Hamburg. Im letzten Hamburger Final Four sichert sich der Rekordmeister durch ein 28:21 über den Ligaprimus den zwölften DHB-Pokaltitel.

Patrick Wiencek hatte drei Wünsche, als er am Sonntagnachmittag grinsend in den Katakomben der Hamburger Barclays Arena stand. „Ich möchte jetzt erst mal in die Kabine, meine Schuhe ausziehen und mich dann in Richtung eines kühlen Getränkes bewegen“, sagte der Kreisläufer des THW Kiel nach dem 28:21 (12:13)-Sieg im Endspiel des Final Four im DHB-Pokal über den SC Magdeburg. Auch dank Wienceks leidenschaftlicher Abwehrarbeit konnte der Handball-Rekordmeister seinen zwölften Pokaltitel feiern, den Bundesliga-Tabellenführer und Weltpokalsieger aus Magdeburg komplett entzaubern. „In der zweiten Halbzeit kam Magdeburg gar nicht mehr durch unsere Abwehr durch. Wenn einer den Zweikampf verloren hat, war direkt der nächste da, der geholfen hat“, sagte Wiencek.

Handball: THW Kiel und SC Magdeburg liefern sich Abnutzungkampf

Die Stimmung unter den 13.200 Fans in der ausverkauften Barclays Arena kochte bereits vor dem Anwurf, auch auf dem Feld wurde es sofort hitzig. Erst stoppte Magdeburgs Abwehrkante Piotr Chrapkowski THW-Spielmacher Domagoj Duvnjak unsanft am Unterkiefer, dann wurde auch Superstar Sander Sagosen aus vollem Tempo von der SCM-Deckung in Wrestling-Manier auf den Rücken befördert. Das Duell der beiden besten deutschen Mannschaften war ein körperlicher Abnutzungskampf, auch die Trainer Filip Jicha und Bennet Wiegert sprangen wild an der Seitenlinie umher.

„Hier regiert der SCM“, brüllten die Magdeburger Fans nach einem 5:0-Lauf zur Zweitoreführung (9:11/26.) kurz vor der Pause, ehe aus der angespannten eine vergiftete Atmosphäre wurde. Nach einem Zweikampf gerieten die langjährigen Nationalmannschaftskollegen Philipp Weber und Hendrik Pekeler aneinander, beschimpften sich auf dem Weg zur Strafbank und auch wenig später später auf dem Weg in die Kabine. Auch Duvnjak mischte sich in den Zwist ein, provozierte nach der Halbzeitsirene (12:13) ein großes Handgemenge. „Wir wollten hart spielen und wussten, dass auch Magdeburg hart spielt. Deshalb ist dieser Sport so geil“, sagte Duvnjak nach dem Spiel mit einem Lachen.

THW Kiel findet Schlüssel zum Sieg in der Abwehr

Die erhitzten Gemüter hatten sich zu Beginn des zweiten Durchgangs etwas beruhigt, an Spannung und Dramatik mangelte es aber weiterhin nicht. Weder die kurz vor der deutschen Meisterschaft stehenden Magdeburger, die sich im Halbfinale locker mit 30:22 des HC Erlangen entledigt hatten, noch der THW Kiel (28:26 gegen den TBV Lemgo Lippe) konnten sich zu Beginn der zweiten Halbzeit entscheidend absetzen. „Wir waren bis zur 45. Minute voll im Spiel. Dann kam ein gnadenlos effektiver THW Kiel auf uns zu, der aus 13 Positionsangriffen zwölf Tore macht“, sagte SCM-Coach Bennet Wiegert.

Kiel verteidigte extrem intensiv, ließ den SCM um Shootingstar Omar Ingi Magnusson, den sie in Magdeburg liebevoll nur „Oma Inge“ nennen, in der Schlussviertelstunde nur noch zu drei Toren kommen – auch weil Welthandballer Niklas Landin im Tor mit 14 Paraden überragte. „Es passiert nicht oft, dass Magdeburg nur acht Tore in einer Halbzeit macht“, sagte Sagosen, der wie Magnusson siebenmal traf.

Handball-Finalturnier findet künftig in Köln statt

Das denkwürdige Endspiel war gleichzeitig auch das Ende einer langen Final-Four-Tradition in Hamburg. Seit 1994 hatte das Turnier traditionell in der Hansestadt stattgefunden, zunächst in der Sporthalle Hamburg, von 2003 an in der 13.000 Zuschauer fassenden Arena im Volkspark. Vom kommenden Jahr an steigt die Endrunde erstmals in der 19.750 Zuschauer fassenden Kölner Lanxess Arena. „Ich bin sehr gerne hier und definitiv traurig, dass wir Hamburg verlassen“, sagte THW-Coach Filip Jicha. Abgesehen von der größeren Zuschauerkapazität hat die Kölner Arena der Barclays Arena in den vergangenen Jahren auch im Ton- und Lichttechnikbereich den Rang abgelaufen. „Wir gehen mit mindestens einem weinenden Auge“, erklärte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann. „Wir sind mit dieser Veranstaltung aber auch ein Impulsgeber und Innovator. Da sehen wir in Köln größere Chancen, eine Weltklasseveranstaltung zu bieten.“

Patrick Wiencek war da längst zum Feiern in der Kabine verschwunden, während das Partykomitee um Linksaußen Rune Dahmke das weitere Vorgehen plante. „Ich verspreche, dass es eine gute Party wird“, sagte Duvnjak.

Schema:

  • Tore THW Kiel: Sagosen 7, Pekeler 6, Ekberg 4, Zarabec 2, Duvnjak 2, Weinhold 2, Dahmke 2, Wiencek 1, M. Landin 1, Reinkind 1, Horak, Bilyk, Ehrig, Ciudad Benitez.
  • Tore SC Magdeburg: Magnusson 7, Pettersson 4, Weber 4, Jensen 2, Chrapkowski 1, Gullerud 1, Mertens 1, Kristjansson 1, Hornke, Bezjak, Damgaard, Musche, Smits, O´Sullivan.
  • Schiedsrichter: Baumgart/Wild.
  • Zuschauer: 13.200 (ausverkauft).