Debatte um Corona-Massentests im Fußball erhält neue Nahrung. BVB-Boss Watzke sieht bei einem Szenario die Bundesliga „absaufen“.

Die Coronakrise hat auch massive Auswirkungen auf die Welt des Sports.

Die Entwicklungen am Sonntag, den 26. April 2020:

Ethikrat-Mitglied Merkel: Fußball bevorzugen

Sind Massentests im Fußball moralisch vertretbar? Um diese Frage ist eine Debatte entfacht, die nun neue Nahrung von Reinhard Merkel (70), dem Mitglied des Deutschen Ethikrats erhalten hat. Nach Ansicht des Rechtsphilosophen darf Deutschlands beliebteste Sportart bei einer Suche nach einem Weg aus der Coronakrise bevorzugt behandelt werden. „Wenn man das Risiko deutlich reduzieren und ein Modell der intelligenten Exit-Strategie etablieren sowie ausprobieren kann, ist das durchaus ein Grund, diese Gruppe anders zu behandeln“, sagte er dem "Deutschlandfunk".

Merkel forderte von der gesamten Gesellschaft „kreative Wege“ aus dem Shutdown und lobte in dem Zusammenhang die Liga. Denn das von der DFL erarbeitete Strategiepapier für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs bezeichnete er als „interessantes Modell“. DFL-Boss Christian Seifert hatte am Donnerstag angekündigt, für einen Neustart mit Geisterspielen ab dem 9. Mai bereit zu sein. Dass dann bereits wieder der Ball rollen wird, ist aber eher unwahrscheinlich. Die Politik wird vermutlich erst am 6. Mai – wenn überhaupt – weitere Lockerungen verkünden.

Watzke: „Dann säuft die Bundesliga ab“

Welches Szenario der Bundesliga droht, sollte die Saison nicht fortgesetzt werden, hat nun einmal mehr BVB-Boss Hans-Joachim Watzke aufgezeigt. „Wenn wir die nächsten Monate nicht mehr spielen, dann säuft die ganze Bundesliga ab. Dann wird es die in der Form nicht mehr geben, wie wir sie gekannt haben“, sagte Dortmunds Geschäftsführer beim Pay-TV-Sender Sky.

Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. © picture alliance

Watzke versicherte, dass er die Kritik vieler Fangruppen verstehe, die sich teils vehement gegen Geisterspiele ausgesprochen hatten. „Natürlich weiß ich auch, dass viele Fans sagen, die Stimmung im Stadion ist doch nicht da, die kommt doch im Fernsehen nicht so rüber. Das ist völlig klar“, sagte der 60-Jährige. Es gehe aber nicht um eine Kleinigkeit für die Liga. „Es geht ja hier um die Rettung des Fußballs“, sagte Watzke.

Zeigt die ARD die Bundesliga live?

Um den Fußballfans entgegenzukommen, könnten einige Bundesligaspiele im Free-TV laufen – die ARD zeigt sich gesprächsbereit. „Wenn es gesellschaftlich Sinn ergibt und gewünscht ist, verschließen wir uns dem Thema nicht, sollten sich Sky, DAZN und die DFL damit irgendwann befassen. Dann, und nur dann, würden wir für Gespräche bereitstehen“, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky.

Will Lemke prägte als Manager die erfolgreiche Bremer Ära in den 80er- und 90er-Jahren.
Will Lemke prägte als Manager die erfolgreiche Bremer Ära in den 80er- und 90er-Jahren. © Witters

Zuvor hatte sich der frühere Werder-Boss Willi Lemke für die Live-Übertragung von Geisterspielen im Free-TV starkgemacht. „Das hätte den unglaublich wichtigen Effekt, dass der Run auf die Wohnzimmer mit Sky-Ausstattung unterbleiben würde. Und die Leute würden vielleicht nicht zu den Stadien gehen und sich dort infizieren“, sagte der 73-Jährige der „Bild“. Er erwarte nicht, dass Sky und DAZN die Spiele kostenlos übertragen oder die Rechte an Wettbewerber wie ARD und ZDF verschenken. „Dafür müssten die anderen Sender angemessen bezahlen.“

