Hamburg. Weil die beiden Stammkeeper ausfallen, hütet nun der 18 Jahre alte Luis Wittorf den Kasten der Eishockey-Crocodiles.

Das Gute sei gewesen, dass er keinerlei Erwartungen hatte. „Also konnte ich nicht enttäuscht werden, sondern eigentlich nur gewinnen. Das hat mir den Druck genommen“, sagt Luis Wittorf, und irgendwie klingt das logisch. Junge Spieler, die die Gelegenheit bekommen, sich im Herrenteam zu beweisen, neigen dazu, sich selbst zu viel abzuverlangen, um die große Chance nicht zu vermasseln.

Aber bei den Eishockey-Oberligamännern der Crocodiles Hamburg sind sie einfach nur froh, dass Luis Wittorf da ist und das Tor hüten kann. Insofern kann der 18-Jährige wirklich nur gewinnen.

Luis Wittorf hatte mit seiner Rückkehr erst Anfang April gerechnet

Unverhofft kommt oft – dieses Sprichwort beschreibt perfekt, wie der Nachwuchskeeper zu seinem ersten Oberligaeinsatz kam. Nachdem er sich im September 2020 im Training einen Bruch der Kniescheibe zugezogen hatte, war mit seiner Rückkehr erst Anfang April gerechnet worden.

Dann meldete sich am vergangenen Donnerstag vor dem Auswärtsspiel in Rostock Stammtorwart Kai Kristian (30) mit einer Erkältung krank. Cheftrainer Jacek Plachta fragte bei Luis Wittorf an, ob dieser sich als Back-up für Ersatztorhüter Niklas Zoschke (24) auf die Bank setzen könne.

Etwas aufgeregt war er schon

Wittorf absolvierte als Belastungstest die Vormittagseinheit am Freitagmorgen – sein erstes Training seit der schweren Verletzung – und gab sein Okay. Allerdings hatte Zoschke im selben Training einen Schuss an den Kopf bekommen und musste mit Gehirnerschütterung passen. Und so stand am Freitagabend in Rostock plötzlich Wittorf im Tor.

Etwas aufgeregt sei er gewesen, gibt der Schüler, der nahe Neumünster wohnt und dort in diesem Sommer sein Abitur macht, zu. „Aber die Jungs haben mir extrem gut geholfen. Ich habe versucht, mich immer nur auf den nächsten Schuss zu konzentrieren, egal wie es stand. Das hat funktioniert.“ Und zwar so gut, dass das Team aus einem 1:4-Rückstand noch ein 6:4 machte. Mit dem Selbstvertrauen aus diesem Spiel legte der Tabellenvierte aus Farmsen am Sonntagabend ein 5:3 gegen die Hannover Indians nach – mit Wittorf im Tor, der sich bereits deutlich sicherer fühlte.

Erst vor fünf Jahren begann er mit dem Eishockey

An diesem Mittwoch (19.30 Uhr, Eisland Farmsen) bekommt der 1,87 Meter große Keeper, der in der Jugend Inlinehockey spielte und erst vor fünf Jahren mit dem Eishockey begann, gegen den Tabellenzweiten Tilburg Trappers seine dritte Bewährungschance. Sollte auch ihm etwas passieren, sitzt als Ersatzmann Tobias Loepp (32) auf der Bank, der wie Wittorf im 1B-Team der Crocodiles spielt. Aber über so etwas denkt Luis Wittorf nicht nach, er will „Spaß haben und der Mannschaft helfen, dass wir den dritten Sieg in Folge schaffen.“

Und er will nicht verhehlen, dass er Blut geleckt hat. „Seit vergangener Saison, als ich schon für ein paar Spiele in der Oberliga auf der Bank saß, arbeite ich darauf hin, irgendwann Stammspieler zu sein“, sagt er. Regelmäßiges Training mit der Mannschaft ist zwar nicht möglich, die Schule stellt ihn aber immerhin für ausgewählte Einheiten frei; so auch an diesem Mittwoch, wenn am Vormittag der Pre-Game-Skate ansteht.

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Nach dem Abitur wolle er Eishockey an erste Stelle rücken. Ein Studium oder eine Ausbildung hat er zunächst nicht geplant. Um nebenbei Geld zu verdienen, jobbt er im Restaurant seiner Eltern und im Social-Media-Marketing verschiedener Online-Casinos. Zocken auf eine Profikarriere könne er sich auf jeden Fall vorstellen.

Dennoch werde er, sobald Kristian wieder fit ist, seinen Platz klaglos räumen. „Ich muss noch sehr viel lernen, und das kann ich auch, indem ich Kai zuschaue“, sagt er. Seine Visitenkarte hat er nun allerdings hinterlassen.