Hamburg. Titelverteidigerin und Lokalmatadorin beschenkt sich am ersten Geburtstag ihres Sohnes mit gelungenem Auftakt in Hamburg selbst.

Sonne satt, dröhnende Beats und grandiose Stimmung auf den Rängen: Olympiasiegerin Laura Ludwig und ihre neue Partnerin Margareta Kozuch haben mit ihrem WM-Auftaktsieg den Startschuss zur Beach-Party in Hamburg gegeben. Das HSV-Duo gewann am Freitagabend vor 5000 Zuschauern auf dem Center Court am Rothenbaum gegen die US-Amerikanerinnen Kelly Larsen/Emily Stockman nach einer starken Vorstellung glatt in zwei Sätzen – und das am ersten Geburtstag von Ludwigs Sohn Teo Johnston.

"Geburtstag war von 6 bis 8. Es gab Kuchen mit einer Kerze", sagte die Mutter, die trotz der verkürzten Feierlichkeiten strahlte. "Ich könnte nicht glücklicher sein", sagte Lokalmatadorin und Titelverteidigerin Ludwig: "Wir konnten es gar nicht abwarten, loszulegen." Die 33-Jährige, die ihre achte WM bestreitet, und die ein Jahr jüngere Blockspielerin Kozuch zeigten vor den begeisterten Fans eine beeindruckende Leistung, die vielleicht beste der Saison.

Kozuch: "Wir waren von Beginn an on fire"

Ludwig, Postergirl des Events, überzeugte in der Defensive, Kozuch riss die Zuschauer immer wieder mit ihren wuchtigen Schmetterbällen von den Sitzen. Und so waren sie nicht zu schlagen, dabei waren sie gegen Larsen/Stockman – immerhin die Nummer elf der Welt – im April bei einem Turnier in Warschau noch ohne Chance gewesen und mit demselben Ergebnis verloren. Kozuch/Ludwig sind derzeit bloß 57. des Rankings.

Doch für Ludwig schien der Sieg keine Überraschung: "Den haben wir erwartet." Im Unterschied zu Warschau hätten sie viel mehr Selbstvertrauen gehabt, dadurch sei ihr gesamtes Spiel stabiler gewesen.

"Super, dass wir so gestartet sind", sagte Kozuch nach ihrem ersten WM-Spiel überhaupt: "Wir waren von Beginn an on fire." Und so haben sie den Grundstein zum Erreichen der K.o.-Phase der letzten 32 ab Mittwoch gelegt. Die weiteren Gruppen-Gegnerinnen auf dem Weg dorthin sind die Brasilianerinnen Maria Antonelli und Carolina Solberg Salgado sowie die Außenseiterinnen Tochukwu Nnoruga/Francisca Ikhiede aus Nigeria.

Walkenhorst schaut mit Drillingen vorbei

Ludwig und "Maggie" Kozuch arbeiten erst seit rund sechs Monaten zusammen, nachdem Ludwigs alte Partnerin Kira Walkenhorst wegen zahlreicher Verletzungen eine Pause einlegen musste. WM-Expertin Walkenhorst, mit der Ludwig Olympia- und WM-Gold 2016 sowie 2017 holte, schaute am ersten Turniertag indes mit ihrer Ehefrau Maria Kleefisch und den gemeinsamen Drillingen am Rothenbaum vorbei.

Hoher Besuch: Kira Walkenhorst (v.r.) mit Ehefrau Maria Kleefisch, ihrem Vater sowie den Babys Mo, Pepe und Emma.
Hoher Besuch: Kira Walkenhorst (v.r.) mit Ehefrau Maria Kleefisch, ihrem Vater sowie den Babys Mo, Pepe und Emma. © Witters

Was Walkenhorst von ihrer ehemaligen Spielpartnerin zu sehen bekam, gefiel ihr. Und das, obwohl das neue Team noch nicht zu 100 Prozent eingespielt ist. Doch der erste Auftritt in Hamburg lässt auf mehr hoffen. Die Experten waren mit dem WM-Debüt des neuen Paares jedenfalls zufrieden. "Laura findet immer besser ins Spiel. Das Publikum hilft ihr dabei", meinte der ehemalige Weltklasse-Beachvolleyballer David Klemperer.

Ein Indiz: Die letzten drei Punkte des Spiels machte Ludwig, davon zwei mit direkten Abwehraktionen. Auch Kozuchs Vorstellung gefiel Klemperer, vor allem ihre Wucht in den Angriffsschlägen und zahlreiche Blocks am Netz. "Nur in Stresssituationen wirkt sie manchmal noch nicht hundertprozentig sicher in ihren Aktionen."

Ludwigs Freund mit nur leiser Kritik

Imornefe Bowes, Chef-Bundestrainer Frauen und Ludwigs Lebenspartner, hatte ebenfalls wenig zu kritisieren: "Im ersten Satz, als sie eine 12:6-Führung verspielt haben, fehlte mir die Klarheit und Konsequenz, der zweite Durchgang war schon wesentlich besser."

London-Olympiasieger Julius Brink sieht bei Ludwig/Kozuch das Potenzial für neue Erfolge. Da entwickle sich "ein Team, das irgendwann in der Lage sein wird, um die Medaillen mitzuspielen. Die Frage ist nur: Wann?", sagte Brink, der 2012 an der Seite von Jonas Reckermann Olympia-Gold gewonnen hatte: "Die Entwicklung der beiden ist positiv." Die Heim-WM werde das Duo eher "pushen, als dass es sie unter Druck setzt."

