Hamburg. Der langjährige Bundesligaspieler Johannes Persoon beerbt beim Hockey-Bundesligisten Claas Henkel und muss den Neuaufbau vorantreiben.

Das Bild, das seine Mentalität beschreibt, hat sich eingebrannt im Kopf all derer, die es sahen. Wie Johannes Persoon einen Schneidezahn und zwei Eckzähne aus seinem blutenden Mund holt, sie in ein Taschentuch wickelt, sich kurz an der Lippe nähen lässt und wenige Minuten später wieder auf dem Hallenparkett steht, um seinem Harvestehuder THC zum Sieg zu verhelfen – beeindruckender ist bedingungsloser Einsatz kaum zu demonstrieren. Fünfeinhalb Jahre ist das her, und der 28-Jährige kann, auch dank seiner astrein gefertigten Brücken, die das von einem gegnerischen Schläger lädierte Gebiss seitdem schmücken, heute lächeln über die schaurige Anekdote.

Es dürfte eine gute Nachricht sein für die Hockeydamen des Uhlenhorster HC, dass ihr neuer Cheftrainer von ihnen solcherlei Einsatz nicht erwartet. „Im Rückblick hätte ich nicht weiterspielen sollen. Ich habe diese Entscheidung damals im Schockzustand getroffen, lag danach zwei Wochen richtig flach, weil mein Körper mir zeigen wollte, dass es so nicht geht“, sagt er.

UHC-Damencoach Persoon fordert Leidenschaft

Wer verletzt sei, solle sich schonen. Von all jenen jedoch, die im Vollbesitz ihrer physischen Kräfte sind, erwartet der gebürtige Hamburger Hingabe und Leidenschaft. „Immer alles geben, was möglich ist, das ist meine Maxime. Und ich möchte, dass meine Mannschaft das auch ausstrahlt“, sagt er.

Johannes Persoon, den die meisten Jojo nennen, hat früh gemerkt, dass der Trainerjob ihn interessiert. Mit 15 engagierte er sich in seinem Heimatverein Großflottbeker THGC als Coach der C-Mädchen. „Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich seitdem dabeigeblieben bin“, sagt er. Als nun nach einer Saison als Co-Trainer von Claas Henkel das Angebot kam, den Meistercoach, der nach acht Jahren im UHC den neu geschaffenen Posten des Sportdirektors übernimmt, zu beerben, musste er nicht lange überlegen. „So eine Offerte lehnt man nicht ab, wenn man Ambitionen hat, in der Bundesliga zu trainieren“, sagt er.

UHC hat Charlotte Stapenhorst verloren

Um angesichts seines Hauptberufs im Onlinevertrieb des Heimsportgerätehändlers Latupo ausreichend Zeit für die neue Herausforderung zu haben, entschied sich Johannes Persoon dafür, seine aktive Karriere beim aus der Bundesliga abgestiegenen GTHGC zu beenden und sich komplett auf den Neuaufbau beim UHC zu konzentrieren, der unter Henkel immerhin drei deutsche Meistertitel im Feld und zwei in der Halle sammelte.

Mit Nationalstürmerin Charlotte Stapenhorst, die in ihre Heimat Berlin zum Zweitligisten Zehlendorfer Wespen zurückgekehrt ist, hat der Club seine beste Eckenschützin und Torjägerin eingebüßt. Mit Janne Müller-Wieland und Hannah Seifert fehlen zudem zwei extrem wichtige Stützen aus beruflichen Gründen für die Hinrunde der Feldsaison 2021/22, die am ersten Septemberwochenende beginnt.

„Wir wollen uns nicht verstecken"

„Es wird eine große Herausforderung, das aufzufangen“, sagt der neue Chefcoach, „dennoch ist meine Spielidee eine offensive. Wir wollen uns nicht verstecken, sondern ein laufintensives System spielen und körperlich auf Toplevel sein.“ Dabei helfen sollen die schottische Neuerwerbung Amy Costello, die Schweizer U-21-Nationalspielerin Charline Heselhaus und die Ex-Flottbekerin Ida Köllinger, die aus Mülheim wechselt.

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Ein Saisonziel wollen Persoon und das Team an diesem Wochenende im Trainingslager in Lübeck festlegen, die Teilnahme am Viertelfinale sei jedoch seine Minimalvorgabe. Er selbst wolle so schnell wie möglich im neuen Job ankommen, ohne sich dabei komplett von seinem Vorgänger zu lösen. „Ich habe von Claas unheimlich viel gelernt und bin sehr froh, dass er seine Unterstützung angeboten hat“, sagt er.

Persoon muss im UHC-Team Lücken schließen

Henkel ist überzeugt davon, dass seinem Wunschnachfolger die Transformation schnell gelingen wird. „Abgesehen davon, dass ich menschlich und fachlich von ihm überzeugt bin, hat sich auch das Team vehement für ihn ausgesprochen“, sagt er. Johannes Persoon zeigt, auf dieses Lob angesprochen, sein schönstes Lächeln. Seine Aufgabe ist nun, auch im neuen UHC-Team die entstandenen Lücken zu schließen.