Leverkusens Sportchef kündigt an, im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League bei Barca nichts abzuschenken. Deren Trainer hat noch immer Respekt: “Deutsche Mannschaften sind immer in der Lage, innerhalb von fünf oder zehn Minuten dir zwei, drei Dinger reinzuhauen.“

Leverkusen. 1:3 verloren gegen die derzeit wohl beste Mannschaft der Welt - doch bei Bayer Leverkusen hoffen die Verantwortlichen nach der Niederlage im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League dennoch auf Schwung für die nationale Meisterschaft. "Die zweite Halbzeit hat Spaß gemacht und gibt auch ein bisschen Auftrieb für die Liga“, sagte Bayers Sportdirektor Rudi Völler nach dem Spiel gegen Titelverteidiger FC Barcelona.

"Wir waren leider in der ersten Halbzeit einen Tick zu passiv", sagte Völler bei Sky. "Natürlich muss man aufpassen, dass man nicht in Rückstand gerät, dass man gut und kompakt steht. Aber wir hatten zu viel Respekt, fast ein bisschen Angst. Wir haben leichte Abspielfehler gemacht und dann fängst du irgendwann einen.“

Die Kaltschnäuzigkeit des Gegners musste auch Leverkusens Trainer Robin Dutt anerkennen: "Das ist natürlich eine absolute Extraklasse. Da macht auch die Vorbereitung auf den Gegner Spaß. Wenn du viele Videos über Barca siehst, kannst du immer wieder etwas über Fußball lernen.“

Ob die Adaption katalonischer Fußballkünste noch bis zum Rückspiel gelingt, bleibt indes abzuwarten. "Im Fußball soll man nie nie sagen, aber ich bin bei aller Träumerei auch Realist: Gegen so eine Mannschaft ist es natürlich total schwierig, so einen Rückstand aufzuholen", sagte Völler. "Das ist die beste Mannschaft der Welt. Wir werden es ihnen trotzdem schwer machen und dort nichts abschenken. Wir wollen dort eine gute Figur abgeben, so wie heute in der zweiten Halbzeit. Wenn wir das schaffen, diese Leistung über 90 Minuten zu bringen, dann können wir dort sicher eine gute Vorstellung abliefern." Die Zuschauer in Barcelona sollen nach dem Spiel sagen können: "Heute war hier eine richtig gute deutsche Mannschaft.“

Eines Anhängers kann sich die Bundesliga schon vorher sicher sein, denn Barcelonas Trainer Josep Guardiola meinte nach dem Spiel: "Ich bin ein großer Fan des deutschen Fußballs. Es wird immer sehr kontrolliert gespielt und die deutschen Mannschaften sind immer in der Lage, innerhalb von fünf oder zehn Minuten dir zwei, drei Dinger reinzuhauen. Ich habe das während meiner aktiven Zeit auch gesehen, dass die deutschen Mannschaften immer wieder zurückkommen."

Jegliche Hoffnung auf ein "Wunder von Camp Nou" will Sky-Experte Stefan Effenberg hingegen im Ansatz ersticken: "Die Chancen sind gleich Null für Leverkusen."

Vor 29.412 Zuschauern in der ausverkauften BayArena – Leverkusen hätte bis zu 200.000 Karten verkaufen können - entwickelte sich das erwartete Schauspiel. Das Starensemble von Pep Guardiola ließ in gewohnter Manier mit traumhafter Sicherheit den Ball durch die eigenen Reihen zirkulieren. 78 Prozent Ballbesitz wies die Statistik zur Pause auf.

Leverkusener Ehrfurcht zu groß

Hatten die Leverkusener nach einer der Endlos-Stafetten mal den Ball erobert, waren sie ihn meist gleich wieder los. Es hatte den Eindruck, als sei die Ehrfurcht der unerfahrenen Bayer-Elf vor den Herren Messi, Andres Iniesta oder Cesc Fabregas einfach zu groß. So hatte Dutt seiner Mannschaft ein kompaktes Defensivsystem verordnet. Stoßstürmer Stefan Kießling stand im 156. Europacupspiel der Klubgeschichte auch gar nicht erst in der Startformation, stattdessen sollte der pfeilschnelle Nationalspieler Andre Schürrle in vorderster Position sein Glück versuchen. Es blieb meist beim Versuch.

