Die Hamburg Freezers erkämpfen sich ein 1:0 gegen München und beweisen, dass sie als Team zusammenstehen. Zweites Spiel zu Null.

Hamburg. John Curry fühlte sich sichtlich unwohl. Gerade hatte der Torhüter der Hamburg Freezers beim 1:0 (0:0, 1:0, 0:0)-Erfolg über den EHC München zum zweiten Mal in dieser Saison kein Gegentor kassiert, und weil Fans ein feines Näschen dafür haben, wem sie ihre Feier-Tage verdanken, forderten die 7045 Besucher in der O2 World den 27 Jahre alten US-Amerikaner mit Sprechchören dazu auf, mit ihnen das nach Siegen zelebrierte "Ufftatätärä" anzustimmen. Curry musste von seinen Kameraden mit sanftem Druck zu seinem Glück gezwungen werden, und weil sein Deutsch nicht so gut ist wie seine Fangkünste, nahm Siegtorschütze Thomas Oppenheimer neben ihm Platz und soufflierte Buchstabe um Buchstabe, bis die Arena bebte.

Diese Szene darf sinnbildlich verstanden werden für das, was die Freezers im Spätherbst 2011 auszeichnet. Die Mannschaft von Trainer Benoît Laporte ist zu einem Team zusammengewachsen, in dem jeder jedem hilft in dem Vorhaben, das bestmögliche Resultat zu erzielen. Vor allem aber, und das ist der größte Unterschied zu vorangegangenen Spielzeiten, finden die Hamburger in dieser Saison Wege, um sich aus brenzligen Situationen zu befreien und am Ende als Gewinner dazustehen.

Die Partie gegen die Bayern hatte Laporte nach dem hart erkämpften 3:2-Sieg gegen Wolfsburg am Freitagabend zum Charaktertest ausgerufen. Auf emotionale Erfolge waren in früheren Jahren oft Stimmungstöter gefolgt. Diese Mentalität scheint nun der Vergangenheit anzugehören. "Diese Mannschaft macht mir großen Spaß, weil sie unglaublich toll zusammenarbeitet. Der Charakter stimmt endlich", triumphierte Geschäftsführer Michael Pfad. Laporte lobte den Teamgeist als "unglaublich. Es geht hier keinem Spieler mehr primär darum, Punkte zu machen oder Tore zu schießen, sondern alle wollen nur eins: gewinnen!" Das funktioniert derzeit bestens. Seit fünf Spielen sind die "Eisschränke" unbesiegt, und da sie zwei Partien weniger als der einen Punkt bessere Tabellenführer Mannheim absolviert haben, sind sie mit 2,05 Zählern pro Spiel punktbestes Team der Deutschen Eishockey-Liga.

Ob der Höhenflug von Dauer sein wird, ist allerdings auch nach 18 von 52 Hauptrundenspielen noch nicht abzusehen. Bei aller Begeisterung über den Zusammenhalt in der Mannschaft, die nach den Ausfällen von Serge Aubin (Sehnenriss im Daumen), Christoph Schubert (Muskelfaserriss im Adduktorenbereich) und Charlie Cook (Gehirnerschütterung) gestern beim Warmmachen mit Thomas Dolak (Wadenblessur) den Verlust des nächsten Führungsspielers hinnehmen musste, darf nicht übersehen werden, dass kaum eine Partie wirklich dominant gewonnen wurde. 14 von 18 Spielen endeten mit einem Tor Unterschied. Aber anders als in der Vorsaison, als von 26 derart engen Spielen nur 13 gewonnen wurden, fanden die Hamburger bislang in acht der 14 Partien den Weg zum Sieg.

Besonders auffällig ist, dass nach einer Flut von Gegentoren in den ersten 14 Spielen die Defensive entscheidend gestärkt wurde. Nur drei Gegentreffer in den vergangenen vier Spielen sprechen eine deutliche Sprache. "Nach dem 13. Spiel hatten wir eine intensive Videoschulung, in der ich unsere Abwehrfehler deutlich angesprochen habe. Seitdem gewinnen wir die entscheidenden Zweikämpfe", sagte Laporte, der sein Vorhaben, den Fans ein Offensivspektakel zu bieten, gern für das Mehr an Zählbarem geopfert hat.

Angreifer Rob Collins sieht das ebenfalls locker. "Uns ist es egal, ob wir 1:0 oder 6:5 gewinnen. Wichtig sind nur die drei Punkte", sagte er. Vom Kraftaufwand her seien die engen Spiele kein Problem. "Man sollte sich auch bei einer 3:0-Führung nie ausruhen, außerdem sind wir so fit, dass wir 60 Minuten Vollgas geben können." Dass sich das Trainerteam dennoch bisweilen entspanntere Siege wünschen würde, gab Laporte gestern zu. "Mein Co-Trainer Henry Thom hat mich gefragt, warum wir nicht mal mit drei oder vier Toren Vorsprung gewinnen können", sagte er. Eine Antwort hatte er darauf nicht parat. Auf dem Weg, ein Spitzenteam zu werden, wird er sie finden müssen.

Eine Schrecksekunde gab es, als Münchens Stephane Julien in der Schlussminute eine Plexiglasscheibe hinterm Freezers-Tor zerschoss. Ein älterer Herr und ein Junge wurden leicht verletzt. Nach acht Minuten war die kaputte Scheibe ausgetauscht.

Tor: 1:0 (25:30) Oppenheimer (Köppchen, Collins) 5-4. Strafminuten: 18 + 10 Brooks/20 + 10 Buchwieser. SR: Klau (Sümmern). Z.: 7045.