Werner debütiert und verletzt sich. Müller scherzt über Drehbuch bei Podolski-Abschied. Deutschland knackt Uralt-Rekord.

Dortmund. Ein Traum zum letzten Spiel: Lukas Podolski verabschiedete sich in seinem 130. Länderspiel für die deutsche Nationalmannschaft mit einem brillanten Treffer zum 1:0-Sieg in der Testpartie gegen England (69.). Der 31-Jährige jagte den Ball unhaltbar für Torhüter Joe Hart aus der zweiten Reihe mit einem satten Linksschuss in den rechten Winkel. Beim Jubeln hielt sich Podolski die Hände vors Gesicht, grinste und konnte es selber kaum fassen. Einen schöneren Abschied vom DFB hätte er sich wohl nicht erträumen können. Auch Bundestrainer Joachim Löw lachte an der Seitenlinie vor Freude nach dem Traumtor. Die Fans feierten ihren Liebling mit "Lukas Podolski"-Rufen.

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Als Podolski in der 84. Minute, genau um 22.32 Uhr, dann von Löw vom Feld geholt wurde, erhob sich das Stadion. So mancher Fan hatte Tränen in den Augen. "Poldi" holte sich eine herzliche Umarmung von Löw ab – und trat ab. Löw hatte den Klassiker gegen England zuvor komplett der Podolski-Würdigung untergeordnet. Er hatte ihn auf seiner Lieblingsposition als Teil eines Zwei-Mann-Sturms und sogar mit der Kapitänsbinde auflaufen lassen. Eine besondere Geste der Wertschätzung nach 13 gemeinsamen Jahren beim DFB.

„Rein das Ding und ab nach Hause.“ So einfach sei der Fußball für ihn, hat Podolski einmal gesagt. Und ein letztes Mal fügte sich das geliebte Spiel am Mittwochabend seiner Weisung und gehorchte ihm. "Mir persönlich wäre das Drehbuch zu kitschig. Das glaubt einem ja keiner", scherzte Thomas Müller über Podolskis vergoldeten Abschied. "Das war ein typischer 'Poldi'. Besondere Spieler verdienen einen besonderen Abschied", meinte Löw. "Das war wie im Film", sagte der Matchwinner. Angesprochen auf die Frage, wie viele Tore des Monats er bereits erzielt hätte, scherzte Podolski: "Das wird wohl mein zwölftes."

Die besten Sprüche von Podolski

Nach seinem 1. Tor für Köln

"Der Sieg hat gefehlt, nä. Man will ja auch gewinnen, nä. Scheiße so, nä."

Über Stern TV, in der Jürgen Klinsmann ein Interview gegeben hatte – Inhalt der Sendung war auch ein Bericht über eine Giraffe

"Schöne Sendung. Mit der Giraffe und so."

Über seine Aufgabe

"Rein das Ding und ab nach Hause!"

"80 Prozent von euch und ich auch kraulen sich auch mal an den Eiern."

Podolski entlastet Löw, der bei der EM 2016 in pikanter Situation gefilmt worden war

Über das verlorene WM-Halbfinale gegen Italien 2006

"So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere."

Über die Frisur von Schweinsteiger

"Hat 15 Minuten gedauert. Sieht man ja auch."

Zu Journalisten

"Ich gebe euch kurze Antworten, dann müsst ihr nicht so viel schreiben."

Über die Geburt seines Sohnes Louis

"Nabelschnur durchgeschnitten, Fotos gemacht, Familie angerufen, geheult."

"Das Gute an England ist: Wir haben viele englische Wochen."

Über die Station FC Arsenal

Über seinen Rücktritt

"Alles hat seine Zeit – und meine Zeit beim DFB ist vorbei."

Die letzten Worte in Podolskis Rücktrittsankündigung

"Macht's gut! Es war mir eine Ehre! Eure Nummer 10."

1/11

"Podolski auch außerhalb des Platzes weltmeisterlich"

Schon beim Einlauf beider Mannschaften würdigte die Dortmunder Südtribüne den in Köln aufgewachsenen Podolski mit einer Narrenkappe, die im Zentrum der Fan-Choreografie über einem "Poldi"-Schriftzug zu sehen war. Der Karnevalist des deutschen Fußballs dankt ab.

"Wir verabschieden heute einen Spieler, der nicht nur auf dem Platz Weltmeister geworden ist, sondern sich auch neben dem Platz weltmeisterlich verhalten hat", sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel, nachdem auf einer Leinwand die schönsten Szenen aus 13 Länderspiel-Jahren Podolskis liefen. Grindel hob vor allem Podolskis großes Herz, sein Engagement für soziale Projekte und seine Art, Mitspieler bei Rückschlägen wieder aufzubauen hervor. "Er war einer der besten Linksfüßler, die je das DFB-Trikot getragen haben. Tschüs, Poldi!"

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Die Zuschauer reagierten mit Applaus und " Lu-Lu-Lu-Lukas-Podolksi"-Rufen, ehe der Protagonist das Mikrofon überreicht bekam. "Ich würde am liebsten jedem die Hand geben und danke sagen für 13 geile Jahre mit dem Adler auf der Brust. Ihr Fans habt daran einen großen Anteil – danke dafür." Der Weltmeister schloss seine kurze Ansprache mit den Worten: „Danke Dortmund, danke Köln und danke Deutschland!“ Bis dahin hatte Podolski seine Emotionen im Griff, beim Abspielen der deutschen Nationalhymne hatte er dann aber doch feuchte Augen.

