Die Italiener mussten in Monza den Triumph von Sebastian Vettel und Red Bull akzeptieren. Der Deutsche steht damit schon jetzt kurz vor dem vierten WM-Titel.

Monza. Das Pfeifkonzert und die nicht enden wollenden „Alooooooonso“-Rufe aus dem Ferrari-roten Fahnenmeer vor dem Podest in Monza nahm Sebastian Vettel eher gleichmütig zur Kenntnis. „Das ist ja auch eine Art Auszeichnung, wir waren ja ganz gut“, sagte der 26-Jährige mit einem Lächeln. „Es ist toll, hier zu gewinnen. Das ist das beste Podium der Saison. Ich bin natürlich sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich bin stolz, die roten Jungs geschlagen zu haben“, sagte der Red-Bull-Pilot nach seinem souveränen Sieg am Sonntag beim Großen Preis von Italien.

Vettel genoss den wichtigen Sieg, ohne ihn auszukosten. Seinem geschlagenen Rivalen Fernando Alonso gab er noch auf dem Podium einen kameradschaftlichen Klaps auf den Rücken. Denn auch wenn es spielerisch ausgesehen hatte, war sein Erfolg vor Alonso und Mark Webber im zweiten Red Bull kein Selbstläufer. Zuerst machte Vettel ein schleichender Plattfuß Probleme, am Ende muckte das Getriebe. „Da war der Herzschlag noch mal höher“, gab der Heppenheimer zu. „Ich wusste nicht, wie gravierend das Problem wirklich ist. Wir hatten Glück, dass wir so einen großen Vorsprung hatten.“

So feierte er nach 2008 und 2011 seinen dritten Triumph im Ferrari-Land Italien. Er lieferte dabei einmal mehr eine beeindruckende Show ab und baute durch seinen Start-Ziel-Sieg seinen Vorsprung in der WM-Wertung auf Alonso im Ferrari auf 53 Punkte aus (222 zu 169).

„Es war ein fantastisches Rennen, unglaublich“, sagte Vettel, nachdem er auf der 5,793 km langen Hochgeschwindigkeitsstrecke (über 70 Prozent Vollgasanteil, in der Spitze 340 km/h) im Königlichen Park von Monza ein einsames Rennen an der Spitze gefahren war. Einmal mehr fehlerlos unterwegs, sicherte er sich seinen sechsten Saisonsieg im zwölften Rennen.

In den verbleibenden sieben Rennen gilt Vettels Red Bull als das mit Abstand überlegene Auto, so dass seine Führung kaum noch einmal in Gefahr geraten sollte. Der Champion kann den Champagner für seinen vierten Titel in Serie schon einmal kalt stellen. Es ist nicht mehr die Frage ob, sondern wann der Hesse die Titelverteidigung perfekt macht. „Es wird schwierig, wenn er kein Problem hat“, meinte Ferraris Teamchef Stefano Domenicali. Seine Erkenntnis: „Wir haben das Maximum rausgeholt, aber es hat nicht gereicht.“

Nicht mal ansatzweise konnte Lewis Hamilton das Maximum herausholen. Der Mercedes-Pilot kam nur auf Rang neun und vergab die letzte WM-Chance. „Ich habe so hart gekämpft und am Ende nur zwei Punkte. Das ist ein Desaster“, sagte der Brite. Kimi Räikkönen blieb im Lotus als Elfter in Italien bei 134 Zählern. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge steht der 33 Jahre alte Finne vor einer Unterschrift bei Ferrari, wo er schon zwischen 2007 und 2009 unter Vertrag stand. In seinem ersten Jahr wurde er Weltmeister, musste dann aber trotz noch laufenden Vertrages bei den Italienern seinem Nachfolger Alonso weichen.

Perfekt programmierter Rennroboter

„Sebastian muss schon ein paarmal ausfallen, wenn wir noch Weltmeister werden wollen“, weiß Alonso. Doch dass sich bei Vettel plötzlich der Fehlerteufel in den nächsten Rennen einschleicht, ist eher nicht zu glauben. Viel zu dominant war seine Vorstellung auf der Traditionsstrecke. Wie ein perfekt programmierter Rennroboter spulte er seine Runden ab und demontierte so die Konkurrenz nach Belieben. Für Alonso kam die Vettel-Show im Ferrari-Land einer Demütigung gleich – er versuchte alles, um den WM-Kampf noch einmal ein bisschen spannend zu machen. Doch Vettel zertrümmerte mit einer Machtdemonstration diese Hoffnungen. „Ich war nicht in der Lage, die Lücke zu ihm zu schließen“, sagte der Spanier schließlich frustriert.

Zudem setzte Vettel gegen Alonso einen weiteren Nadelstich: Obwohl er sechs Jahre jünger ist, hat Vettel den Spanier bereits nach Grand-Prix-Siegen eingeholt (beide 32). Die Strecke in Monza scheint ihm zu liegen – vor fünf Jahren feierte er an gleicher Stelle seinen ersten Grand-Prix-Triumph.

Im Rennen wurde schnell wurde deutlich, dass alles auf das Duell Vettel gegen Alonso hinausläuft. Nach dem Start machte der Spanier Boden gut, kam von Rang fünf auf vier. Vettel selbst erwischte dagegen nicht den besten Start: Nur mit Mühe konnte er seine 40. Poleposition verteidigen, als es in die Schikane ging, rauchten die Bremsen. Landsmann Nico Hülkenberg rutschte nach seinem famosen dritten Qualifikationsrang auf Platz fünf, kämpfte wie ein Löwe und behauptete diesen Rang bis zum Ende – das zweitbeste Ergebnis seiner Karriere. „Wir hatten eine lange Durststrecke hinter uns. Das gibt dem Team einen Schub für die nächsten Wochen“, sagte der Emmericher.

Vettel kann die kommenden Rennen in Asien nun ganz gelassen angehen. Er ist in Topform, seine „Hungry Heidi“ ist der schnellste Wagen im Feld. Mit vier Siegen in Serie in Fernost legte er im vergangenen Jahr den Grundstein für seinen dritten WM-Titel. Jetzt ist er schon vor dem letzten Saisondrittel eigentlich nicht mehr einzuholen. „Ich versuche, nicht so viel daran zu denken. Die letzten Rennen liefen sehr gut für uns,“ wiegelte Vettel noch ab, „aber es liegen viele Teams noch eng zusammen. Es ist nichts entschieden.“