Hamburg. Oberligist USC Paloma fordert als Außenseiter mit Trainer Marius Nitsch Regionalligist FC Teutonia 05 im Endspiel heraus.

Eine Prozentangabe zu den Chancen auf eine Pokalsensation seines Oberligisten USC Paloma im Lotto-Pokalfinale gegen den Titelverteidiger und Regionalligisten FC Teutonia 05 (Sa., 11.45 Uhr, Stadion Hoheluft) will Palomas Trainer Marius Nitsch nicht nennen. Beispiele sind ihm lieber. „Wir haben in der vergangenen Saison zweimal den ETV geschlagen, der in die Regionalliga aufgestiegen ist. Wir haben diese Saison den Regionalligisten Eintracht Norderstedt und das Oberliga-Topteam ETSV Hamburg im Pokal besiegt. Uns liegt die Rolle als Underdog“, sagt Nitsch.

Nitsch diskutierte schon mit zehn Jahren bei Aufstellungen mit

Nitsch ist gerade mal 30 Jahre alt – und streng genommen seit 20 Jahren Trainer. Schon als Zehnjähriger diskutierte er intensiv bei den Aufstellungen der D-Jugend des TuS Berne mit. Vater Bernd war Trainer seines Teams, Filius Marius brachte sich mit seiner Meinung intensiv ein.

Mit 14 Jahren wurde Nitsch offiziell Trainer der D-Jugend in Berne. Concordia Hamburg, DFB-Stützpunkttrainer bei der Hamburger Auswahl und der USC Paloma II lauteten seine weiteren Stationen, bevor Nitsch im Sommer 2021 das Oberligateam des USC Paloma übernahm.

Nitsch: „Ich hätte mich nicht gerne selbst trainiert“

„Ich war ein mittelmäßiger Kicker. Gegen den Ball war ich als Mittelfeldspieler recht weich in den Zweikämpfen und mit dem Ball hatte ich gerne Platz und suchte das kreative Spiel. Ganz ehrlich: Ich hätte mich selbst gar nicht so gern trainiert“, sagt Nitsch schmunzelnd. Daher beendete er seine kurze Spielerkarriere mit nur 20 Jahren in der Bezirksliga beim TSC Wellingsbüttel. „Es hat mich gereizt“, sagt Nitsch, „in Dimensionen zu trainieren, in die ich selber als Spieler nie gekommen wäre.“

Erfolg hatte Nitsch dabei überall. Er feierte viele Aufstiege. Auch den USC Paloma II führte er gleich im ersten Jahr von der Kreisliga in die Bezirksliga und etablierte ihn dort im oberen Drittel der Tabelle. „Für uns ist Marius ein Jackpot als Trainer“, sagt der scheidende Paloma-Manager Carsten Gerdey (58). Gemeinsam mit Präsident Dirk Rathke (54) bot Gerdey Nitsch im Jahr 2021 den Cheftrainerposten der Oberligamannschaft an. Nitsch wurde damit zum jüngsten Trainer in Hamburgs Eliteklasse. Die Resultate bislang: zwei sechste Plätze und ein siebter Platz. Für einen Verein wie Paloma, der nicht das ganz große Geld zahlt, eine sehr starke Leistung.

Taktische Variabilität als großer Trumpf

„Es ist natürlich eine große Freude, auch mit weniger Mitteln als großartige Gemeinschaft Erfolg haben zu können“, sagt A-Lizenzinhaber Nitsch, der beruflich im Personalwesen bei der Hamburger Hochbahn arbeitet. Mit dem Pokalfinale steht er nun vor der vorläufigen Krönung seiner Laufbahn. In dieser fiel stets seine taktische Flexibilität auf. Nitsch ist ein moderner Trainer, der sein Team extrem anpassungsfähig auf den Gegner aufstellt. Nicht nur aus spieltaktischen Gründen. „Wenn ich immer das Gleiche mache, nutzt sich das für die Spieler irgendwann ab. Ich will nicht denselben Stiefel drei Jahre durchspielen“, sagt Nitsch.

Sein Ideal ist „ein leidenschaftlicher, intensiver Fußball, in dem sich alle Spieler dem Spiel hingeben“. So wie bei der Pokalsensation gegen Eintracht Norderstedt, an die Nitsch sich wie folgt erinnert: „Du konntest in der Kabine spüren, dass hier jeder unserer Jungs sein letztes Hemd für den Sieg geben wird.“

Seine Spieler jubelten Nitsch sogar schon von der Straße aus zu

Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist dabei keine bloße Floskel. Paloma gewinnt seine Spiele auch über einen großen Teamgeist, der nicht nur auf dem Feld spürbar ist. Als der USC in der Corona-Zeit in der Meisterrunde den Niendorfer TSV 3:1 schlug, ging das Team sofort nach dem Abpfiff komplett in Fußballklamotten zur wenige hundert Meter vom Platz an der Brucknerstraße entfernt liegenden Wohnung ihres Trainers. Nitsch, damals durch eine Corona-Infektion am Verlassen seiner eigenen vier Wände gehindert, erschien sichtlich gerührt auf dem Balkon und feierte mit seinem ihm unten auf der Straße mit Sprechchören zujubelnden Team.

Wird Nitsch also einen Weg gehen wie beispielsweise Loic Favé, der vom ETV zu St. Paulis Co-Trainer unter Timo Schultz aufstieg und nun beim HSV als Jugendkoordinator arbeitet und zur neuen Saison die U21 übernimmt? „Ich schließe höhere Vereine oder gar den Profibereich für mich nicht aus, wäre aber nie enttäuscht, wenn es nicht klappt“, so Nitsch. „Aber die UEFA-Pro-Lizenz als Fußball-Lehrer zu erwerben, ist schon ein großer Traum von mir.“

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Nun liegt der Fokus aber voll auf dem Pokalspiel gegen Teutonia. Der Sieger spielt im DFB-Pokal und erhält dort einen Proficlub als Gegner und 216.000 Euro Antrittsgeld. „Die Vorfreude steigt im ganzen Verein von Tag zu Tag“, sagt Nitsch. „Wir wollen nicht nur dabei sein, um mal zu gucken, wie ein Pokalfinale so abläuft. Wir wollen den Genuss des Spiels mit unserer maximalen Leistung verbinden.“