+++ Das Spiel im Liveticker +++

So spielte sich das Geschehen fast ausnahmslos in der Bayer-Hälfte ab. Hätte Guardiola anstelle von Victor Valdez seinen Busfahrer ins Tor gestellt, es wäre nicht aufgefallen. Gegen die dichtgestaffelte Bayer-Defensive taten sich aber die Künstler sichtlich schwer, den finalen Pass zu spielen. Gefährlich wurde es einmal in der 13. Minute, als Daniel Schwaab in höchster Note vor Messi klärte.

Messi leitet mit Traumpass Führungstor ein

Der Argentinier war es dann auch, der kurz vor der Pause den Führungstreffer des Klub-Weltmeisters einleitete. Mit einem sehenswerten Außenrist-Pass setzte er Sanchez in Szene, der Bayer-Keeper Bernd Leno keine Chance ließ.

Einer, der Bayer mit seiner Ruhe und Abgeklärtheit gut getan hätte, saß indes auf der Tribüne. Michael Ballack, der 101-mal in der Königsklasse auf dem Platz stand, fehlte wegen seines Muskelfaserrisses in der Wade.

Neben Ballack fehlten auch die verletzten Sidney Sam, Eren Derdiyok, Tranquillo Barnetta und Rene Adler. Womöglich hätten sie gegen das Barca-Spiel auch nichts angerichtet. Denn Guardiola machte im Gegensatz zur 2:3-Niederlage am vergangenen Samstag bei CA Osasuna ernst. Iniesta, Fabregas und Sergio Busquets rückten wieder ins Team. Mittelfeldchef Xavi fehlte wegen einer Verletzung unter der Fußsohle.

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"Ich wünsche mir mehr Mut“, hatte Bayer-Sportchef Rudi Völler in der Halbzeit gesagt und wurde prompt belohnt. Nach einer Flanke von Vedran Corluka traf der Tscheche Kadlec per Kopf (52.). Das Glücksgefühl hielt aber nicht lange an. Nur drei Minuten später brachte erneut Sanchez nach Pass von Fabregas den Ball im Tor unter. Doch Bayer agierte nun mutiger. So hatten Renato Augusto (57.) und Castro mit einem Pfostenschuss (64.) gute Möglichkeiten. Seine ganze Klasse zeigte Messi kurz darauf, als er zwei Gegenspieler stehen ließ und den Pfosten traf (72.). Sechs Minuten vor dem Ende rettete Leno noch mit einem starken Reflex gegen Sanchez und bewahrte sein Team vor dem dritten Gegentor. Kurz vor dem Ende war er nach einer tollen Kombination von Messi und Dani Alves chancenlos, als der Argentinier vollendete.

Statistik

Leverkusen: Leno - Corluka (90.+1 Da Costa), Schwaab, Manuel Friedrich, Kadlec - Reinartz, Rolfes (77. Kießling) - Lars Bender, Castro, Renato Augusto - Schürrle (90. Bellarabi). - Trainer: Robin Dutt

Barcelona: Valdes - Alves, Mascherano, Puyol, Abidal - Fabregas, Busquets, Iniesta (61. Thiago) - Sanchez (86. Cuenca), Messi, Adriano (70. Pedro). - Trainer: Guardiola

Schiedsrichter: Craig Thomson (Schottland)

Tore: 0:1 Sanchez (41.), 1:1 Kadlec (52.), 1:2 Sanchez (55.), 1:3 Messi (88.)

Zuschauer: 29.412 (ausverkauft)

Beste Spieler: Corluka, Castro - Sanchez, Fabregas; Messi

Gelbe Karten: Schwaab, Corluka, Castro (2) - Thiago

Mit Material von dapd