Berlin. Die deutschen Basketballer haben nach einer tollen Leistung gegen Favorit Griechenland das EM-Halbfinale erreicht. Dort wartet Spanien.

Es war im wahrhaftigsten Sinn eine Herkulesaufgabe, die die deutschen Basketballer im Viertelfinale der Heim-EM in Berlin zu bewältigen hatten. Der junge Herakles persönlich, Giannis Antetokounmpo, baute seine 2,11 Meter zwischen den Gastgebern und dem Halbfinale auf. Doch die ausverkaufte Mercedes-Benz-Arena wurde für den griechischen Superstar zum Berg Oite. Deutschland begrub in einem physisch und emotional kräftezehrenden Spiel die Titelträume des Favoriten mit 107:96 (31:27, 26:34, 26:10, 24:25). Die Mannschaft von Trainer Gordon Herbert trifft nun im Halbfinale am Freitag auf Weltmeister Spanien, der Finnland am frühen Dienstagabend mit 100:90 besiegte. Doch das interessierte gegen 22.36 Uhr Berliner Ortszeit niemanden. Die Stimmung entlud sich.

Deutschland und Griechenland mit Offensivspektakel

Schon über den kompletten Dienstag hatte sich eine Euphoriewelle aufgebaut. Zunächst gab RTL bekannt, die Partie im freiempfangbaren Fernsehen zu übertragen. Dann verpflichtete der Privatsender auch noch Basketballikone Dirk Nowitzki als Experten. Und schließlich, sportlich mit Abstand am relevantesten, meldeten sich Shootingstar Franz Wagner, Verteidigungsass Nick Weiler-Babb und Center Johannes Voigtmann nach ihren Verletzungen und Erkrankungen einsatzbereit. All das kulminierte stimmungstechnisch am Abend in der Mercedes-Benz-Arena. Kam die Atmosphäre bei der Endrunde in Berlin bislang nicht an die in Köln heran, wurden die 14.073 Zuschauer nun vermutlich Zeugen des stimmungsvollsten Duells dieser EM. Das noch dazu ein äußerst ansehnliches Offensivspektakel wurde.

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Die Griechen, die als bis dato einziges Team im Turnier noch ungeschlagen waren, wurden von ihren Anhängern, die knapp die Hälfte der Arena einnahmen, unentwegt mit „Hellas“-Rufen angefeuert. Aber auch die deutschen Fans hielt es zunächst kaum auf ihren Sitzen. Die hellenische Strategie in der Verteidigung wurde direkt offensichtlich: Sollen die Deutschen doch werfen. Das Problem dabei: Die Gastgeber waren heißer als ein Ouzu die Kehle herunterrinnt und trafen rekordverdächtig gut. Acht der ersten neun Dreier saßen, zeitweise führte Herberts Auswahl mit 25:14.

Und Antetokounmpo? Blieb unbeeindruckt und vergoss keine Schweißperle dabei, den Titelfavoriten wieder heranzubulldozern. Ein junger griechischer Halbgott stört sich eben nicht einmal daran, von gleich drei Verteidigern auf einmal umschwärmt zu werden. Zur Halbzeit hatte der beste Spieler der Welt bereits 19 Punkte erzielt, acht Vorlagen gesammelt und sein Team 61:57 in Führung gebracht.

Für NBA-Superstar Giannis Antetokounmpo ist die Basketball-EM beendet.
Für NBA-Superstar Giannis Antetokounmpo ist die Basketball-EM beendet. © Getty

Doch auch die deutsche Mannschaft schrieb im Verlauf dieser EM ihre Heldenepen. Dennis Schröders Odysee durch die gegnerischen Defensiven, die triumphale Heimkehr der Berliner Wagner, Maodo Lo und Johannes Thiemann. Am Dienstagabend wurde ein Heros besungen, über den es bislang keine Lieder gab, obwohl sein Distanzwurf fast schon mythisch gut ist. Vielleicht, weil er selbst einer der zurückhaltendsten, freundlichsten Menschen ist, die der deutsche Profibasketball hergibt. Aber dieses eine Mal, pünktlich zum EM-Viertelfinale, zeigte Andreas Obst vom FC Bayern München seine medusengiftige Seite. Der gebürtige Hallenser fackelte Griechenland mehr Dreipunktewürfe um die Ohren, als eine Hydra Köpfe hat. Nahezu jeder seiner fünf Treffer kam genau zur richtigen Zeit, als der deutsche Angriff zu erlahmen schien.

Noch viel wichtiger: Dem Europameister von 1993 – ja, mittlerweile durfte daran erinnert werden – gelang es als erster der beiden Mannschaften, ein für europäisches Spitzenniveau akzeptables Defensivlevel aufzubauen. Dreier Wagner, gleich noch einer, Dreier Voigtmann, 75:62, und die Hoffnung in der Arena, mittlerweile längst ein brodelnder Hexenkessel, war spürbar.

Deutschland übersteht griechische Schlussoffensive

Natürlich kam die griechische Schlussoffensive. Doch die Hausherren hielten Stand. Antetokounmpo räumte das Schlachtfeld schon fünf Minuten vor Ende mit seinem zweiten unsportlichen Foul. Herkules war tot. Deutsche Helden heißen Andi, Franz, Daniel oder Dennis.

Punkte: Schröder (26), Wagner (19), Obst (19), Theis (13), Thiemann (10), Voigtmann (8), Lo (3), Giffey (3), Weiler-Babb (6), Wohlfarth-Bottermann, Sengfelder, Hollatz.

Viertelfinale: Frankreich – Italien (Mi., 17.15 Uhr), Slowenien – Polen (Mi., 20.30 Uhr).