Hamburg. Der 22-Jährige vom Club an der Alster kann in der laufenden Hallensaison als einziger deutscher Hockeyspieler drei Titel gewinnen.

Es ist eine fiese Fangfrage, doch weil Jesper Kamlade ein kluges Köpfchen ist, wählt er die richtige Antwort. „Ich möchte mich nicht für einen Titel entscheiden, sondern alle gewinnen“, sagt der 22-Jährige, der in der laufenden Hallensaison vor einem Luxusproblem steht. Als einziger deutscher Hockeyspieler könnte der Soziologiestudent drei Titel gewinnen: Mit dem Club an der Alster die deutsche Meisterschaft (Endrunde am 8./9. Februar in Stuttgart) und den Europapokal eine Woche später im polnischen Posen. Und mit der deutschen Nationalmannschaft, für die er als einziger Alsteraner nominiert ist, die Heim-Europameisterschaft in Berlin (17. bis 19. Januar).

Eine Prioritätenliste für die drei verschiedenen Triumphe aufzustellen liegt dem in Lüneburg aufgewachsenen Edeltechniker also fern, was seinen Grund vor allem darin hat, dass er keinen Unterschied macht zwischen den Auftritten im Club- und Nationaldress – solange der Spaß stimmt. Denn Spaß ist das, was Jesper Kamlade überhaupt noch im Leistungssport hält. „Ich brauche das Gefühl, einfach drauflosspielen zu können und meine Freiheiten zu haben“, sagt er. Natürlich hält er sich an taktische Vorgaben, aber seine Leistungsgrenze erreicht er nur, wenn er nicht in zu enge Schablonen gepresst wird.

Er galt als eins der größten deutschen Talente

Als Kamlade mit 17 in Alsters Bundesligateam debütierte, galt er als eins der größten deutschen Talente. Doch weil er sich nach dem Abitur 2016 fragte, ob er wirklich bereit wäre, das extrem zeitintensive Trainingsprogramm durchzuziehen, das A-Nationalspieler im Feldhockey mit dem Ziel Olympia auf sich nehmen müssen, war seine Antwort ein Pausenjahr. „Bis dahin hatte ich hauptsächlich fürs Hockey gelebt. Aber da in unserem Sport keine finanzielle Basis für die Zukunft gelegt werden kann, wollte ich herausfinden, was das Leben noch für mich bereithält“, sagt er. Also entschied er sich, aus der U-21-Auswahl und dem Ligabetrieb auszusteigen, nach Lüneburg in eine WG mit seinem Bruder zu ziehen und sich in Ruhe über seinen beruflichen Weg klar zu werden.

Bereut hat er diesen Schritt mitnichten. „Ich bin als besserer Spieler und reiferer Mensch mit einem anderen Mindset zurückgekommen“, sagt er. Seine Neigung, den Spaß am Sport in den Vordergrund zu stellen, habe noch zugenommen. Und weil er sich dank seiner starken Technik und Antrittsschnelligkeit unterm Hallendach besonders wohlfühlt, ist der Winter die Zeit, die Jesper Kamlade besonders viel Freude bereitet. Im Hallenhockey kann er seine Vielseitigkeit unter Beweis stellen. Im Nationalteam ist er als rechter Verteidiger gefragt, in der Bundesliga darf er im zentralen Mittelfeld den kreativen Spielaufbau lenken.

„Ich spiele, wo ich gebraucht werde“

Auch als Torjäger taugt Kamlade, was er am vergangenen Sonntag im Topspiel beim Hamburger Polo Club mit dem wichtigen Treffer zum 4:4-Endstand unter Beweis stellte. An diesem Mittwoch (20.30 Uhr, Hallerstraße) kann der Tabellenzweite Alster mit einem Sieg im Rückspiel am aktuellen Spitzenreiter Polo vorbeiziehen. „Das wäre ein sehr wichtiger Schritt, um unserem ersten Ziel, das Viertelfinale zu erreichen, näher zu kommen“, sagt Jesper Kamlade.

Eine Prioritätenliste hat er – man ahnt es – auch für seine Einsatzstellen nicht. „Ich spiele, wo ich gebraucht werde, jede Position hat ihren Reiz“, sagt er. Wichtig sei, cool zu bleiben und die Ziele Schritt für Schritt abzuarbeiten. Europameister, deutscher Meister, dann Europacupsieger – das wäre ein Dreiklang, der ihm größten Spaß bereiten würde.