Dortmund. Bei seinem DFB-Debüt gegen England wurde Leipzigs Stürmer ausgepfiffen. Überhaupt war es ein gebrauchter Abend für den Shootingstar.

Timo Werner hat ein Problem. Manche Leute bekommen bei seinem Namen Anwandlungen. Entweder, sie verübeln ihm noch die ein oder andere Flugeinlage aus der jüngeren Vergangenheit, die man mit einigem Wohlwollen in die Gattung der andymölleresken Schutzschwalbe aufnehmen könnte. Oder sie denken bei ihm sofort an die Comic-Figur des Rockers „Werner“. Das muss kesseln. Werner beinhart.

Nun hat es sich am Mittwochabend für den 21-Jährigen leider so zugetragen, dass „Werner beinhart“ zum ersten Mal wirklich passte. Denn ein Abend, der für Timo Werner eigentlich ein unvergesslicher hätte werden sollen, endete mit einem zugemachten Muskel im Oberschenkel und wohl auch mit einer gekränkten Seele etwas weiter oberhalb. Bei der „Poldi“-Party gegen England in Dortmund (1:0), bei der sich Lukas Podolski aus der deutschen Nationalelf verabschiedete, gab Werner sein Debüt für das DFB-Team.

Einzelkritik: Werner gibt glanzloses Debüt

Aber während der Scheidende in der zugigen Interview-Zone der BVB-Arena um kurz nach 0 Uhr von Kameras umzingelt wurde, humpelte Werner im Hintergrund in einen schwarzen Mini-Van und verschwand in die Nacht. „Es sieht nicht so positiv aus“, sagte Bundestrainer Joachim Löw und ahnte schon, was sich bestätigten sollte: Werner reiste am Donnerstag mit einem Muskelfaserriss ab und verpasst die WM-Qualifikationspartie gegen Aserbaidschan am Sonntag (18 Uhr/RTL).

Die Bilder zum Podolski-Abschied:

Podolski verabschiedet sich bei Deutschland gegen England

Podolski konnte sein Traumtor gegen England selber kaum fassen
Podolski konnte sein Traumtor gegen England selber kaum fassen © WITTERS | TimGroothuis
Leroy Sané herzigt den Torschützen, der sich von den Fans feiern lässt
Leroy Sané herzigt den Torschützen, der sich von den Fans feiern lässt © REUTERS | Wolfgang Rattay
Podolskis letzte Sekunde im DFB-Dress: Die Auswechslung für Rudy
Podolskis letzte Sekunde im DFB-Dress: Die Auswechslung für Rudy © imago/Thomas Frey
Löw und Podolski wussten sich all die Jahre beim DFB zu schätzen
Löw und Podolski wussten sich all die Jahre beim DFB zu schätzen © imago/Jan Huebner
Zum Abschied gab es eine innige Umarmung vom Bundestrainer
Zum Abschied gab es eine innige Umarmung vom Bundestrainer © REUTERS | Wolfgang Rattay
DFB-Präsident Reinhard Grindel verabschiedet Podolski: „Er war auch neben dem Platz weltmeisterlich“
DFB-Präsident Reinhard Grindel verabschiedet Podolski: „Er war auch neben dem Platz weltmeisterlich“ © Bongarts/Getty Images | Lars Baron
In seiner Abschiedsrede bedankte sich der Angreifer vor allem bei den Fans
In seiner Abschiedsrede bedankte sich der Angreifer vor allem bei den Fans © imago/Thomas Frey
Bei den Fans war Podolski immer beliebt
Bei den Fans war Podolski immer beliebt © imago/Schüler
Lukas Podolski bedankte sich für „13 geile Jahre mit dem Adler auf der Brust“
Lukas Podolski bedankte sich für „13 geile Jahre mit dem Adler auf der Brust“ © dpa | Ina Fassbender
Erfüllt Podolski ihren Wunsch?
Erfüllt Podolski ihren Wunsch? © imago/Matthias Koch
Die Fans auf der Dortmunder Südtribüne würdigten Podolski mit einer Narrenkappe
Die Fans auf der Dortmunder Südtribüne würdigten Podolski mit einer Narrenkappe © Bongarts/Getty Images | Christof Koepsel
Fans verabschieden sich mit einem Plakat von Podolski
Fans verabschieden sich mit einem Plakat von Podolski © imago/Matthias Koch
Podolski arbeite gleich zu Beginn an seinem Abschiedstor
Podolski arbeite gleich zu Beginn an seinem Abschiedstor © REUTERS | Carl Recine
Ihr Liebling nimmt Abschied: Fans halten ein Schild mit der Aufschrift „Tschö Poldi“
Ihr Liebling nimmt Abschied: Fans halten ein Schild mit der Aufschrift „Tschö Poldi“ © dpa | Ina Fassbender
Auch in seinem 130. Länderspiel, in dem er die DFB-Elf erstmals als Kapitän anführte, erhielt Podolski Anweisungen von Bundestrainer Joachim Löw
Auch in seinem 130. Länderspiel, in dem er die DFB-Elf erstmals als Kapitän anführte, erhielt Podolski Anweisungen von Bundestrainer Joachim Löw © imago/Jan Huebner | imago sportfotodienst
Nicht nur für Podolski, auch für so manchen Fan war es ein besonderes Spiel
Nicht nur für Podolski, auch für so manchen Fan war es ein besonderes Spiel © dpa | Ina Fassbender
Timo Werner debütierte für Deutschland gegen England
Timo Werner debütierte für Deutschland gegen England © WITTERS | TayDucLam
Leroy Sané befindet sich zurzeit in bestechender Form. Gegen die Three Lions blieb er aber blass
Leroy Sané befindet sich zurzeit in bestechender Form. Gegen die Three Lions blieb er aber blass © imago/DeFodi
Julian Weigl zog die Fäden im zentralen Mittelfeld
Julian Weigl zog die Fäden im zentralen Mittelfeld © imago/BPI
Marc-André ter Stegen machte eine starke Partie
Marc-André ter Stegen machte eine starke Partie © Bongarts/Getty Images | Alex Grimm
Nach diesem Einsatz gegen Jamie Vardy hatte ter Stegen aber Glück, keine Elfmeter gegen sich gepfiffen zu bekommen
Nach diesem Einsatz gegen Jamie Vardy hatte ter Stegen aber Glück, keine Elfmeter gegen sich gepfiffen zu bekommen © imago/BPI
Toni Kroos gab erneut die Passmaschine im Mittelfeld
Toni Kroos gab erneut die Passmaschine im Mittelfeld © REUTERS | Carl Recine
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Löw hat eine Vorliebe für VfB-Spieler