Medientermine auf ein Minimum reduziert

Die Abstimmung zwischen Ludwig/Kozuch verbessert sich nach bisher fünf gemeinsamen Turnieren stetig, doch verglichen mit dem blinden Verständnis zwischen Ludwig und Walkenhorst gibt es natürlich noch Luft nach oben. Zudem hat Jung-Mama Ludwig noch nicht wieder ihr altes Fitness-Level zurück, dementsprechend straff war zuletzt das Vorbereitungsprogramm der beiden – Sponsoren- und Medientermine wurden auf ein Minimum reduziert.

Unumstrittener Publikumsmagnet, natürlich erst Recht in Hamburg: HSV-Spielerin Laura Ludwig.
Unumstrittener Publikumsmagnet, natürlich erst Recht in Hamburg: HSV-Spielerin Laura Ludwig. © Witters

In den vergangenen drei Tagen zog sich das Team ins Uhlenhorster Fitness-Center Aspria zurück, um sich abseits des Trubels intensiv und ohne Störungen auf den ersten gemeinsamen Karrierehöhepunkt vorzubereiten. Die Planungen des Jahres waren ganz auf dieses Highlight vor der eigenen Haustür ausgerichtet. "Der Knoten sitzt total locker, ist aber noch nicht geplatzt", sagte Ludwig zuletzt. Vielleicht passiert das aber in den nächsten Tagen.

WM in Hamburg als Knackpunkt vor Tokio

Für die Wahl-Hamburgerin und Kozuch geht es wie für die meisten Beachvolleyball-Frauen der Gastgeber bei der WM um mehrere Dinge: Nach dem Wechselkarussell zum Jahresbeginn wollen und müssen alle schnell Fortschritte nachweisen und zugleich gute Ergebnisse abliefern. Denn längst ist der Kampf um die begehrten Olympia-Plätze für 2020 in vollem Gang – und einen Bonus gibt es auch für Sand-Königin Ludwig nicht.

Beachvolleyball-WM ist Hamburgs teuerste Sportveranstaltung

Die WM ein Jahr vor Tokio ist bereits ein Knackpunkt, auch wenn die Qualifikation bis wenige Wochen vor dem Olympia-Start läuft. Denn das Resultat von Hamburg geht mit einer höheren Punktzahl als ein normales Welttour-Turnier in die erforderlichen zwölf Ergebnisse ein, mit denen sich die Teams einen von 15 Startplätzen über die Weltrangliste sichern können. Zudem bringt ein gutes WM-Abschneiden deutliche Pluspunkte im nationalen Wettbewerb um maximal je zwei Tokio-Tickets für Frauen und Männer.

Trainer Wagner: Nicht alle mit Ruhm bekleckert

"Die Konkurrenz ist natürlich brutal", betonte Jürgen Wagner, der Trainer von Ludwig/Kozuch. "Es ist ein Spagat. Wir müssen einzelne Elemente entwickeln, um die Qualität hinzubekommen, uns damit qualifizieren zu können", ergänzte der Erfolgscoach zum Neuaufbau nach dem verletzungsbedingten Rücktritt der langjährigen Ludwig-Partnerin Kira Walkenhorst. Um das Duo in Rio de Janeiro 2016 zum Olympiasieg zu führen, hatte Wagner dreieinhalb Jahre Zeit. Vor Tokio sind es für Ludwig/Kozuch nur noch 13 Monate.

Das Rothenbaum-Stadion wurde für die WM teuer hergerichtet.
Das Rothenbaum-Stadion wurde für die WM teuer hergerichtet. © Witters

Während bei den Männern die Aufsteiger Julius Thole und Clemens Wickler, die am Sonntag gegen ein unbekanntes Außenseiterteam aus Ruanda in die WM starten, seit Monaten näher an die Weltspitze heranrücken, blieb bei den Damen dieser Effekt aus. "Die deutschen Teams haben sich alle nicht mit Ruhm bekleckert", hat Wagner (63) erkannt. Die fehlende Zeit für Verfeinerungen sei das größte Problem.

Weltmeister-Duo nicht automatisch bei Olympia

Karla Borger (30) und Julia Sude (31), ein weiteres der neu zusammengestellten Nationalteams, wollen die WM-Aufgabe dennoch genauso angehen "wie jedes andere Turnier", sagte Blockspezialistin Sude: "Wir müssen in dem Konkurrenzkampf unsere Leistung abrufen, was im Moment sehr gut funktioniert." Im aktuellen Olympia-Ranking ist das Schwaben-Duo am besten von allen deutschen Damen-Duos platziert.

"Die Chancen sind weiterhin offen, bisher hat sich kein Team so richtig abgesetzt", bemerkte dagegen Kontrahentin Chantal Laboureur, die mit ihrer neuen Partnerin Sandra Ittlinger zum WM-Auftakt gegen die Außenseiterinnen Patricia Pena und Michelle Amarilla aus Paraguay deutlich mit 2:0 (21:15, 21:10) gewann.

Ein besonderes Olympia-Bonbon hält die WM noch bereit. Die Sieger bei Damen und Herren haben schon einen Tokio-Startplatz sicher. Allerdings geht der an den jeweiligen Nationalverband, nicht direkt an das Team, erinnerte Borger: "So ist es lange nicht gesagt, dass man als Weltmeister auch zu Olympia fährt."