Kattowitz. Dritter Sieg im dritten Spiel: Die deutschen Handballer besiegen zum Abschluss der WM-Vorrunde Algerien klar mit 37:21.

Wahrscheinlich müssen Trainer so sein: Egal, wie gut es für die eigene Mannschaft läuft, egal wie zuverlässig sie abliefert, ständig fühlen sie sich bemüßigt, warnend den Zeigefinger zu heben. Nach dem alten Herberger-Motto: Der nächste Gegner ist immer der schwerste. Alfred Gislason, Trainer der deutschen Handball-Nationalmannschaft, bildet da keine Ausnahme. Nach dem richtungweisenden Sieg gegen Serbien, mit dem der Einzug in die Zwischenrunde unter Mitnahme der Idealausbeute von vier Pluspunkten perfekt gemacht worden war, saß der Isländer im Bauch der mächtigen Spodek-Arena in Kattowitz und redete den kommenden Widersacher Algerien stark.

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Es helfe zwar extrem, zum Auftakt eines langen Turniers gleich mal zwei Erfolgserlebnisse mitgenommen zu haben, aber nun gelte es, „seriös zu bleiben und auch noch das dritte Spiel durchzuziehen”. Ein Spannungsabfall sei unverzeihlich, „wenn man die erste und zweite Aufgabe so gut wie wir gelöst hat”.

Gislason: "Erstes Etappenziel erreicht"

Die unmissverständliche Ansage an die Mannschaft kam an, wäre aber sowieso kaum nötig gewesen. Das deutsche Team löste die Pflichtaufgabe mit dem Charakter eines Freundschaftsspiels gegen einen weitgehend überforderten Gegner ausgesprochen souverän mit 37:21 (16:9) und behielt damit seine weiße Weste. Entsprechend positiv fällt das Zwischenfazit von Axel Kromer, DHB-Vorstand Sport, aus, der in Polen bislang eine „sehr souverän und abgeklärte Mannschaft” erlebt: „Zudem konnten wir gegen die Algerier die Chance nutzen, mehrere Spieler in die WM reinzubringen.”

Deutschlands Torhüter Andreas Wolff (rechts) jubelt - während die algerischen Handballer sich neu formieren.
Deutschlands Torhüter Andreas Wolff (rechts) jubelt - während die algerischen Handballer sich neu formieren.

Dem mochte Gislason nicht widersprechen, der sich „äußerst zufrieden” zeigte, „dass die Mannschaft so konzentriert agiert hat”. Im Vorfeld habe der Isländer „ein bisschen Angst gehabt, dass der Dampf raus ist”. So blieb nach 60 weitgehend einseitigen Minuten die beruhigende Erkenntnis, „dass die Mannschaft auch dann dicht zusammensteht, wenn wir durchwechseln”. Nun sei er „extrem stolz auf die Jungs, dass sie durchgezogen haben”. Seine Überschrift zur Vorrunde wählte der Erfolgstrainer so: „Erstes Etappenziel erreicht.”

Vor dem Anpfiff hatte Co-Trainer Erik Wudtke verkündet, man wolle „unsere Serie – wenn man nach zwei Siegen überhaupt davon sprechen kann – ausbauen”. Als das Spiel dann lief, wurde schnell deutlich, dass die deutsche Bilanz an diesem Abend problemlos auf drei Erfolge ausgebaut würde.

Chance für einige Spieler, sich zu beweisen

Gislason nutzte die günstige Ausgangslage, um einige seiner Stammkräfte zu schonen und Akteuren zu Spielpraxis zu verhelfen, die im bisherigen Turnierverlauf kaum bis gar keine Einsatzzeiten bekommen hatten. So begannen gegen die Algerier Rune Dahmke (THW Kiel) sowie Simon Ernst und Luca Witzke (beide SC DHFK Leipzig), im weiteren Spielverlauf durften auch Djibil Mbengue (Bergischer HC) und Paul Drux (Füchse Berlin) den Nachweis erbringen, zurecht für diese Weltmeisterschaft nominiert worden zu sein.

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Das neuformierte deutsche Team benötigte knappe fünf Minuten, um sich zu sortieren und Spannung aufzubauen. Außenseiter Algerien nutzte das und ging 3:1 in Führung, in der Anfangsphase verwarf Juri Knorr sogar seinen ersten Siebenmeter bei dieser WM. Danach steigerte sich der Spielmacher von den Rhein-Neckar Löwen und mit ihm die gesamte Mannschaft. Vorne lief das Kombinationsspiel, hinten brachte Torhüter Andreas Wolff die gegnerischen Schützen reihenweise zur Verzweiflung. Mit 4:3 ging die DHB-Auswahl erstmals in Führung, die sie in der Folge kontinuierlich ausbaute. Egal, wer auf dem Spielfeld stand, bis zur Schlusssirene geriet die Mannschaft von Gislason nicht mehr ernsthaft in Gefahr.

Ab Donnerstag gegen Argentinien, Niederlande und Norwegen

Entsprechend gelöst traten die deutschen Spieler kurz nach Spielschluss in der Mixed Zone auf. Kai Häfner, der die 60 Minuten an diesem Abend komplett von draußen verfolgt hatte, lief lachend an den Journalisten vorbei und überließ die Bühne den Kollegen, die gespielt hatten. Zum Beispiel Simon Ernst, der Werbung in eigener Sache gemacht hatte und beteuerte, er sei „sehr glücklich, dass wir in einer gefährlichen Gruppe so dominiert haben”. Zudem sei es „ganz wichtig, dass alle Jungs im Turnier angekommen wind”. Rune Dahmke ergänzte, „besser kannst du nicht in ein Turnier starten, aber wir müssen die Kirche im Dorf lassen, da kommt noch einiges auf uns zu“.

Nun wartet nach der maximal erfolgreich absolvierten Vorrunde mit der Hauptrunde die nächste Stufe auf dem Weg ins angestrebte Viertelfinale. Die nächsten Aufgaben im Zwei-Tages-Rhythmus heißen ab Donnerstag Argentinien, Niederlande sowie Norwegen – für Rechtsaußen Patrick Groetzki „der stärkste Gegner auf unserem Weg”. Für den Profi von den Rhein-Neckar Löwen bedeutet das keine Veranlassung nervös zu werden, „schließlich haben wir uns eine gute Ausgangslage erkämpft”. Sein sportlicher Vorgesetzter Alfred Gislason wird mit Sicherheit die richtigen Worte finden, um auch vor dieser Herausforderung die Sinne zu schärfen.

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Algerien - Deutschland