Polizei-Gewerkschaft: „Geisterspiele eine Gefahr“

Um Geisterspiele zu ermöglichen, muss allerdings die Polizei ihr "Go" geben. Dass die Liga um diese Ja-Stimme noch kämpfen muss, unterstrich nun die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die vor möglichen Fan-Ansammlungen bei Geisterspielen warnt. „Geisterspiele sind eine Gefahr, auch wenn der Veranstalter im Stadion alles tut, damit Hygienevorschriften eingehalten werden, um das Infektionsrisiko so niedrig wie möglich zu halten“, sagte GdP-Vize Jörg Radek der „FAS“. Es sei das gute Recht der DFL, einen Plan für den Neustart der Saison auszuarbeiten, „aber er scheint mir nicht alle Aspekte zu berücksichtigen“, sagte Radek.

Es sei vielleicht möglich zu kontrollieren, was im Stadion passiere. „Für den öffentlichen Raum davor gilt das nicht. Die Stadien werden zu einem potenziellen Ziel von Fans, die ihr Team unterstützen wollen. Das wäre verheerend. Es darf während dieser Pandemie nicht zu großen Menschenansammlungen vor den Stadiontoren kommen. Das ist nicht nur verboten, es wäre unverantwortlich“, sagte Radek.

Müller imitiert Pferd: „Immer in Bewegung“

Wir entfernen uns etwas vom Fußballplatz und wechseln in die Reithalle, wo Thomas Müller (30) seine sportlichen Qualitäten demonstriert hat. Der Bayern-Star joggte vor dem Pferd seiner Gattin her, dabei überwand er mehr oder weniger elegant verschiedene Hindernisse. Mit Lisa im Sattel folgte ihm das Ross und imitierte die vorgemachten Übungen in Perfektion. „Immer in Bewegung. Hatte ein schönes Workout mit Lisa Müller“, schrieb der Offensivspieler scherzhaft zu dem Video bei Instagram.

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Everton „entsetzt“ über Coronaparty von Profi

Die Premier League ist um einen weiteren Coronaparty-Skandal reicher. Und der betroffene Verein, der FC Everton, reagiert „entsetzt“ auf die Hausparty seines italienischen Profis Moise Kean (20). Der Spieler habe sich über die Corona-Regeln des Vereins und der Regierung hinweggesetzt, hieß es in einer Erklärung der Toffees. Laut „Daily Star" soll sich Gastgeber Kean selbst bei der Feier gefilmt haben. Die Aufnahmen sollen auch weibliche Gäste beim lap dance zeigen. „Der Club hat seine Enttäuschung dem Spieler gegenüber mit Nachdruck zum Ausdruck gebracht und klar gemacht, dass ein derartiges Verhalten völlig inakzeptabel ist“, teilte Everton mit.

Everton-Profi Moise Kean hat offensichtlich noch Nachholbedarf in Sachen Coronaregeln.
Everton-Profi Moise Kean hat offensichtlich noch Nachholbedarf in Sachen Coronaregeln. © imago / PA Images

Kean reihte sich mit seinem Fehltritt in die Riege der Premier-League-Stars mit Verstößen gegen die Corona-Regeln ein. Kyle Walker von Manchester City etwa soll eine Party mit zwei Prostituierten gefeiert haben. Serge Aurier und Moussa Sissoko (Tottenham Hotspur) mussten sich für ein gemeinsames Training entschuldigen, ihr Coach José Mourinho für einen ähnlichen Verstoß mit seinem Profi Tanguy Ndombele.

Mehr zum Thema:

Chelsea verzichtet auf Gehaltskürzungen

Wie ein Verein den Weg einer kreative Alternative statt pauschalen Gehaltskürzungen der Profis gehen kann, hat nun der FC Chelsea gezeigt. Wie die Londoner mitteilten, sollen Antonio Rüdiger & Co. weiterhin die vollen Bezüge erhalten und davon wohltätige Projekte zur Bekämpfung der Coronakrise finanziell unterstützen. Das vom russischen Milliardär Roman Abramowitsch finanzierte Chelsea will zudem keine staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen.

