Innsbruck. Karl Geiger wurde in Innsbruck Achter. Seine Chancen auf den Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee sind nur noch minimal.

Es gehört ohnehin jede Menge Mut und auch ein Schuss Verrücktheit dazu, auf Skiern eine Schanze herunterzusausen und zum Flug anzusetzen. Der Bergisel in Innsbruck stellt zusätzlich weitere Anforderungen, vor allem mentale, an diese tollkühnen Athleten: Vor dem Sprung ins Tal blicken sie auf eine Kirche und einen Friedhof. Innsbruck verleiht ein makabres, ein mulmiges Gefühl.

Karl Geiger hat inzwischen Routine darin, dies auszublenden. Als er am Samstag nach seinem ersten Sprung auf 117,5 Meter den Auslauf hochgefahren war und in Richtung Punkteanzeige schaute, da lächelte der 26-Jährige süffisant. Geiger ahnte da bereits: Das wird’s wohl gewesen sein. Zwar gelang ihm später noch eine Leistungssteigerung um 16 Plätze, aber durch Rang acht und 13,3 Punkte Rückstand nach drei Springen auf den neuen Führenden sind die Chancen auf den ersten deutschen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee seit 2002 auf ein Minimum gesunken. „Es ärgert mich extrem“, sagte Geiger, für den Triumph „darf man sich keine Fehler erlauben, und man braucht noch Glück dazu.“ Der Willinger Stephan Leyhe war als Fünfter (241,6) bester Deutscher, Markus Eisenbichler (Siegsdorf/200,7) rutschte gar auf Rang 27 ab.

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Zweikampf zwischen Kubacki und Lindvik

Wenn es um den Tourneesieg geht, ist aus dem Zweikampf Karl Geiger gegen Ryoyu Kobayashi zur Verwunderung aller Experten ein Zweikampf Dawid Kubacki gegen Marius Lindvik geworden. Der 21 Jahre alte Norweger (253,3 Punkte) war wie schon in Garmisch-Partenkirchen am Neujahrstag auch am Samstag am Bergisel nicht zu bezwingen und ist nun ärgster Verfolger des Polen Kubacki: Der Weltmeister von der Normalschanze hatte in Innsbruck nur 1,3 Punkte weniger als Lindvik, profitiert vor der Entscheidung am Montag (17.15 Uhr/ARD und Eurosport) in Bischofshofen aber von seinen Auftaktsprüngen in Oberstdorf, als er Dritter und Lindvik nur Zehnter war. Kubacki liegt als neuer Gesamtführender (830,7) nach drei Springen 9,1 Punkte vor der großen Tournee-Überraschung.

An seinen ersten Tournee-Gesamtsieg will Kubacki trotzdem noch nicht denken, denn auch er hatte mit den tückischen und immer wieder wechselnden Windbedingungen zu kämpfen: „Ich habe ein eigenartiges Gefühl“, sagte er zu seinen Weiten noch zunächst 133 und dann nur noch 120,5 Metern. „Über den ersten Sprung bin ich sehr glücklich, der zweite hat sich nicht gut angefühlt, da muss ich mal mit dem Trainer drüber reden.“ Zumal sich Lindvik auch noch nicht geschlagen gibt: „Es läuft überragend. Ein Loch zu Dawid ist da, aber es ist nicht unmöglich, ihn einzuholen.“

Kobayashi belegt nur Rang 14

Geiger war im ersten Durchgang, als Nieselregen einsetzte und der Aufwind abflaute, gemeinsam mit Ryoyu Kobayashi der große Verlierer. Der Titelverteidiger aus Japan wurde sogar nur 14. und fiel damit in der Gesamtwertung (813,0) auf Platz vier hinter Geiger (813,4) zurück. „Der Bergisel kann nichts dafür. Die Bedingungen kann niemand beeinflussen. Es ist super, wie in Garmisch bei schlechtem Wind einen guten Sprung zu machen – das ist ihm leider diesmal nicht gelungen“, erklärte Bundestrainer Stefan Horngacher.

Dass es am Bergisel noch nie „richtig Klick gemacht hat bei mir“, wusste Geiger, aber „der erste Sprung war auch wirklich nicht feinste Klinge. Und wenn solche Bedingungen noch dazukommen, wird’s halt doppelt schwierig.“ 126 Meter im zweiten Versuch konnten sein bisher schlechtestes Saisonresultat nicht mehr verhindern. „Man kann die Tournee nur gewinnen, nicht verlieren“, wollte Karl Geiger nicht lange mit dem Schicksal hadern. „Am Montag wird in Bischofshofen noch einmal angegriffen.“