Unter Löw ist Werner der 87. Neuling. Der allererste war 2006 ein gewisser Manuel Friedrich, der dann später in Dortmund seinen letzte Stopp in der Bundesliga einlegte. Aber es ist trotz des misslungenen Starts davon auszugehen, dass man Werner in Zukunft öfter im DFB-Trikot sehen wird als Friedrich damals (neun Länderspiel). Löw attestiert ihm das „Potenzial zur Weltklasse“ und glaubt, „wenn er so weiter macht, hat er eine gute Karriere vor sich.“

Der 57-Jährige, der nachweislich eine Vorliebe für Spieler hat, die wie er selbst eine VfB-Stuttgart-Vergangenheit besitzen, beobachtete Werner schon länger. Der Schwabe, im vergangenen Sommer vom VfB zu RB Leipzig gewechselt, sei enorm schnell, torgefährlich und habe, was seiner Nationalelf manchmal fehlt: „Er geht in die Tiefe“, sagte Löw. Und er trifft von dort auch. Bereits 14 Saisontore für RB. Kein deutscher Angreifer hat mehr.

Hummels stärkt Werner den Rücken

Gegen England gelang Werner weder Tiefe noch Tor, auch weil sich das Spiel gezielt an ihm vorbei und in Richtung Podolski schlängelte. „Tschö Poldi“ bedeutete nämlich auch, gibt Podolski die Kirsche, wenn möglich, wie viele Spieler nachher bestätigten. Unangenehmer dürfte für Werner aber die Erfahrung gewesen sein, dass sein „Willkommen Timo“ weniger herzlich ausfiel. Bei der Bekanntmachung der Mannschaftsaufstellung gab es Pfiffe, als Werner an der Reihe war. Bei seiner Auswechslung in der 77. Minute sogar noch lautere.

„Ich weiß nicht, ob jetzt der perfekte Zeitpunkt ist, aber ich muss damit umgehen, egal, was passiert“, hatte Werner vor seinem Debüt gesagt. In Dortmund waren die Anfeindungen gegen seinen Club zuletzt eskaliert. Zudem hat Werner seit seiner Schwalbe beim 2:1-Sieg der Sachsen gegen Schalke am 12. Spieltag auch keinen allzu prächtigen Leumund in der Region. Es kommen ja nicht nur Dortmunder zu so einem Länderspiel.

Ein wenig Nestwärme gewährte ihm dafür Mats Hummels. Der Verteidiger lobte Werner als einen „ganz bescheidenen Jungen, der immer Gas gibt.“ Er glaubt: „Wir werden noch viel Freude an ihm haben, denn er ist ein richtig guter Stürmer.“ Davon ist wohl auszugehen – und auch davon, dass noch so einige „Werner beinhart“-Witze warten.