Ter Stegen hat Glück bei elfmeterwürdiger Szene

Fußball gespielt wurde dann auch noch, wenn auch nicht besonders gut von der deutschen Elf. Die englischen Spieler zeigten sich nämlich nicht gewillt, den Podolski-Festspielen als Statisten beizuwohnen, ebenso wenig wie die 3000 mitgereisten Fans aus Britannien, die unermüdlich sangen. Der Liverpooler Adam Lallana traf einmal den Pfosten (31.). Dann parierte der für Manuel Neuer im Tor eingesprungenen Marc-André ter Stegen gegen den völlig frei stehenden Bamidele Alli (41.).

Einzelkritik: Werner gibt glanzloses Debüt

Ter Stegen hatte zuvor Glück, dass eine knifflige Szene, bei der er Jamie Vardy im Strafraum zu Fall brachte, nicht zum Elfmeter führte (6.). England war besser. Aber dann kam Podolski und war zum letzten Mal noch einmal „Prinz Peng“, wie ihn der Boulevard einmal getauft hatte. Ballannahme, Kopf kurz hoch, linke Klebe: drin. Ab nach Hause.

Werner debütiert für Deutschland

Einer geht, einer kommt. Während Podolskis Länderspielkarriere an diesem Tag ausklang, startete die von Timo Werner. „Wenn er so weitermacht, glaube ich, dass er eine große Karriere in der Auswahl vor sich hat“, sagte Löw über den Debütanten. Werner habe das „Potenzial zur Weltklasse“. Der Leipziger, gesegnet mit einer fast podolskiesken Direktheit zum Tor, ist nun der 87. Neuling unter Löw.

Timo Werner debütierte für Deutschland gegen England
Timo Werner debütierte für Deutschland gegen England © WITTERS | TayDucLam

Nur der Ort war dafür war unglücklich gewählt: Das Dortmunder Publikum pfiff, als Werners Name aufgerufen wurde. Auch seine Auswechslung wurde vereinzelt von Pfiffen begleitet. Dass der Stürmer für RB Leipzig, dem von BVB-Fans als "Brauseclub" verachteten Aufsteiger, aktiv ist, konnten einige Zuschauer nicht von dem Länderspiel trennen. Die peinliche Schwalbe in der Bundesliga-Hinrunde gegen Schalke wirkte ebenfalls nach. Werners zweites Länderspiel muss vorerst auf sich warten. Der Angreifer sagte wegen muskulärer Probleme das WM-Qualifikationsspiel am Sonntag (18 Uhr/RTL) in Aserbaidschan ab.

Die Nationalspieler mit den meisten Länderspielen

1. Lothar Matthäus

150 

2. Miroslav Klose

137 

3. Lukas Podolski

130 

4. Bastian Schweinsteiger

121 

5. Philipp Lahm

113 

6. Jürgen Klinsmann

108 

7. Jürgen Kohler

105 

7. Hans-Jürgen Dörner

105 * 

7. Joachim Streich

105 * 

10. Per Mertesacker

104 

1/10

Der Ex-Dortmunder Mats Hummels, der normalerweise im Bayern-Dress von den BVB-Fans bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen wird, konnte hingegen auf den Rückhalt der Zuschauer zählen. Werner blieb dann auch blass wie das gesamte deutsche Spiel an diesem Abend. Aber es wurde auch in den Schatten gestellt vom Abschied eines besonderen Strahlemanns.

DFB knackt Uralt-Rekord

Zur Krönung hat die DFB-Elf auch noch einen 51 Jahre alten Rekord gebrochen. In der 47. Minute schaffte es Deutschland, 605 Minuten ohne Gegentor zu überstehen. Den letzten Gegentreffer kassierte der Weltmeister im verlorenen EM-Halbfinale beim 0:2 gegen Frankreich im vergangenen Sommer.

Die Statistik

Deutschland: ter Stegen/FC Barcelona (24 Jahre/9 Länderspiele) - Kimmich/Bayern München (22/12), Rüdiger/AS Rom (24/12), Hummels/Bayern München (28/56), Hector/1. FC Köln (26/26) - Brandt/Bayer Leverkusen (20/5) ab 59. Schürrle/Borussia Dortmund (26/56), Weigl/Borussia Dortmund (21/5) ab 66. Can/FC Liverpool (23/8), Kroos/Real Madrid (27/75), Sané/Manchester City (21/5) - Podolski/Galatasaray Istanbul (31/130) ab 84. Rudy/1899 Hoffenheim (27/13), Werner/RB Leipzig (21/1) ab 77. Müller/Bayern München (27/84). – Trainer: Löw

England: Hart/FC Turin (29 Jahre/69 Länderspiele) - Keane/FC Burnley (24/1), Smalling/Manchester United (27/30), Cahill/FC Chelsea (31/52) - Walker/Tottenham Hotspur (26/24), Dier/Tottenham Hotspur (23/16) - Livermore/West Bromwich Albion (27/2) ab 83. Ward-Prowse/FC Southampton (22/1), Bertrand/FC Southampton (27/11) ab 83. Shaw/Manchester United (21/7), Lallana/FC Liverpool (28/30) ab 65. Redmond/FC Southampton (23/1) - Alli/Tottenham Hotspur (20/16) ab 71. Lingard/Manchester United (24/4), Vardy/Leicester City (30/15) ab 70. Rashford/Manchester United (19/7). – Trainer: Southgate

Schiedsrichter: Damir Skomina (Slowenien)

Tor: 1:0 Podolski (69.)

Zuschauer: 60.109