Hamburg. Nach 28 Jahren findet in der Stadt das letzte Mal das Final Four statt. Gibt es das Traumfinale zwischen Kiel und Magdeburg?

Der Zeitplan steht. Wenn am Sonntagnachmittag um 15.08 Uhr die letzten Konfettischnipsel vom Himmel regnen, der Arena-DJ den Queen-Klassiker „We Are The Champions“ über die Boxen dröhnen lässt und der DHB-Pokalsieger allmählich zum Feiern im Bauch der Barclays Arena verschwindet, ist die größte Handballparty der vergangenen 28 Jahre in Hamburg Geschichte. Seit 1994 stieg das Final Four traditionell in der Hansestadt, zunächst in der Sporthalle Hamburg, von 2003 an in der 13.000 Zuschauer fassenden Arena im Volkspark. Vom kommenden Jahr an wird die Pokalendrunde in der Kölner Lanxess-Arena ausgetragen.

„Wir haben immer wieder die Verträge in Hamburg verlängert, auch gegen viele Angebote der Konkurrenz. Diese Veranstaltung ist extrem begehrt“, sagte Frank Bohmann vor wenigen Wochen im Abendblatt-Podcast „Auszeit HSVH“. Bei der jüngsten Vergabe konnte der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL) den Angeboten der Konkurrenz nicht mehr widerstehen.

DHB-Pokal: Kölner Arena ist Hamburg überlegen

„Letztendlich haben wir uns für Köln entschieden, weil Köln immer weiter und kontinuierlich in den Teamsport investiert hat. Die Kölner Arena ist der Hamburger Arena beim Lichtkonzept, beim Tonkonzept und den Zuschauerrängen überlegen“, sagte Bohmann. Längst besteht das Final Four aus mehr als zwei Halbfinals am Sonnabend und dem Endspiel am Sonntag. Es geht nicht mehr nur um Sport, sondern um ein durchvermarktetes Hochglanzevent mit Lasershows, Halbzeitprogrammen und Musikunterhaltung.

Auch deshalb, stellte der HBL-Geschäftsführer klar, habe man sich für den Standortwechsel entschieden. „Die Arena in Hamburg ist ein bisschen ins Hintertreffen geraten. Man merkt, dass hier kein Teamsport mehr zu Hause ist“, sagte Bohmann. „Die Digitalisierung ist nicht auf dem allerneusten Stand, da muss einiges passieren.“

Resttickets für Final Four verfügbar

Während das Final Four vor der Corona-Pandemie in der Regel nach wenigen Tagen ausverkauft war, gab es am Freitag noch Resttickets – was auch an den selbstbewussten Preisen liegen dürfte. So kostet ein Ticket der günstigsten Kategorie (in der Ecke, direkt unter dem Hallendach) stolze 69 Euro. Wer mittig im Unterrang sitzen will, zahlt in der höchsten Kategorie 224 Euro. Der Wechsel nach Köln 2023 verwundert da kaum, bietet die Lanxess Arena mit 19.750 Plätzen doch noch deutlich mehr Gewinnpotenzial. Das Final Four der Champions League findet bereits seit 2010 in der Rheinmetropole statt.

Wer beim Abschied aus Hamburg an diesem Wochenende kein Ticket besitzt, kann vor dem Fernseher dabei sein. „Wir werden mehr als 30 Fernsehstationen haben, die diese Spiele auch international live übertragen“, kündigte Bohmann an. Das erste Halbfinale zwischen dem THW Kiel und Titelverteidiger TBV Lemgo Lippe (13.30 Uhr) überträgt Sky Sport News HD im linearen Fernsehen und in einem kostenlosen Livestream auf www.skysport.de.

Duvnjak trauert Hamburg hinterher

Das zweite Halbfinale zwischen Ligaprimus und Meisterschaftsfavorit SC Magdeburg und dem HC Erlangen (16.10 Uhr) läuft wie das Finale am Sonntag (13.25 Uhr) parallel auf Sky und in der ARD. Mit dem erstmals eingesetzten Videobeweis sowie dem Auszeit-Buzzer bekommen die Zuschauer zudem zwei technische Neuheiten präsentiert. Beides soll vom Sommer an in der Bundesliga zum Standard gehören.

THW-Kapitän Domagoj Duvnjak trauert dem Abschied aus der Hansestadt bereits hinterher. „Für mich persönlich ist das sehr schade, weil ich sehr viele schöne Erlebnisse mit dieser Halle und dieser Stadt verbinde. Ich hoffe, dass ich das Wochenende noch mal genießen kann“, sagt der kroatische Rückraumspieler, als ihn das Abendblatt am frühen Freitagabend am Telefon erreicht. Von 2009 bis 2014 reifte er beim HSV Handball zum Weltklassespieler, mit dem THW gewann er 2017 und 2019 den Pokal in seiner alten Halle.

„Ich weiß nicht, wer über Magdeburg redet"

Für die Kieler geht es am Wochenende auch um Wiedergutmachung. Im vergangenen Jahr hatte der deutsche Rekordmeister nach einer 18:11-Halbzeitführung eine peinliche 28:29-Niederlage gegen den späteren Pokalsieger Lemgo eingesteckt. „Für mich ist das letzte Final Four Vergangenheit, auch wenn die Niederlage immer noch unerklärbar ist. Ich glaube, dass es diesmal ein ganz anderes Spiel wird“, sagt Duvnjak.

Dass die Kieler als Rekordpokalsieger (elf Titel) dennoch nicht als Favorit anreisen, liegt am SC Magdeburg. Duvnjak möchte von einem möglichen „Traumfinale“ gegen den souveränen Bundesliga-Tabellenführer aber (noch) nichts wissen. „Ich weiß nicht, wer über Magdeburg redet. Wir sind nur auf das Halbfinale fokussiert. Lemgo spielt schon seit mehreren Jahren gut zusammen, wir haben oft Probleme gegen sie gehabt. Sie spielen eine gute 6-0-Abwehr und sind im Angriff sehr geduldig“, weiß der 33-Jährige.

DHB-Pokal: Magdeburg hat sechs Punkte Vorsprung

In der Liga hat Magdeburg zwar sechs Punkte Vorsprung auf den THW – im letzten direkten Aufeinandertreffen Ende März siegten die Kieler jedoch mit 30:25. „Es war in der Vergangenheit beim Final Four immer egal, wer in der Meisterschaft auf welchem Platz steht. Jedes Team hat die Chance von 25 Prozent auf den Titel“, sagt der THW-Spielmacher. Es ist angerichtet für eine letzte große Handballparty in Hamburg.