Wie kann man Lionel Messi und den FC Barcelona stoppen? Eigentlich gar nicht. Dutt und Leverkusen versuchen es trotzdem. Ballack nicht dabei.

Leverkusen. Robin Dutt flüchtete sich in Galgenhumor. „Ich wäre zufrieden mit einem sicheren 5:0“, sagte der Trainer von Bayer Leverkusen am Montag vor dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den übermächtigen Titelverteidiger FC Barcelona. Doch Dutt wurde schnell wieder ernst. Nicht nur, weil Bayer 04 gegen eine „Flachpass-Maschine“ (Dutt) oder die „vielleicht beste Mannschaft, die es je gab“ (Gonzalo Castro) antritt, sondern auch, weil die Werkself tief in der Formkrise steckt.

„Das Ergebnis sollte nicht so sehr das Thema sein. Es wäre schön, wenn wir im Rückspiel noch eine offene Situation hätten“, sagte Dutt vor dem Spiel am Dienstag (20.45 Uhr/Sky) gegen den Champion aus dem Land des Europameisters. Er brachte mit nur fünf Worten seine Wertschätzung für die Katalanen auf den Punkt: „Barcelona ist stärker als Spanien.“

Fast zaghaft beschwört Dutt ein Fußball-Wunder hinauf. Man könne nicht wissen, was am Dienstag passieren werde, erklärte er, und hob hervor: „Man hat noch nicht alles im Fußball erlebt.“ Konkreter formulieren nur die unverbesserlichsten Optimisten ihren Glauben an eine Sensation. Immerhin gibt es die auch unterm Bayer-Kreuz.

+++ Dutt: "Es wäre ein Wunder" +++

„Im Fußball gab es schon mehrere Wunder. Wieso soll nicht eins am Dienstag passieren?“, sagte Außenverteidiger Michal Kadlec: „Das kann einmal passieren oder mehrmals, dass Barcelona schwächelt, und dann müssen wir natürlich da sein und versuchen, ein Tor zu machen, damit wir eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel bekommen.“

Um aber gegen die katalanische Übermannschaft und deren „Fußball in höchster Vollendung“ (Bayer-Homepage) wirklich ein Tor zu schießen, müsste Leverkusen erst einmal selbiges wiederfinden. Beim „Festival der fußballerischen Belanglosigkeiten“ (kicker) am Samstag bei Borusia Dortmund (0:1) nahm Bayer die Hauptrolle ein. Ganze drei Torschüsse gab die „Offensive“ gegen den BVB ab - so wenige wie seit 17 Jahren nicht mehr. Die Enttäuschung „sei da“, sagte Dutt.

Es ist wohl diese Mischung aus Sorge und Vorfreude, die kennzeichnend für die Stimmung in Leverkusen vor dem Auftritt der Ballvirtuosen um Xavi, Andres Iniesta und Weltfußballer Lionel Messi ist. „Der große FC Barcelona, die wahrscheinlich beste Vereinsmannschaft der Welt - das ist ein Highlight, wir freuen uns einfach drauf“, sagte Bayers Abwehrspieler Daniel Schwaab schwärmerisch, und Kapitän Simon Rolfes ergänzte: „Die Art und Weise, wie sie Fußball spielen, fasziniert jeden. Es ist nicht nur ein schönes Spiel, sondern auch eine Herausforderung. Und zur Herausforderung gehört, dass man sich wehrt.“

Die Aufgabe wäre auch für eine Leverkusener Mannschaft in Topform eine kaum zu nehmende Hürde. Was also droht dem Tabellensechsten der Bundesliga, der in dieser Saison den spielerischen Glanz früherer Tage verloren hat? Und was muss die Werkself tun, um das scheinbar vorbestimmte Resultat zu vermeiden?

„Wir sollten durchaus Respekt zeigen, aber nicht zu viel. Man muss sich auf diese Herausforderung freuen, alles geben, laufen bis der Arzt kommt und dann sehen, was dabei rauskommt“, sagte Manuel Friedrich.

+++ Champions League-Hammer: Leverkusen trifft auf Barcelona +++

Mut machen dürfte Leverkusen die jüngste Niederlage des FC Barcelona bei CA Osasuna (2:3). Das Problem dabei: Barca schonte in Pamplona das Mittelfeld-Trio Xavi, Iniesta und Cesc Fabregas. Anscheinend genießt beim spanischen Meister die Titelverteidigung in der Liga angesichts des Zehn-Punkte-Rückstands auf Spitzenreiter Real Madrid keine Priorität.

