz wollte Hoeneß nicht über Real sprechen. Er beschränkte sich in den Stadionkatakomben auf einen Satz, der alles sagt: "Dienstag, 20.45 Uhr, wichtiges Spiel."