Arsenal-Profis dürfen wieder trainieren

Wir bleiben in London: Die Fußballer des FC Arsenal um Mesut Özil dürfen in der kommenden Woche auf das Trainingsgelände des Clubs zurückkehren. „Die Zugangszahl wird beschränkt sein“, teilte ein Sprecher des Vereins mit. Arsenal werde sorgfältig agieren und zu jeder Zeit das Social Distancing beibehalten. Die Gebäude am Gelände der Gunners bleiben geschlossen. „Die Spieler kommen alleine, arbeiten individuell und kehren nach Hause zurück.“ Es soll das Rotationsprinzip gelten.

Polnische Liga soll am 29. Mai starten

Und noch eine Meldung vom internationalen Fußball: Die Meisterschaft in Polen soll am 29. Mai mit Geisterspielen wieder den Betrieb aufnehmen. Den Termin für den Neustart der „Ekstraklasa“ verkündete Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Unter strengen Schutzvorkehrungen gegen das Coronavirus könnten die Profis nun das Training wieder aufnehmen. Vier Spieltage der Hauptrunde stehen noch aus. Anschließend wird die Liga in eine Meisterrunde und eine Abstiegsrunde geteilt.

Trotz Corona: In Nicaragua vor Zuschauern geboxt

Inmitten der Corona-Pandemie ist in Nicaragua vor Hunderten Zuschauern geboxt worden. Ein Abend mit mehreren Kämpfen zwischen lokalen Boxern fand in einer Halle in der Hauptstadt Managua statt. Die Veranstaltung wurde auch im Sportsender ESPN übertragen. Angesichts der Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus trafen die Veranstalter Vorkehrungen: Zwischen den Sitzen wurde reichlich Platz gelassen, viele Anwesende trugen Atemschutzmasken, und Besuchern wurden die Hände besprüht, wie auf Videos zu sehen war.

Dennoch stand der Abend im krassen Gegensatz zu den Absagen von Sportveranstaltungen auf der ganzen Welt. Nicaragua gehört – neben Ländern wie Belarus, Turkmenistan und Burundi – zu den wenigen Staaten, in denen noch professioneller Sport betrieben wird. Auch Fußball wird noch gespielt, allerdings vor leeren Rängen. Offiziell gab es in Nicaragua bisher erst drei Covid-19-Todesfälle.

Präsident Daniel Ortega ignoriert das Coronavirus in Nicaragua, die Menschen müssen sich selbst um einen Schutz kümmern.
Präsident Daniel Ortega ignoriert das Coronavirus in Nicaragua, die Menschen müssen sich selbst um einen Schutz kümmern. © AFP

Der von den linken Sandinisten regierte Staat hat bislang kaum Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus ergriffen. Es gibt weder Ausgangsbeschränkungen noch Verbote von Menschenansammlungen. Die Regierung organisiert weiter Massenveranstaltungen. Amnesty International warf ihr vor, damit das Leben Tausender Menschen zu gefährden. Präsident Daniel Ortega hatte am 15. April bei einem seltenen öffentlichen Auftritt gesagt: „Wenn wir hier aufhören, zu arbeiten, stirbt das Land.“

Scholz: Corona sollte HSV-Aufstieg nicht verhindern

Finanzminister Olaf Scholz hofft auf einen Neustart des Fußballs. „Ich würde mich freuen, wenn es in der zweiten Mai-Hälfte in der Liga wieder losgehen könnte, soweit es verantwortbar ist für Sportler und Trainer“, sagte der SPD-Politiker der „Bild am Sonntag“. Der ehemalige Hamburger Bürgermeister hat dabei ein besonderes Anliegen: „Corona sollte den Aufstieg des HSV nicht in letzter Minute verhindern.“