Gangneung/Südkorea. “Ich bin stolz, wieder eine WM-Medaille gewonnen zu haben“, so Pechstein. Im Ziel schickte sie eine Botschaft an ihre Kritiker.

Claudia Pechstein war gerade mit einem Sensationslauf zu WM-Silber gerast, da schenkte Deutschlands Rekordolympionikin den Anwesenden noch eine Kostprobe ihrer Fähigkeiten auf dem Eis: Im Stile einer Eiskunstläuferin hob sie das rechte Bein nach hinten und glitt auf nur einer Kufe lächelnd über die künftige Olympia-Bahn von Gangneung – die Freude über den Erfolg im wichtigsten Rennen des vorolympischen Winters und die 30. Medaille bei einer Einzelstrecken-WM war unübersehbar.

"Es ist für mich wie Gold. Einfach ein Traum!", sagte Pechstein dem niederländischen TV-Sender NOS nach ihrem zweiten Platz über 5000 Meter: "Ich bin stolz, wieder eine WM-Medaille gewonnen zu haben. Es war für mich ein fantastisches Rennen – so wie ich es mir vorgestellt habe."

Medaille kurz vor Pechsteins 45. Geburtstag

Elf Tage vor ihrem 45. Geburtstag musste sich Pechstein am Sonnabend in 6:53,93 Minuten nur Olympiasiegerin und Titelverteidigerin Martina Sablikova (Tschechien/6:52,38) geschlagen geben, die ihren neunten WM-Titel nacheinander über diese Distanz gewann. Bronze ging an Ivanie Blondin (Kanada/6:57,14). Bente Kraus (Berlin) belegte als zweite deutsche Starterin in Südkorea in persönlicher Bestzeit von 7:00,62 Minuten den achten Rang.

Pechstein verdiente sich ihre Jubiläumsmedaille bei den seit 1996 ausgetragenen Titelkämpfen mit einem äußerst guten und vor allem konstanten Lauf. Mit nur einer Ausnahme brachte sie stets 32er-Rundenzeiten auf das schnelle Eis, auf dem in einem Jahr bei den Winterspielen von Pyeongchang olympische Medaillengewinner ermittelt werden. Auf der Schlussrunde gelang Pechstein sogar die beste Zeit aller Starterinnen (32,2 Sekunden).

Eindeutige Botschaft an ihre Kritiker

Im Ziel war ihr die Bronzemedaille bereits sicher, doch statt zu jubeln, hielt sie sich zunächst mahnend den rechten Zeigefinger vor den Mund und schickte eine eindeutige Botschaft an ihre Kritiker. "Das war für alle, die mir das nicht gönnen. Einfach mal die Klappe halten", erklärte Pechstein die Aktion später bei NOS. Kurz nach der Zieldurchfahrt löste sich bei Pechstein aber die Anspannung. Sie riss beide Arme in die Höhe, an der Bande verneigte sich ihr Lebensgefährte Matthias Große, der sie während des Rennens lautstark angefeuert hatte. Auf der Ehrenrunde hielt sie zudem eine Deutschland-Fahne hoch.

Pechstein nutzte bei ihrer 17. WM-Teilnahme zugleich ihre größte Medaillenchance. Die Berlinerin hatte am Donnerstag eigens auf einen Start über 3000 Meter verzichtet, um sich gezielt auf den "langen Kanten" vorzubereiten. "Es war die richtige Entscheidung die 3000 Meter auszulassen. Ich bin keine 3000-Meter-Spezialistin mehr", sagte Pechstein, die offenbar schmerzfrei lief.

"Ich danke den Ärzten und Physiotherapeuten"

Beim Weltcup in Berlin Ende Januar hatte sie über muskuläre Probleme im linken Oberschenkel geklagt, nach ärztlicher Untersuchung aber kein Startverbot für die WM erhalten. "Ich muss mich bei den Ärzten und den Physiotherapeuten bedanken", sagte sie.

Am Freitag war Pechstein an der Seite von Gabriele Hirschbichler und Roxane Dufter (beide Inzell) als Vierte in der Teamverfolgung (3:02,88) noch knapp am Podest vorbeigelaufen.

Pechstein am Sonntag im Massenstart

Zum WM-Abschluss läuft Pechstein am Sonntag mit Außenseiterchancen im Massenstartrennen. Sprinter Nico Ihle (Chemnitz) lief derweil nur knapp an einer weiteren Medaille vorbei. Einen Tag nach seinem zweiten Platz über 500 Meter (34,66 Sekunden) wurde der 31-Jährige über 1000 Meter in 1:08,89 Minuten undankbarer Vierter. Der zweite deutsche Starter Joel Dufter (Inzell/1:09,79) belegte nur den 17. Rang. Gold ging an Kjeld Nuis (1:08,26), der den Niederlanden den sechsten Titel beim Saisonhöhepunkt bescherte.