Ballack kein "Hemmschuh"

Bayer muss gegen die Katalanen auf Michael Ballack (Wadenverletzung) verzichten. „Er fällt drei bis vier Wochen aus“, teilte Dutt mit. Ohnehin ist der Leverkusener Cheftrainer Robin Dutt skeptisch, ob die harsche Zurechtweisung von Mittelfeldstar Michael Ballack durch die Vereinsführung noch eine Wende zum Positiven bringt. „Es ist schwer zu bewerten, hilft es oder nicht“, sagte der 47-Jährige vor dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League am Dienstag gegen den FC Barcelona. „Zu glauben, dass es bei der Thematik Michael Ballack ein Rezept gibt – wie es uns die Fachwelt der Fußball-Bundesliga glauben lassen will -, um die Thematik zu beruhigen, das ist ein Trugschluss.“

Allerdings glaubt Dutt nicht, dass die Causa Ballack beim Tabellensechsten bis zum Saisonende zum leistungshemmenden Ballast wird. „Ein Hemmschuh ist es für die Mannschaft nicht, zumindest tritt sie nicht so auf, als wäre sie gehemmt“, meinte Dutt. Er fügte an: „Es ist ein Thema, das emotional begleitet und die unerfahrenen Spieler mehr beschäftigt als die erfahrenen.“ Nach der provokativen Kritik von Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser („Projekt Ballack gescheitert“) hat Dutt den 98-maligen Nationalspieler dreimal auf der Ersatzbank schmoren lassen. Vor der Barcelona-Partie zog sich Ballack eine Wadenzerrung zu, die eine vierwöchige Pause erfordern soll.

Dutt, der Trainer-Nachfolger von Jupp Heynckes, ist an seiner neuen Wirkungsstätte nicht gerade mit offenen Armen aufgenommen worden. Spannungen mit der Mannschaft waren nicht zu verbergen. „Es ist richtig, dass wir einen Gewöhnungsprozess durchlaufen mussten“, bekannte Dutt. „Aber: Die Betrachtung, was die Auswirkung betrifft, war falsch und wurde der Mannschaft nicht gerecht.“

Der Eindruck, Trainer und Mannschaft arbeiteten gegeneinander „und deshalb können sie nicht miteinander“, sei falsch. Die Mannschaft habe sich nie kontraproduktiv verhalten. „Wie die Mannschaft es gemacht hat, sieht man im jetzigen Miteinander“, sagte Dutt. „Momentan haben wir eine Zusammenarbeit, die richtig Spaß macht. Ich fühle mich hier rundum wohl und bin fest davon überzeugt, dass wir unsere langfristigen Ziele erreichen werden.“

Dazu zählt er auch die deutsche Meisterschaft. „Dieses Jahr ist es nicht im Bereich des Möglichen, ansonsten ist es absolut möglich“, hofft Dutt. Dass es in dieser Saison eher stotternd läuft, begründet er auch mit den langen Verletzungen von Spielern wie Renato Augusto, Tranquillo Barnetta, René Adler oder zuletzt Sidney Sam.

„In der Bundesliga kämpfen wir die komplette Saison um Ruhe und Konstanz“, sagte Dutt. „Wir können intern nicht ausblenden, dass es in diesem Jahr durchgängig so viele personelle Ausfälle gab, die diese Ruhe nicht zugelassen haben. Wenn wir das immer wiederholen, wird das nicht besser.“

Barcelona will über Leverkusen nach München

Für den FC Barcelona ist das Achtelfinal-Hinspiel am Dienstag nach eigner Auffassung die ideale Gelegenheit zur Rehabilitation nach dem weiteren Rückschlag in der spanischen Meisterschaft. Das Ziel des amtierenden Titelträgers sei das Erreichen des Endspiels am 19. Mai in München, sagte Trainer Pep Guardiola am Montag auf einer Pressekonferenz in Leverkusen. „Es hat noch keine Titelverteidigung in der Champions League gegeben. Das zu schaffen ist schwierig, aber machbar“, sagte Guardiola.

„Die Partie ist eine Standortbestimmung und ein Neubeginn für uns“, sagte Verteidiger Danni Alves. Das „Triple“ aus Meisterschaft, nationalen Pokalgewinn und Triumph in der Champions League zu erreichen, sei nach dem 2:3 bei Osasuna Pamplona am Samstag so gut wie unmöglich geworden. „Das Double reicht uns eigentlich nicht“, sagte der Brasilianer.

„Meine größte Sorge heißt Leverkusen, denn das Team verkörpert Qualität und gute Tugenden“, erklärte Guardiola. „Der Gegner spielt sehr variabel und ist gut bei Kontern und Standardsituationen.“ Vor allem die vielen „langen Spieler“ wie Stefan Kießling, so der Barca-Trainer, könnten seine Mannschaft vor Probleme stellen. „Leverkusen ist eine Mannschaft die, durchaus in der Lage, das Spiel an sich zu reißen und gefährlich werden.“ Aber in der Summe aus beiden Spielen – das Rückspiel findet am 7. März statt – erwarte er den Einzug ins Viertelfinale. Mit Material von dpa, dapd und sid

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Leverkusen: Leno - Corluka, Schwaab, Friedrich, Kadlec - Rolfes, L. Bender - Castro, Augusto, Schürrle - Kießling. - Trainer: Dutt

Barcelona: Valdes - Alves, Puyol, Pique, Abidal - Xavi, Mascherano, Iniesta - Messi, Fabregas, Sanchez. - Trainer: Guardiola

Schiedsrichter: Craig Thomson (Schottland)