Mit “Schnick-Schnack-Schnuck“ siegte der deutsche Rekordmeister 6:0 bei Hertha BSC. “Jetzt sind wir wieder da“, betonte Robben.

Berlin. Die Torflut-Bayern jubeln und feixen. Mit der dritten Offensivgala innerhalb einer Woche haben sich die Münchner Star- und Spaß-Kicker weiter für den Saisonendspurt warmgeschossen. "Unglaublich", meinte Dreifachtorschütze Arjen Robben nach dem locker herausgespielten 6:0 (3:0) gegen den unterklassig wirkenden Gastgeber Hertha BSC. "Ich weiß nicht, ob das in der Bayern-Geschichte schon mal passiert ist." 7:1, 7:0, 6:0 - vor dem anstehenden Halbfinale im DFB-Pokal bei Borussia Mönchengladbach am Mittwoch läuft die Tormaschine auf Hochtouren. "Jetzt sind wir wieder da", betonte Robben.

Für die kurioseste Szene hatten Toni Kroos und Franck Ribéry gesorgt, als sie in Halbzeit eins öffentlich ausknobelten, wer einen Freistoß schießen darf - mittels Schnick-Schnack-Schnuck. "Das ist gut, das ist Spaß", feixte der Franzose nach dem Spiel. Die Herthaner haben nicht gelacht - von Überheblichkeit wollte aber niemand sprechen. "Es stand 3:0, wir wollten beide schießen, waren beide eingeteilt und haben uns gut gefühlt", erzählte Kroos. "Das hat mit dem Gegner wenig zu tun, wenn wir das in unserer Mannschaft ausmachen." Bayern-Manager Christian Nerlinger sah das durchaus kritischer: "Man sollte berücksichtigen, dass es für Hertha um gnadenlosen Abstiegs- und Existenzkampf geht und respektvoll mit dem Gegner umgehen."

Bei den Berlinern hingegen ist die Verzweiflung bereits so groß wie vor dem Abstieg 2010, die Angst davor sogar noch größer. Hertha BSC rauscht ungebremst der gefürchteten Zweitklassigkeit entgegen, die in Berlin noch ungeahnte Konsequenzen hätte. Trotz des erstmaligen Absturzes auf einen Abstiegsplatz und der Hilflosigkeit gegen den FC Bayern stellt Manager Michael Preetz die Arbeit von Chefcoach Otto Rehhagel und dessen Assistenten René Tretschok und Ante Covic nicht infrage. "Die drei arbeiten im Team zusammen - und arbeiten gut zusammen", sagte Preetz nach dem Debakel.

Ein Sieg und zwei Tore 2012, dazu die historische Pleite - höher als 0:6 hat Hertha in seiner langen Bundesliga-Historie nie verloren. Dagegen punktet die Konkurrenz im Abstiegskampf fleißig. Rehhagel hatte nach der Bayern-Demontage dennoch mit der Aussage überrascht: "Mein Plan war richtig. Meine Pläne sind immer richtig." Verteidiger Christian Lell dagegen räumte deutlich ein: "Wir haben alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Der Trainer wird psychologische Arbeit leisten müssen, weil der Großteil die Köpfe hängen lässt."

Allerdings wirkte auch der 73 Jahre alte Rehhagel nach der Vorführung durch seinen Ex-Klub recht ratlos. "Es nutzt alles nichts, wir müssen am nächsten Sonnabend in Mainz wieder antreten. Wir sind ja noch nicht abgestiegen. So lange es noch rechnerisch möglich ist, muss gefightet werden", erklärte Berlins Chefcoach Nummer drei in der laufenden Saison. "Wir werden sehen, dass es in Mainz besser klappt.

Gegen Bayern haben andere schon verloren." Nicht wenige Fans und Experten werteten dies nur als Durchhalteparolen. Die 90-minütige Aufarbeitung der zugespitzten Hertha-Krise, deren Ergebnisse laut Preetz "intern" bleiben sollen, fand am Sonntag ohne Rehhagel statt. Der Cheftrainer musste als Wahlmann zur Bundesversammlung in die Fraktionssitzung der CDU, um später den Bundespräsidenten mitzuwählen. Die Möglichkeit, dass Rehhagel nach der neuen Pleite seine Pläne geändert haben könnte, bezeichnete Preetz als "völligen Quatsch". Alles sei lange besprochen: Die Wahl sei ein Prozedere, "das Vorlauf braucht", betonte Preetz.

"Es war alles abgestimmt mit ihm", berichtete Co-Trainer Tretschok von einem Telefonat mit Rehhagel. Der freie Montag für die Profis wurde gestrichen. "Die Botschaft ist, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen", unterstrich Manager Preetz. Schon vor dem Spiel gegen die Bayern hatten die Berliner vom Freiburger und Augsburger Sieg erfahren, "da wurde es still in der Kabine", berichtete Rehhagel.

Auch die taktischen Überraschungen des Traineroldies konnten die Tormaschine des deutschen Rekordmeisters, die nun in drei Pflichtspielen sagenhafte 20 Treffer produzierte, nicht aufhalten. Der Brasilianer Raffael, der erstmals die Kapitänsbinde trug, blieb als einzige Sturmspitze stumpf. Der 20-jährige Fanol Perdedaj, von Rehhagel nach seinem bisher einzigen Hertha-Sieg gegen Bremen noch "Paradise" getauft, war als Rechtsverteidiger wie auch später der ein Jahr ältere Alfredo Morales nur ein Spielball von Superstar Franck Ribéry. Lell konnte als Mittelfeldkraft auch nichts bewegen.

Arjen Robben und Ribéry machten, was sie wollten. Hertha gelang so gut wie nichts, die Angst spielte immer mit. "Zum Heldentum hat es heute nicht gereicht", bemerkte Rehhagel. "Ich hoffe, dass wir unterm Strich überm Strich stehen. Jetzt kommen noch Mannschaften, die auch unten drinstehen", meinte Lell. Und Andreas Ottl schloss an: "Wir müssen das Spiel gegen Bayern aus den Köpfen kriegen."