3:2 gegen Mannheim – warum die Eishockeyspieler der Hamburg Freezers derzeit in der DEL nicht zu schlagen sind. Es war bereits der siebte Sieg in Folge.

Hamburg. Uwe Frommhold hatte gerade zur Feier eines perfekten Wochenendes einen mit randvollen Bierbechern bestückten Servierwagen in die Kabine geschoben, als ihm ein Satz einfiel, der die Geschehnisse der vergangenen Wochen prägnant zusammenfasste. „Diese Jungs spielen nicht um Punkte, sondern um zu gewinnen“, sagte der Geschäftsführer der Hamburg Freezers, und wahrscheinlich ist das einer der gewichtigsten Gründe dafür, dass die „Eisschränke“ die derzeit heißeste Mannschaft der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) stellen. Aber es ist nicht der einzige Grund, und so ist es an der Zeit für eine Analyse, an deren Anfang die wichtigsten Zahlen stehen sollen.

Nach dem 3:2 (0:1, 1:1, 2:0)-Erfolg am Sonntagnachmittag gegen die Adler Mannheim und dem vorangegangenen 5:2 am Freitagabend gegen Tabellenführer Kölner Haie haben die Freezers nicht nur sieben Spiele in Serie gewonnen, sondern auch zwölf aus den letzten 13. Gewinnen sie auch am Freitag (19.30 Uhr, O2 World) gegen den Erzrivalen Eisbären Berlin, hätten sie nicht nur den Vereinsrekord von acht Siegen in Serie aus dem März 2008, sondern mit dann neun Heimsiegen in Folge auch die clubinterne Bestmarke aus der Spielzeit 2005/06 eingestellt. Und auch die Fans honorieren langsam die Leistungen. Kamen bislang im Schnitt 6955 statt der angepeilten 8500 Zuschauer, so lagen die Partien gegen Köln mit 9177 und Mannheim mit 7295 deutlich über dieser Zahl.

Cheftrainer Benoît Laporte hatte die Partien gegen die Topteams aus Mannheim und Köln als Messlatte dafür bezeichnet, wo seine Mannschaft sich in der DEL einordnen dürfe. Trotz der sechs Punkte vermied der Frankokanadier jedoch allzu laute Töne. „Wir haben gezeigt, dass wir mit den Großen mitspielen und sie sogar besiegen können. Vor allem charakterlich hat meine Mannschaft in den vergangenen Wochen einen großen Schritt gemacht. Aber wir lernen immer noch“, sagte er.

Garrett Festerling erinnerte auf der Suche nach Erklärungen für den Höhenflug an den 18. Oktober. Damals waren die Freezers nach einer 2:3-Niederlage in Berlin auf den letzten Tabellenplatz abgestürzt. „Vielleicht war es gut, dass wir ganz unten waren. Von da an haben wir einen unglaublichen Teamgeist entwickelt“, sagte der Nationalstürmer, der gegen die Adler seine 16 Spiele andauernde Torflaute mit dem Treffer zum 1:1 beenden konnte. Thomas Oppenheimer, der dank eines neuen Schlägers mit einem brachialen Schlagschuss zum 2:2 traf, nachdem ihm bei der vorangegangenen Aktion das Spielgerät zersplittert war, lobte vor allem das neu gewonnene Selbstvertrauen: „Wir haben trotz des zweimaligen Rückstands ruhig weitergespielt, weil wir wissen, dass wir im Moment immer einen Weg zum Sieg finden.“

Selbstvertrauen wächst mit Siegen, das ist im Profisport eine Binsenweisheit. Beeindruckend aber ist, dass die Hamburger nicht auf Glück bauten, sondern dass alle Erfolge das Resultat harter Arbeit waren. Arbeit, die im Tor beginnt, wo seit dem Zugang von Sébastien Caron aus Iserlohn am 17. Oktober und der Rückkehr des wegen eines Kreuzbandrisses neun Monate ausgefallenen Nationalkeepers Dimitrij Kotschnew seit der Länderspielpause Mitte November zwei Weltklasseleute ihren Dienst fast perfekt versehen. Caron fängt im Schnitt 94 Prozent der Schüsse und kassiert 1,8 Tore. Kotschnew, der am Wochenende pausierte, hat mit 0,98 Gegentreffern und 96 Prozent gehaltenen Schüssen eine noch bessere Bilanz.

Dazu hat die Rückkehr der vielen verletzten Verteidiger für Entspannung gesorgt. Viel wichtiger aber ist, dass die Sturmtrios mittlerweile sehr gut ausbalanciert sind. Alle vier Reihen sind gefährlich und produktiv, außerdem funktioniert die Rückwärtsbewegung viel besser als zu Saisonbeginn, als die Umstellung auf das von Laporte geforderte Aggressivpressing dem Team noch schwer fiel. „Wir spielen einfacher, verlieren den Puck nicht mehr so oft in der neutralen Zone“, sagte Assistenzkapitän Duvie Westcott.

Eine ganz wichtige Rolle spielt zudem der neue Assistenztrainer Serge Aubin. Der frühere Angreifer, der seine Karriere wegen chronischer Daumenprobleme in der vergangenen Saison beenden musste, wird aufgrund seiner Erfahrung in der Kabine viel ernster genommen als sein Vorgänger Henry Thom. Zudem hat er glänzende Ideen. Sportdirektor Stéphane Richer, der die Heimspiele aus einer Loge verfolgt, ist auf Aubins Anregung per Funk mit der Bank verbunden und konnte am Sonntag den Hinweis geben, die indisponierten Verteidiger James Bettauer und Kevin Lavallée aus dem Spiel zu nehmen und durch Matt Pettinger zu ersetzen. „Ein guter Schachzug“, sagte Laporte.

Freezers-Trainer Laporte weiß, dass im Dezember keine Titel verteilt werden

Natürlich weckt eine Siegesserie wie die aktuelle Begehrlichkeiten, und es ist nicht zu hoch gegriffen, den Freezers in dieser Form durchaus den angepeilten Platz unter den besten vier Teams der Hauptrunde zuzutrauen, der im Viertelfinale Heimrecht bedeuten würde. Zumal mit Morten Madsen, Phil Dupuis, Adam Mitchell oder auch Festerling einige Leistungsträger noch längst nicht ihr Potenzial ausgeschöpft haben. Laporte weiß aber nur zu gut, dass im Dezember keine Titel verteilt werden. „Es ist noch ein langer Weg, und wir haben noch viel zu tun“, sagte er, ehe ihm ein Satz einfiel, der der eingangs erwähnten Rhetorik seines Chefs in nichts nachstand. „Ich habe zwar kleine Füße, aber sie sind sehr schwer“, sagte er. Die Bodenhaftung zu bewahren ist das Beste, was die Hamburg Freezers nach ihrem perfekten Wochenende tun können.

Die Statistik

Tore: 0:1 (8:23) Kink (Buchwieser, Hospelt), 1:1 (23:51) Festerling (Flaake, Westcott), 1:2 (33:33) Mauer (Magowan), 2:2 (44:44) Oppenheimer (Krämmer, Schmidt), 3:2 (54:20) Schmidt (Pettinger, Dupuis)

Strafminuten: 8/8

Schiedsrichter: Piechaczek/Schütz (Finning/Moers)

Zuschauer: 7295