Hamburg. Der 18 Jahre alte Yerrick Schriever gilt im Hamburger Judo-Team als eine der größten Nachwuchshoffnungen.

Es gibt sie, diese großen Geschichten, die ganz klein anfangen. Kuddewörde ist eine kleine Gemeinde im Kreis Herzogtum Lauenburg. Jungs, die dort aufwachsen, wollen am liebsten Fußball spielen. Das wollte Yerrick Schriever auch, doch weil seine Eltern keine Lust hatten, ihren Ältesten Wochenende für Wochenende auf den Fußballplatz zu begleiten, entschied man sich nach der Lektüre eines Zeitungsartikels, den Jungen bei der Judoabteilung des TSV Lütjensee anzumelden.

„Ich mochte schon immer gern kämpfen, das liegt mir irgendwie. Aber ich wollte einen Sport machen, bei dem es respektvoll und fair zugeht, und so kamen wir auf Judo“, erklärt Yerrick Schriever, der zwölf Jahre nach der Entscheidung im Landesleistungszentrum an der Wandsbeker Allee sitzt und sich nun der Frage ausgesetzt sieht, ob es seinen Eltern denn mehr Spaß mache, ihn am Wochenende in stickige Sporthallen zu begleiten. Ja, sagt er, es bliebe ihnen kaum etwas anderes übrig, zumal sich auch seine 15 Jahre alten Zwillingsbrüder Lasse und Pit dem japanischen Kampfsport verschrieben haben, dessen Name sich als „der sanfte Weg“ übersetzen lässt. „Meine Eltern versuchen, so oft wie möglich dabei zu sein“, sagt er.

Tekic setzt auf Hamburger Talente

Lohnen tut sich das Zuschauen allemal, schließlich steht der 18-Jährige seit dieser Saison im Bundesligakader des Hamburger Judo-Teams (HJT). Cheftrainer Slavko Tekic hatte seine Auswahl, die zuletzt dreimal in Serie deutscher Mannschaftsmeister geworden war, nach einem Umbruch im Winter neu aufbauen müssen. Dabei setzt der Serbe verstärkt auf Hamburger Talente, von denen Yerrick Schriever das jüngste im Aufgebot ist. „Yerrick war schon als Jugendlicher immer bei unseren Kämpfen, er hat beim Auf- und Abbau geholfen und davon geträumt, irgendwann selbst kämpfen zu können. Er hat sehr hart dafür gearbeitet und sich diese Chance absolut verdient“, sagt der 48-Jährige.

Yerrick Schriever, der in der Klasse bis 66 Kilogramm auf die Matte geht, kann die Blumen nur an den Coach zurückgeben, bei dem er seit seinem Wechsel zum TH Eilbeck vor drei Jahren regelmäßig trainiert. „Slavko ist die wichtigste Bezugsperson für mich. Ich sehe ihn jeden Tag vier bis fünf Stunden und habe von ihm wahnsinnig viel gelernt“, sagt der Eliteschüler des Sports, der am Alten Teichweg in diesem Sommer sein Abitur macht. Seine sportliche Reifeprüfung hat er am 6. April hinter sich gebracht. Beim 8:6-Sieg im Heimkampf gegen JC Bottrop gelang ihm nach zwei Niederlagen an vorangegangenen Kampftagen sein erster Sieg. „Das war der Moment, in dem ich mich in der Bundesliga angekommen fühlte“, sagt er.

Wechsel an den Olympiastützpunkt München

An diesem Sonnabend (17 Uhr, Sporthalle Wandsbek) möchte Yerrick Schriever beim Heimduell mit dem TSV Hertha Walheim erneut zum Teamerfolg beitragen. Ein Sieg ließe die Hamburger am Gegner auf Rang zwei der Bundesliga-Nordgruppe vorbeiziehen. Die Teilnahme an der Final-Four-Endrunde ist das erklärte Saisonziel, sein persönliches Fortkommen bemisst der Youngster allerdings in anderen Maßstäben. „Ich will bei jeder Möglichkeit, die ich bekomme, alles zeigen, was ich kann“, sagt er.

Im Herbst wechselt Yerrick Schriever der besseren Trainingsmöglichkeiten wegen an den Olympiastützpunkt München, in der Liga will er aber weiter für das HJT kämpfen. Der Wechsel nach Bayern, wo er Wirtschaftsinformatik zu studieren gedenkt, soll ihm helfen, den großen Traum von einer Olympiateilnahme realistischer werden zu lassen. Schließlich soll aus einer Geschichte, die sehr klein angefangen hat, irgendwann etwas ganz Großes werden.